Präsident der Familienunternehmer sieht keine Kreditklemme

Der Präsident der Familienunternehmer, Patrick Adenauer, hat sich zufrieden über die Selbstverpflichtung der Banken zur Verhinderung einer Kreditklemme geäußert. Das Problem sei erkannt, und es werde gegengesteuert, sagte Adenauer.
Marietta Schwarz: Ein bisschen inflationär wird er wohl benutzt, der Begriff „Gipfel“, und gestern Abend war es wieder so weit: Angela Merkel lud ein zum Konjunkturgipfel, einer großen Krisenrunde im Kanzleramt. Es kamen neben Wirtschafts-, Finanz- und Außenminister die Spitzen von Industrie-, Gewerkschafts- und Bankenverbänden, es ging vor allem darum, Wege auszumachen aus der drohenden Kreditklemme: Den Banken fehlt es an Eigenkapital, und sie fahren die Kreditvergabe an Firmen und Haushalte zurück.

Patrick Adenauer ist Präsident der Familienunternehmer und der ASU, der Arbeitsgemeinschaft Selbstständiger Unternehmer. Er hat gestern Abend an dem Treffen im Kanzleramt teilgenommen und ist uns jetzt telefonisch zugeschaltet. Guten Morgen, Herr Adenauer!

Patrick Adenauer: Guten Morgen, Frau Schwarz.

Schwarz: Herr Adenauer, die Banken haben gestern so eine Art Selbstverpflichtung abgegeben, einen Fonds angekündigt, aber das war es dann auch schon – kein bindendes Ergebnis. Ärgert Sie das?

Adenauer: Nein, ich denke, von einer solchen Runde, die ja zunächst einmal Informationen zwischen den beteiligten Kreisen austauschen soll, konnte man auch nicht davon ausgehen, dass nun da Unterschriften unter Kreditverträge geleistet werden. Aber die Signale waren doch eindeutig.

Schwarz: Es gibt ja auch andere Stimmen, Arbeitgeberpräsident Hundt sagt zum Beispiel, die Situation wird verharmlost, in der wir sind.

Adenauer: Also, es ist so: Auch nach meinen statistischen Erkenntnissen aus dem Bereich der Familienunternehmer gibt es drei Viertel, die mit der Situation ganz ordentlich klarkommen, vielleicht schon betroffen von der Krise, aber die sagen auch, wir kriegen auch unsere Kredite, während ein Viertel eben Schwierigkeiten hat.

Und dieses Viertel hat dann die Schwierigkeiten eben nicht nur ein bisschen, sondern das sind Sektoren wie der Maschinenbau, die Zulieferer und der Schiffsbau, die halt konjunkturell massiv Probleme haben, vielleicht auch strukturelle Probleme. Und da ist es natürlich auch mit den Krediten schwieriger. Insgesamt aber kann man nicht von einer Kreditklemme sprechen.

Schwarz: Nicht oder noch nicht, da teilen sich ja auch die Meinungen. Viele sagen, die Gefahr einer solchen Kreditklemme wächst zumindest – zum Beispiel Banker wie der Commerzbank-Chef Martin Blessing hat das gestern auch in einem Interview gesagt –, sie wächst mit dem Aufschwung, auf den alle so hoffen, und es ist zu befürchten, dass die Banken den Geldhahn noch weiter zudrehen. Was dann?

Adenauer: Also, das war natürlich der Kern nach der Analyse, dass wir momentan keine Klemme haben, ist über die Frage: Was passiert, wenn die Umsätze hochgehen bei den Unternehmen, damit dann der Bedarf nach Krediten, weil die Vorräte aufgebaut werden müssen, die Forderungen, das sogenannte Umlaufvermögen, neue Investitionen getätigt werden müssen?

Für den Fall, der dann möglicherweise droht und Kreditverknappung muss eben vorgesorgt werden, und da haben alle Bankenbereiche doch sehr klar gesagt gestern – es waren ja alle vertreten –, dass sie Kredite zur Verfügung stellen wollen, die Commerzbank hat ja angekündigt, fünf Milliarden mehr, die Sparkassen wollen sich alle zusammentun, einen eigenen Fonds auflegen, der dann zu zusätzlichen Krediten zur Verfügung steht, es soll von der Bundesregierung ein Globalfonds zur Unterstützung des Eigenkapitals der Banken für Mittelstandskredite, ausdrücklich für Mittelstandskredite aufgelegt werden.

