Porsche und Porzellanservice

Von Thomas Thomson Senne |
Der Designpreis der Bundesrepublik Deutschland ist die höchste offizielle deutsche Design-Auszeichnung. Das Neue Museum in Nürnberg präsentiert zurzeit die preisgekrönte Arbeiten des Wettbewerbs. Kategorien für die Bewertung waren innovative Gestaltungsweise, Gebrauchswert, Nachhaltigkeit und intelligente Gesamtkonzeption.
Er sollte der eigentliche Star der Prestigeshow werden, stärker tailliert als bisher, knallrot und mit behutsamen stilistischen Neuerungen am bewährten Design. Doch der neue Porsche 911 Carrera passte mit seinen Abmessungen nicht ins Museum. Stattdessen ist die Luxuskarosse dort nun auf einem Bildschirm zu bewundern, umgeben von anderen Preisträgern in Gold und Silber. Etwa von einer aufblasbaren Goretex-Thermojacke in figurbetontem Schnitt: Wärmeisolierung mit Hilfe von leichtem, atmungsaktivem Material und - der Luft. Zwei von insgesamt 25 prämierten Produkten, die jetzt auf einem gekanteten, schwarzen Metallplattensystem in Nürnberg vorgestellt werden und die strengen Kriterien der Jury erfüllen. Die Kuratorin der Ausstellung, Corinna Rösner, sagt:

Rösner: ""Das oberste Kriterium ist die herausragende Gestaltungsqualität. Das steht absolut im Vordergrund. Aber was heißt das? 'Herausragende Gestaltungsqualität'? Da kommen natürlich so Aspekte rein wie Ergonomie, Umweltgerechtigkeit, gute Handhabbarkeit. Wie sind die Oberflächen? Wie geht die Form mit der Funktion zusammen? Das sind sozusagen gar keine neuen Kriterien. Die müssen aber natürlich immer wieder neu mit Inhalt erfüllt und diskutiert werden."

Schon allein eine Beteiligung an diesem Designpreis gilt als Auszeichnung. Und so konnten die rund 900 zum Wettbewerb geladenen Teilnehmer über ihre Nominierung durchaus stolz sein.

Rösner: "Das ist zwar ein deutscher Designpreis, aber es sind auch Produkte aus dem Ausland zugelassen, sofern sie in Deutschland erhältlich sind. Aber: Die Firmen, die Unternehmen, die Designer dürfen sich nicht selber bewerben. Das heißt: Es gibt gar keine Möglichkeit, sich in den Preis sozusagen einzukaufen. Um nominiert zu werden, muss man von einem unabhängigen Gremium vorgeschlagen werden. Das sind Gremien im Auftrag von den Wirtschaftsministerien der Länder zum Beispiel. Das ist das eine und das andere ist, dass man mindestens einen anderen Designpreis national oder international schon bekommen haben muss."

Die in Nürnberg präsentierte Palette reicht vom zusammenklappbaren Rollstuhl über einen innovativen Dekorationsstoff bis zum federleichten Hochleistungsbohrer, von einer Haarkosmetikserie in reduzierter Formensprache bis hin zu einem lasergestützten Behandlungszentrum, das sich trotz technischer Komplexität durch eine klare Gestaltung auszeichnet.

Einen Preis für ihr visuelles Erscheinungsbild erhielt auch die seit 1941 bestehende Schweizer Zeitschrift "du", eines der weltweit ältesten Blätter, die sich monothematisch mit Kulturthemen beschäftigen. Die Juroren lobten dabei das "einfache Gestaltungsprinzip" als gelungenen "Rahmen für starke Inhalte", die auf ein Mindestmaß reduzierte Typographie sowie die "thematische Konzentration und ganzheitliche Aufmachung": Design als Bekenntnis zur Nachhaltigkeit.

Zwei doppelwandige Trinkgläser, die jetzt im Neuen Museum zu sehen sind, eignen sich nicht nur für Heißes und Kaltes, fürs Familienfest wie für den Arbeitsalltag, sondern sind vor allem ein Plädoyer für Schlichtheit. Überhaupt dominieren in Nürnberg die klaren Formen. Das ist nicht nur an einem achtteiligen weißen Porzellanservice von strenger Eleganz ablesbar, bei dem Teller und Gefäße multifunktional verwendbar sind, sondern auch an geometrisch einfach gegliederten Waschbecken oder einer Produktserie des englischen Designers Jasper Morrison, der bei einem Frühstücks-Set mit Kaffeemaschine, Wasserkocher und Toaster weitgehend konsequent auf Farben und grafische Elemente verzichtet. "Less is more" als aktueller Designtrend? Corinna Rösner:

Rösner: "Ich denke, man kann das schon ablesen, mit aller Vorsicht natürlich, weil ja immer eine Bandbreite da ist. Aber was mir aufgefallen ist, ist ein sehr pures Design, sehr reduziert. Sprich: Man hat sehr drauf geachtet, dass diese Sachen nicht einer schnelllebigen Mode folgen, die man nächstes Jahr über hat. Das hat ja auch mit Design zu tun, dass auch eine Nachhaltigkeit für das Stück selber existiert. Und das andere ist eine ganz, ganz große Sorgfalt bei Oberflächen, also eine Haptik, die einem das auch angenehm bedienbar macht"

Und es scheint noch einen Trend im aktuellen Design zu geben: den Hang zu Nostalgie und Retro-Optik. So ist beispielsweise auf einem Nymphenburger Porzellan-Erzeugnis ein mitten in einer Schale planschendes Nilpferd zu sehen. Was als ironischer Rückblick auf frühere Handwerkstraditionen gemeint ist, entpuppt sich jedoch schnell als kitschige Effekthascherei. Wesentlich überzeugender: ein Paar Bambus-Skier von Bogner. Dieses handgefertigte, nostalgisch anmutende Produkt wirkt zunächst wie ein Paar Holzskier aus den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, überzeugt jedoch dann beim näheren Betrachten in Nürnberg als eine exklusive Kombination aus Naturmaterial und hochwertiger Technologie: eine gelungene Mixtur aus alten und modernen Gestaltungselementen. Arbeiten wie diese belegen zu Recht den guten Ruf, den der Designpreis der Bundesrepublik Deutschland als eine der international wichtigsten Auszeichnungen auf diesem Gebiet besitzt, die manche als "nationalen Design-Oscar", ja sogar als "Design-Nobelpreis" bezeichnen.

Rösner: "Ich glaub', da sind die Designer und Unternehmen, die hier beteiligt sind, nicht so gut dran wie die Nobelpreisträger, weil es ein Ehrenpreis ist. Das heißt: Es gibt keine finanzielle Dotierung. Aber dadurch, dass diese Selektion so streng ist, ist allein schon die Nominierung eine Ehre. Und wenn man dann noch den Preis bekommt in Silber oder in Gold dann ist das eben wirklich was ganz Besonderes."


Service:
Die Ausstellung ist vom 16. März bis zum 1. Mai 2006 im Neuen Museum in Nürnberg zu sehen.