Podiumsdiskussion im Humboldt-Forum

Das Museum als Ort des Streits

06:05 Minuten
Zu sehen ist ein imposantes Gebäude, weiß und rund, das Museum für schwarze Zivilisation in Senegals Hauptstadt Dakar.
Anfang 2019 wurde das Museum der schwarzen Zivilisationen in Senegals Hauptstadt Dakar eröffnet. Es soll bewusst kein ethnografisches Museum sein, da dies ein westliches Konzept ist. © imago stock&people
Tomas Fitzel im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 03.10.2019
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„Wem gehört die Kultur?“ So lautete der Titel einer Podiumsdiskussion im Humboldt-Forum. Doch die Frage ist falsch gestellt. Neue Zeiten erfordern neue Antworten und eine neue Museumsidee für Afrika, die sich vom kolonialen Vermächtnis löst.
Im Berliner Humboldt-Forum diskutierten Vertreter verschiedener Disziplinen die Frage: "Wem gehört die Kultur?" Genauer: Wie geht man mit dem kulturellen Eigentum anderer Nationen um? Eine Frage, die auch das Humboldt-Forum beschäftigt, schließlich übernimmt es mit der Präsentation ethnologischer Sammlungen auch eine große Verantwortung.
Tomas Fitzel war vor Ort und berichtet im Deutschlandfunk Kultur von einer sachlichen Diskussion. Die eingangs gestellte Frage, wem die Kultur gehöre, könne man so nicht beantworten, erklärt er nach diesem Abend, alleine schon weil es die Kultur im Singular nicht gebe. Auch sei die Frage falsch gestellt. Die Sozialanthropologin Sharon Macdonald, die mit auf dem Podium saß, wollte stattdessen wissen: "Zu welcher Kultur gehöre ich eigentlich?"

"Wir leben in einer Welt der asymmetrischen Konflikte"

Den Kunsthistoriker Henry John Drewal regte darüber hinaus der Umstand, dass das Humboldt-Forum in der Nachbildung des Berliner Schlosses residiert, zu einer Betrachtung über Kultur und Macht an.
Auf dem Podium berichtete er, in einer Architekturzeitschrift gelesen zu haben, das Berliner Schloss verkörpere die Idee von Symmetrie und Größe. "Aber", gab er zu bedenken, "wir leben in einer Welt der asymmetrischen Konflikte, zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden. Und das ist die zentrale Frage an uns und zugleich die wichtigste Herausforderung."
Der einzige Podiumsteilnehmer aus dem Globalen Süden, der aus dem Senegal stammende Kunsthistoriker Abdoulaye Touré, wollte indes wissen, welche Museumsidee sich in Afrika entwickeln könnte, die nicht als koloniales Vermächtnis angesehen werde und eher an die Bedürfnisse der Menschen vor Ort angepasst sei.
"Die meisten heutigen Museen in Afrika entstanden im Kontext der Kolonialreiche, aber das heißt nicht, dass die Idee des Museums erst im Kolonialismus entstand. Es gab schon davor Formen der Aufbewahrung und Weitergabe des kulturellen Erbes."

Kulturgüter schützen und zugänglich machen

Drewal schlug einen Ort des Streits vor, einen Ort, der verschiedene Meinungen abbildet und Fragen aufwirft, in dem nicht alles etikettiert und klar zugeordnet wird. Interessanter sei das, was wir nicht sehen, was tausendfach in den Depots der Museen gehortet werde.
Die Pariser Anwältin Corinne Hershkovitch gab zu bedenken, dass es zwar eine gute Idee sei, Kulturgüter zu schützen und zu bewahren, aber wenn diese dabei in Depots gehortet, also zu totem Kapital würden, sei dies auch nicht der richtige Weg.
Festzuhalten bleibt also: "Museen müssen sehr viel beweglicher werden, sich öffnen, Fragen zulassen und Streitraum werden."
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