Popmusiker Etienne Daho gibt Konzert in Berlin

In Frankreich ein Star - in Deutschland kaum bekannt

Der französische Popmusiker Etienne Daho beim Eurockeennes Festival in Belfort im Julii 2015.
Der französische Sänger Etienne Daho gibt zum ersten Mal nach 25 Jahren wieder ein Konzert in Deutschland © Hugo Marie/dpa
Matthias Wegner im Gespräch mit Andreas Müller  · 21.01.2019
Erstmals nach 25 Jahren tritt der französische Popmusiker Etienne Daho wieder in Deutschland auf. In Frankreich gehört er zur musikalischen Prominenz, in Deutschland fehlte ihm eine Plattenfirma. Nun gibt er ein Konzert in Berlin.
Etienne Daho ist in der französischen Popmusik eine ganz große Nummer. Seit fast 40 Jahren nimmt er Musik auf, hat fast alle wichtigen Preise abgeräumt und gastiert in Frankreich fast immer in den ganz großen Konzertsälen. Anders als viele seiner Landsleute hat sich Daho aber mit Auftritten in Deutschland auffallend zurückgehalten. Sein letztes Konzert liegt 25 Jahre zurück. Nun kommt der Musiker mit seiner Band erstmals wieder in der Bundesrepublik und gibt im Festsaal Kreuzberg in Berlin ein einziges Konzert.
Musikkritiker Matthias Wegner hat mit Daho vor dem Berliner Konzert gesprochen und erzählt, dass der französische Musiker in Deutschland keine Plattenfirma hatte. Jetzt freue er sich auf das Berliner Konzert, sagte der Sänger am Telefon. (gem)

Das Interview im Wortlaut:

Andreas Müller: Warum hat Etienne Daho so lange nicht bei uns gespielt?
Matthias Wegner: Dafür gibt es verschiedene Gründe. Ganz einfach gesagt: Er hatte es im Grunde nicht wirklich nötig. Er ist sehr erfolgreich in der nationalen Szene. Er hat insgesamt elf Alben aufgenommen und fast alle haben Gold-Status, einige sogar Platin und das zu einer Zeit, als man noch ordentlich CDs verkaufen konnte in den 80er- und 90er Jahren. Also, da gingen locker jeweils rund 500.000 Stück über den Ladentisch, da ist einiges zusammen gekommen. Zwischendrin hat er dann viel Zeit in London verbracht.
Der französische Popmusiker Etienne Daho beim 48. Montreux Jazz Festival in der Schweiz, am 14 Juli 2014. |
Der französische Popmusiker Etienne Daho tritt in seiner Heimat immer vor vollen Sälen auf. © dpa
Aber wenn er in Frankreich auftritt, ist, dann bei großen Festivals oder in den besten Sälen z.B. in Paris im Salle Pleyel oder ähnlichen hochkarätigen Orten. Ich habe mit Etienne Daho letzte Woche kurz telefonieren können. Es ist sehr schwer ihn zu bekommen und er sagte mir, dass er auch deswegen so lange nicht bei uns aufgetreten ist, weil er über all die Jahre keine deutsche Plattenfirma hatte, die ihn in Deutschland hätte unterstützen können. Aber er freue sich nun sehr auf das Konzert in Berlin.

In Deutschland wenig bekannt

Müller: Etienne Daho ist hierzulande aus verschiedenen Gründen wenig bekannt. Warum aber ist Etienne Daho in Frankreich so erfolgreich? Was zeichnet ihn aus?
Wegner: Das hat verschiedene Gründe. Daho verfügt auf jeden Fall eine große musikalische Offenheit. Es ist sehr spannend, wie unterschiedlich seine einzelnen Werkphasen waren und wie klar dabei aber dennoch die Persönlichkeit, die Handschrift erkennbar bleibt. Ich habe ihn bei unserem Gespräch auch gefragt, wie er auf sein eigenes Werk blickt (er ist ja immerhin mittlerweile 63 Jahre alt). Wie hat sich seine Musik über die Jahre weiterentwickelt? Zwischendrin war sie auch immer mal wieder elektronisch geprägt.
Etienne Daho: Ich habe ja damals mit einer Band namens "Marquis de Sade" angefangen und mit dem Musiker Jacno, einem der Pioniere der elektronischen Musik in Frankreich Anfang der siebziger Jahre. Ich habe damals auch viel Elektronik in meine Musik eingebaut. Aber mein Musikverständnis basiert vor allem auf der Rockmusik. Velvet Underground, David Bowie, all das hatte großen Einfluss auf mich. Und die Verbindung von elektronischer Musik und Rock gefällt mir sehr gut. Aber natürlich bin ich nun mal Franzose und die französische Kultur ist mir sehr wichtig. Und ich beziehe mich lieber auf meine Wurzeln, als etwas anderes zu kopieren.

Neues Erfolgsalbum "Blitz"

Müller: Was weiß man denn sonst über Etienne Daho? Was ist das für ein Typ?
Wegner: Sehr gut vernetzt in der französischen Szene, wichtige Vorbildfunktion für den jüngeren französischen Pop-Chanson ab den frühen 2000er-Jahren. Er gibt sich als Typ sehr entspannt. Eleganer Typ, dandyhaft, jung geblieben. Cool, aber überhaupt nicht unsympathisch dabei.
Er genießt es auch sehr, in der Anonymität abzutauchen. Das ist ja das Gute für ihn. Er kann zum Beispiel frei in London oder auch in Berlin rumlaufen, ohne das er erkannt wird und das genießt er. In Paris wohnt er interessanterweise im Stadtteil Montmatre im alten Haus von Buffalo Bill.
Müller: Das aktuelle Album von Etienne Daho heißt "Blitz". Was ist das für ein Album? Welchen Stellenwert hat es in seiner Karriere und in seiner Diskographie?
Wegner: In Frankreich bereits Ende 2017 erschienen. Hat auch wieder Goldstatus bekommen. Platz 4 der französischen Album-Charts, in Belgien Platz 5. Auch dieses Album hat Etienne Daho in England geschrieben und aufgenommen. Und dieses Wort "Blitz" ist ihm ständig begegnet. Ein Wort, das er mochte und das ja auch viele Interpretationen ermöglicht.

Tradition der Duette

Musikalisch wird da nichts ganz neu erfunden, es ist aber ein sehr persönliches! Album. Es gibt musikalische Widmungen, zum Beispiel für seine Schwester, die vor ein paar Jahren gestorben ist. Ein Stück ist dem Rockmusiker Syd Barrett (Pink Floyd) gewidmet, den Etienne sehr geschätzt hat und es gibt einige Duette – das gehört in Frankreich seit vielen Jahren zum Pflichtprogramm. Ansonsten lässt sich sagen: Ein eher in sich gekehrtes, unaufgeregtes, aber sehr schön ausbalanciertes und sehr geschmackvolles Album.
Müller: Vielen Dank Matthias Wegner! Heute Abend tritt der Franzose Etienne Daho zum ersten Mal seit über 25 Jahren in Deutschland auf. Er spielt mit seiner Band im Festsaal Kreuzberg in Berlin.
Wegner: Etienne Daho hat in seiner Karriere etliche Duette aufgenommen mit anderen bekannten Musikerinnen und Musikern. Das hat in Frankreich eine sehr lange Tradition. Und so gibt es von Daho unter anderem Stücke mit Jacques Dutronc oder mit Alain Bashung, also wirklich mit der allerersten Liga der französischen Musik und es gibt auch eine Aufnahme mit der Sängerin Charlotte Gainsbourg – das Stück IF.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mehr zum Thema