Pornhub-Audioguide "Classic Nudes"

Pornografischer Blick auf Kunst

06:12 Minuten
Besucher stehen vor dem Gemälde "Die Geburt der Venus" in den Uffizien in Florenz.
Der Blick auf Nacktheit: Wer das Gemälde "Die Geburt der Venus" sehen will, muss dafür in die Uffizien nach Florenz. © picture alliance / dpa / Fredrik von Erichsen
Carsten Probst im Gespräch mit Gesa Ufer · 22.07.2021
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Ist das Kunst oder Pornografie? Diese Frage hat sich der Streamingdienst Pornhub zunutze gemacht und einen Audioguide für einige klassische Werke mit nackter Haut veröffentlicht. Einige Museen, in denen die Gemälde hängen, haben Klagen angekündigt.
Die Uffizien in Florenz gehören zu den bekanntesten Kunstmuseen der Welt. Nun liegt die Institution mit einem anderen Global Player über Kreuz: Pornhub, dem erfolgreichsten Streamingdienst für sexuelle Darstellungen aller Art.

Ärger über "Classic Nudes"

Zwischen beiden bahnt sich nun ein Rechtsstreit an, denn Pornhub hat den Audioguide "Classic Nudes" entwickelt, für den es Bilder aus den Uffizien, dem Louvre oder der National Gallery in London verwendet. Diese finden "Classic Nudes" gar nicht lustig, weswegen man in Paris und Florenz darüber nachdenkt, die US-Firma wegen der Verletzung des Urheberrechts zu verklagen.
Den Museen gehe es weniger um Prüderie, vermutet der Kunstkritiker Carsten Probst, sondern darum, dass für die Verwendung der Gemälde keine Lizenzgebühr bezahlt werde. Denn Pornhub benutze die Bilder, wie etwa "Die Geburt der Venus" von Botticelli, ohne Genehmigung. Gleichzeitig schließe der Audioguide an Vermittlungsprogramme von Museen an, die etwa durch neue Formate junge Menschen erreichen wollen.
Allerdings sei "Classic Nudes" von Pornhub eher ein "eingeschränktes Bildungserlebnis", findet Probst. Nacktheit und die Darstellung von Nackten habe in der Perspektive von Pornhub lediglich eine sexuelle Konnotation.

Zwei Versionen der "Maja"

Beworben wird der digitale Rundgang übrigens von der italienischen Politikerin und ehemaligen Pornodarstellerin Cicciolina. Im Trailer für den Audioguide sagt sie: "Pornografie mag nicht als Kunst gelten, aber manche Kunst kann man als Pornografie betrachten."
Damit habe Cicciolina nicht ganz Unrecht, findet Probst. Pornografie oder sexuelle Darstellungen spielten immer eine Rolle, beispielsweise bei dem Gemälde "Maja" von Francisco José de Goya, das es in einer nackten und bekleideten Version gibt – "je nachdem, was gerade als schicklich wahrgenommen wurde".
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