Polio in Afrika besiegt

Warum wir uns trotzdem weiter schützen müssen

08:21 Minuten
Ein Kind wird in Kawo Kano (Nigeria) gegen Polio geimpft.
Dank einer massiven Impfkampagne konnte Polio nun auch in Nigeria, als letztes betroffenes Land des afrikanischen Kontinents, ausgerottet werden. © picture alliance / AP Photo / Sunday Alamba
Kathrin Keeren im Gespräch mit Nicole Dittmer |
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Polio gilt nun auch in Afrika als ausgerottet. Trotzdem müsse weiter gegen Kinderlähmung geimpft werden, betont Kathrin Keeren vom Robert Koch-Institut. Auch hierzulande. Denn das Virus ist tückisch – und könne schnell wieder eingeschleppt werden.
Polio galt jahrzehntelang als eine extrem große Bedrohung für Kinder weltweit. Jetzt soll die Krankheit auch in Afrika besiegt sein. Das gab die Weltgesundheitsbehörde (WHO) bekannt. Entwarnung kann trotzdem nicht gegeben werden, meint Kathrin Keeren, Leiterin der Geschäftsstelle der Nationalen Kommission für die Polioeradikation in Deutschland am Berliner Robert Koch-Institut. Die Impfaktionen könnten nicht gestoppt werden - "das muss weitergehen."

Impfquote in Deutschland reicht nicht aus

Zum einen sei das Virus noch in Pakistan und Afghanistan verbreitet – und die Zahl der Betroffenen steige dort seit 2019 sogar wieder an. Aber auch in Europa, wo Kinderlähmung seit 2002 als ausgerottet gilt, ist Vorsicht angebracht: Das Robert-Koch-Institut jedenfalls fordert dringend dazu auf, auch in Deutschland weiter gegen Polio zu impfen und hält auch die Impfquote von über 90 Prozent für zu gering.

Vor der Schluckimpfung gab es weltweit Generationen von Kindern, die von Polio bedroht wurden. Wer die Krankheit bekam, litt ein Leben lang an den Folgen der Kinderlähmung. Der israelisch-amerikanische Geiger Itzchak Perlmann ist ein prominentes Beispiel, auch die deutsche Unternehmerin Margarethe Steiff und die Malerin Frida Kahlo. Die Wende kommt schließlich unter anderem durch die Forschungsförderung des US-amerikanischen Präsidenten F.D. Roosevelt, dessen Ärzte 1921 glauben, er sei an Polio erkrankt. Wenige Jahre nach seinem Tod entwickelt der US-amerikanische Arzt Jonas Salk 1954 den Polio-Impfstoff, der auch heute noch Millionen von Menschenleben schützt.

"Wir liegen bundesweit bei 92, 93 Prozent. Man möchte meinen, das würde reichen." Doch um das Ziel der vollkommenen Ausrottung des Virus zu erreichen, sei das nicht genug. "Deswegen müssen 95 Prozent gehalten werden", sagt Keeren: "Weil die Gefahr der Einschleppung einfach da ist."
"Wenn wir nicht mehr richtig geimpft sind, dann kann es sehr schnell losgehen", warnt die Expertin. Denn das Virus sei tückisch: Zum einen sei die Erkrankung sehr ansteckend. Zum anderen ließen sich die Ursprünge des Erregers und Infektionswege nur sehr schwer nachverfolgen. Denn der Großteil der Erkrankten, über 95 Prozent, habe keine Symtome, so Keeren.
In sehr wenigen Fällen gebe es grippeähnliche Symptome. Und in seltenen Fällen werde schließlich das Nervensystem angegriffen, was zu Lähmungen der Arme, Beine, des Gesichts oder gar der Atemmuskulatur führen könne. "Das Virus ist nicht behandelbar", so Keeren. Daher könne nur die Impfung, die Prävention gegen die Erkrankung helfen: "Anders geht es nicht."
(lkn)
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