Politologe Burak Copur zur Türkei

"Dieser Zweifrontenkrieg ist brandgefährlich"

Türkische Soldaten auf einem Panzer beobachten die Grenze zu Syrien.
Ein türkischer Panzer nahe der Grenze zu Syrien. © AFP / Aris Messinis
Moderation: Hans-Joachim Wiese und Liane von Billerbeck · 27.07.2015
Was treibt den türkischen Präsidenten Erdogan zu den Angriffen auf die Kurden? Ein Gespräch mit dem Politikwissenschaftler Burak Copur über Ankaras riskante Außenpolitik, tief verwurzelten Hass und Verschwörungstheorien.
Seit wenigen Tagen beteiligt sich die Türkei am Kampf gegen die Terrormiliz IS. Zugleich geht das türkische Militär gegen Stellungen der Kurden vor – angeblich auch in Syrien. Der Politikwissenschaftler Burak Copur von der Uni Duisburg-Essen hält diese Kehrtwende des türkischen Präsidenten Erdogan in der Kurdenfrage für innenpolitisch motiviert. Mit der Bombardierung von PKK-Stellungen wolle Erdogan die pro-kurdische HDP in der Türkei unter die Zehnprozenthürde drücken und die Stimmen nationalistischer Wähler zurückgewinnen.
"Hass zwischen den Türken und PKK sitzt noch immer tief"
Der Präsident habe es den Kurden verübelt, dass sie die Verfassungsänderungen für sein geplantes Präsidialsystem nicht mittragen wollen, sagte Copur im Deutschlandradio Kultur.
"Dafür hat Erdogan die Unterstützung der Kurden gebraucht, die haben aber deutlich erklärt, dass sie ein solches autokratisches Präsidialsystem nicht unterstützen werden. Ab dem Zeitpunkt hat Erdogan den Verhandlungstisch verlassen."
Deal mit den USA ist eine Verschwörungstheorie
Nun mache sich der türkische Präsident alte Ressentiments zunutze.
"Der Hass zwischen den Türken und der PKK sitzt noch immer tief – und auf dieser Klaviatur spielt Erdogan."
Die Theorie, wonach sich Erdogan mit dem Kampf gegen den IS die Zustimmung der USA zu Schlägen gegen die Kurden erkauft habe, hält Copur dagegen für wenig plausibel. "Das ist eine Verschwörungstheorie. Ich halte von dieser Annahme überhaupt nichts." Die USA hätten ein klares Interesse – die Bekämpfung des IS. Man könne nicht von einem Verrat sprechen, so Copur. Denn die USA hätten den Kurden nichts versprochen, "sondern es war ein taktischer Schachzug der Vereinigten Staaten mit den syrischen Kurden zusammenzuarbeiten, weil sich die Türkei der Bekämpfung des IS lange versperrt hat".
Der Politikwissenschaftler Burak Copur
Der Politikwissenschaftler Burak Copur© privat
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