Polarstern-Expedition Mosaic in der Arktis

"Dem Polareis geht es gar nicht gut"

08:41 Minuten
Das deutsche Forschungsschiff «Polarstern» unterwegs in der Arktis. Um es herum treiben Eisschollen im Meer.
Die Arktis ist mehr oder weniger auch die Wetterküche für Deutschland, die sich deutlich verändert. © picture alliance/dpa/Alfred-Wegener-Institut | Steffen Graupner
Stefanie Arndt im Gespräch mit Axel Rahmlow · 15.06.2021
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Ein Jahr lang waren Wissenschaftler in der Arktis unterwegs, um Klimaveränderungen zu untersuchen. Die Meereisphysikerin Stefanie Arndt war dabei und warnt: Die Entwicklung im Nordpolarmeer führt schon jetzt zu Dürresommern in Deutschland.
Acht Monate hat das Forschungsschiff "Polarstern" im vergangenen Jahr auf seiner "Mosaic"-Arktismission durch das Nordpolarmeer verbracht. Ein internationales Team aus Hunderten Forschern hat dabei die verschiedenen Aspekte der Meereisentwicklung beobachtet und verfolgt. Die Meereisphysikerin Stefanie Arndt vom Alfred-Wegener-Institut Bremerhaven war Teil dieser Expedition und fasst die Lage der Eisschmelze sehr kurz zusammen: "Dem Polareis geht es gar nicht gut."

Die Ausdehnung des Meereises nimmt immer mehr ab

Die Expedition erforschte dabei die Entwicklung am und rund um den Nordpol und sammelte Erkenntnisse, die nun von mehreren Hundert Wissenschaftlern weltweit ausgewertet würden, so Arndt. "Wir wussten schon vor der Expedition, dass die Meereisausdehnung immer weiter abnimmt." Durch die Expedition seien nun aber die Erkenntnisse aus Beobachtungen anhand von Satellitenbildern den Forscher noch einmal mehr vor Augen geführt worden, insbesondere, "was es auch für die kleinen Prozesse im Klimasystem bedeutet und für die Wechselwirkungen zwischen der Atmosphäre und dem arktischen Ozean".

"Da angekommen, wo wir wirklich was tun müssen."

"Wir sind da angekommen, wo wir wirklich was tun müssen und wo wir nicht mehr die Augen verschließen können", so die Forscherin. So sei etwa im Jahr der Expedition das Eis wesentlich dünner geworden: "Und damit auch wesentlich dynamischer." Die beobachteten Eisschollen seien wesentlich leichter gewesen und darum auch wesentlich schneller gedriftet – 300 Tage statt noch rund drei Mal so lange vor rund einhundert Jahren.

"Das bedeutet, dass wir einem sogenannten Kipppunkt im Klimawandel deutlich ins Auge blicken", sagte Arndt. "Wir steuern darauf zu, dass die Arktis früher oder später im Sommer eisfrei sein wird." Dann werde noch mehr Energie in den Ozean gelangen, was die Zirkulationen von Wasser und Luft deutlich verändere. "Lokal hat das etwa auch klare Auswirkungen auf das Ökosystem in der Arktis: Es gibt – zum Beispiel – keinen Boden, keinen Jagdgrund mehr für die Eisbären. "

Die Wetterküche funktioniert mit dem Wandel anders

Die Arktis sei mehr oder weniger die Wetterküche für Deutschland, die sich deutlich verändere – und damit veränderten sich auch die Wetter, die sie hierher nach Deutschland bringe, erklärte Arndt. "Wir kriegen das zu spüren in Deutschland. Denken wir nur zurück an den letzten Sommer, der von extremer Trockenheit geprägt war."
Wichtig sei bei der Verhandlung von Klimazielen, dass man nun nicht nur lokal schauen dürfe und sich Ziele setze, erklärt Arndt die Erkenntnisse ihres Teams: "Wir müssen uns die Lage global vor Augen führen, denn wenn wir nur hier in Deutschland Sachen verändern, hilft das nicht dem gesamten Klimawandel." Die Klimaziele müssten global verfolgt werden.

Die Expedition der Polarstern im vergangenen Jahr selbst sei eben international aufgestellt worden und damit ein wichtiger Schritt dazu, dass international stärker an einem Strang gezogen werden könne.
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