Also, in all diese Richtungen gingen die Überlegungen gestern, dass man sagen kann: Das Problem der drohenden Kreditklemme ist erkannt, und da wird gegengehalten.

Schwarz: Sie hören sich jetzt so ein bisschen an wie ein Sprecher der Bundesregierung, also, Sie sind zufrieden mit dem Verlauf des Abends?

Adenauer: Ja, ich sage mal, wir brauchen die Situation ja momentan nicht überdramatisieren. Es ist momentan nicht so, dass wir unversorgt sind, und ich … nach all dem, was ich gestern gehört habe, gibt es hier von allen Seiten Bemühungen, dass genau das nicht passiert, dass wir eben in der Wirtschaft in eine Kreditklemme laufen. Und das nehme ich nun zunächst einmal auch positiv mit.

Schwarz: Die Bundesregierung denkt ja auch über mögliche Staatsgarantien für Kreditrisiken nach. Halten Sie das für sinnvoll?

Adenauer: Grundsätzlich bin ich vorsichtig, der Staat kann ja nicht die Risiken, die normalerweise zu den Banken gehören, komplett übernehmen. Deshalb, sage ich, muss man zunächst mal gucken, dass die Wirtschaft insgesamt das so hinkriegt.

Wenn man nun ganz gezielt sagt, die Kreditversorgung droht, knapp zu werden, dann kann man mit solchen Globalfonds agieren, muss dann sehr genau gucken, wie die Risikoverteilung zwischen Bankensystem und Staat ist – aber das dann wirklich nur für den Fall, dass die Kredite wirklich drohten, knapp zu werden.

Schwarz: Etwas Neues gibt es seit gestern ja schon, es gibt einen sogenannten Kreditmediator, der soll vermitteln zwischen Unternehmen und Banken. Halten Sie das für sinnvoll, finden Sie das gut?

Adenauer: Zunächst mal ist das natürlich ein Zusatz an Bürokratie, da ist man als Unternehmer immer erst mal skeptisch. Es gibt hier aber offensichtlich sehr, sehr gute Erfahrungen in Frankreich, da ist so ein Mediator eingesetzt worden und der Wirtschaftsminister sagte, das hat ein Volumen von zwei Milliarden an Krediten bewegt. Das wäre für den Mittelstand schon gigantisch viel, für die Wirtschaft, also sollte man vielleicht dieses Experiment doch erst mal nutzen.

Schwarz: Herr Adenauer, zum Schluss vielleicht noch mal eine kurze Einschätzung der Lage. Es gibt ja auch viele Stimmen aus der Opposition etwa, die fordern, dass es jetzt endlich an der Zeit ist, dass die Regierung mit eiserner Hand Regulierungsmaßnahmen in Kraft setzt und sich auch gleichzeitig so schnell wie möglich aus dem Geschäft mit Bürgschaften zurückzieht. Genügt das, was gestern Abend sozusagen angesagt worden ist, oder muss da nicht endlich mal mehr passieren?

Adenauer: Die Konjunktur ist auf dem Weg der Besserung, aber die Lage ist volatil. Das haben alle Sachverständigen – der Bundesbankpräsident, der Herr Weise von der Arbeitsagentur, und, und, und –, alle bestätigt, also insofern ist die Frage der sogenannten Exit-Strategie jetzt noch zu früh.

Man muss den Zeitpunkt aber sehr genau finden, und auch der Finanzminister hat klar gemacht, dass er das sehr genau beobachtet um zu schauen, wann man da raus geht. Wichtig ist, dass die Bankenregulierungen, wenn sie denn kommen – sie müssen kommen, das war Einigkeit –, dass sie nicht zu früh kommen, um dass deren Eigenkapital so zu verknappen, dass dann das für Kredite nicht mehr zur Verfügung steht.

Das muss sehr genau getimt werden, und der Bundesbankpräsident geht davon aus, dass der Aufschwung Mitte nächsten Jahres dann stärker trägt, spätestens Ende nächsten Jahres, und dann sollten die verschärften Bankenregulierungen einsetzen – aber wenn dann international, nicht nur in Deutschland, sonst würde es keinen Sinn machen.

Schwarz: Der Enkel von Konrad Adenauer, Patrick Adenauer, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Selbstständiger Unternehmer, über den gestrigen Konjunkturgipfel im Kanzleramt. Dankeschön, Herr Adenauer!

Adenauer: Ja, sehr gerne!