Porno goes Pop

Von Lotta Wieden |
Pornografie - dahinter verbargen sich bislang vor allem schmuddelige Pornoshops und eine milliardenschwere Sexindustrie. Doch der einstige Emma-Slogan "PorNo" scheint überholt. Am Wochenende diskutierten "Sex-Experten" auf dem Kongress "Post-Porn-Politics" in der Berliner Volksbühne über eine Verknüpfung von Pornografie, Kunst und Kommerz.
"”Das neue an diesem Kongress ist, dass es diesen Kongress überhaupt gibt. Meines Wissens ist dies die erste Veranstaltung, die Theorie und Praxis in dieser Art vereint, und für mich besonders interessant als Theaterwissenschaftlerin ist, die Verknüpfung aus Performances und Porno-Künstlern, die ihre Arbeit präsentieren, die aus dem Vortrag selbst schon eine Performance machen, eine Live Happening, das das Thema der Pornografie verdeutlicht.""

Post-Porn-Politics hieß das Symposium, das am Wochenende in der Berliner Volksbühne zu Ende ging. Etwa 30 Künstler, Wissenschaftler und Pornoproduzenten waren eingeladen, um öffentlich über die Verknüpfung von Pornografie, Kunst und Kommerz nachzudenken.

Zwei Tage und Nächte lang ging es um theoretische Diskurse, marxistische und feministische Positionen, Selfmade-Pornos im Internet, Voyerismus und Handfestes aus der Praxis: "How to become a Porno-Star?", erläuterte etwa der kanadische Pornoproduzent Todd Verow, in einem splitternackt präsentierten Vortrag.

Am Ende zählte der Veranstalter rund 1500 Teilnehmer, die meisten zwischen 20 und 50 Jahre alt, Männer ebenso zahlreich wie Frauen, viele schwarz und knapp bekleidet, daneben bunt herausgeputzte Drag-Queens und Turnschuhträger in Trainingsjacken. Fast alle, die kamen, waren interessiert an einer kritischen Auseinandersetzung mit den Produkten der milliardenschweren Pornoindustrie, ohne jedoch Pornografie pauschal zu verurteilten:

"Bisher ging die Diskussion vor allem darum, Pornografie Ja oder nein, mittlerweile ist man eher da angekommen, wo man sagt: Ja, aber! Da spielt dann eine wichtige Rolle, ob es lesbische, ob es schwule oder heterosexuelle Pornografie ist, unter welchen Bedingungen sie stattfindet, was die Intension dabei ist, wie es produziert wird..."

"Und worum es geht, ist, (bei der) Kritik, die es um Erniedrigung usw. gibt, nicht zu sagen, es liegt an der Pornografie, sondern es kann pornografische Darstellungen geben, die verbunden sind mit der eigenen Lust, mit der eigenen Art und Weise Sexualität zu machen, darum geht die Auseinandersetzung!"

Pornografie, auch das macht die Berliner Tagung deutlich, hat das Schmuddelimage der 50er Jahre abgestreift und ist im Mainstream angekommen. Vorreiter wie Andy Warhol, Vivian Westwood oder Madonna haben SM-Kostüme und pornografische Posen gesellschaftsfähig gemacht: Kaum ein Bereich der Popkultur, der heute nicht auch pornografische Strömungen kennt. Von einer Enttabuisierung ist man dennoch weit entfernt.