Politainment

Von Rainer Braun |
Im Mittelpunkt der Serie "Das Kanzleramt" stehen die Ränke und Machtspiele im inneren Zirkel des Kanzleramtes. Bezüge zur Realität sind fraglos vorhanden, auch wenn das Primat auf der Unterhaltung liegt. Protagonisten sind zum Beispiel der Kanzler selbst, den Klaus Behrendt als allein erziehender Vater durchaus souverän spielt.
Wie es um den Politikstandort Deutschland bestellt ist, wird gleich in der Auftaktfolge umrissen. Wer hätte schließlich gedacht, dass ein Mitglied der amtierenden Bundesregierung die Defizite des Kabinetts so unverblümt offen legt? Kein Grund zur Panik, die offenen Worte des Forschungsministers -gespielt übrigens von Vadim Glowna - sind reine Fiktion. Und doch geben sie in gewisser Hinsicht die Tonlage vor, die in der ZDF-Serie "Das Kanzleramt" angeschlagen werden.

Im Mittelpunkt stehen die Ränke und Machtspiele im inneren Zirkel des Kanzleramtes. Protagonisten sind der Kabinettschef selbst, den Klaus Behrendt als allein erziehender Vater durchaus souverän spielt, seine Berater und engsten Mitarbeiter. Die härteste Widersacherin kommt dabei pikanterweise in Person der Fraktionsvorsitzenden aus dem eigenen Lager. Bezüge zur Realität sind fraglos vorhanden, auch wenn das Primat selbstredend auf der Unterhaltung liegt. Das führt denn auch dazu, dass konkrete Parteipolitik hier bewusst ausgeklammert wird, obwohl Anleihen an das sozialdemokratische Milieu durchaus vorhanden sind.

Und so werden neben den absehbaren und plötzlichen Krisen des Regierungsgeschäfts vor allem die persönlichen Konflikte des Kanzlers und seiner Entourage konturiert. Da hat dessen Redenschreiber eine heiße Affäre mit einer Journalistin, was prompt eine Kabinettskrise auslöst, weil sie interne Unterlagen publik macht. Der Kanzler selbst hat hinreichend Stress mit seiner heranwachsenden Tochter, die das Berliner Nachtleben besonders spannend findet. Und nebenher will schließlich auch noch normale Politik gemacht werden und etwa die Geiselnahme von deutschen Touristen in Peru bewältigt werden, was hier in den Aufgabenbereich des Kanzleramtschefs - gespielt von Robert Atzorn - fällt.

Die Frage ist, ob das ZDF hier zu lande mit dieser Adaption der US-Serie "West Wing" am Ende den Nerv der Zeit trifft. Dass mit dieser Art von Politainment im seriellen Format auch Risiken verbunden sind, weiß auch ZDF-Fernsehdirektor Thomas Bellut.

Service

Die ZDF-Serie "Das Kanzleramt" läuft ab 23. März jeweils mittwochs um 20 Uhr 15 im ZDF.

Link:

ZDF - "Kanzleramt"