WDR-Podcast "Schwarz Rot Blut"

Den Opfern eine Stimme geben

09:23 Minuten
Familie Satir. Vier Kinder und und eine Frau auf einem Familienfoto.
Bei dem Brandschlag auf das Haus der Familie Satir 1984 wurden sieben Menschen getötet. Ein rassistisches Motiv sahen die Behörden nicht. © Initiative Duisburg 1984
Lena Kampf im Gespräch mit Massimo Maio · 08.06.2022
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Brandanschläge, Vergewaltigungen, Morde – von deutschen Behörden werden solche Taten oft nicht als rassistisch motiviert bewertet, von Betroffenen durchaus. Der WDR-Podcast „Schwarz Rot Blut“ hat sich mit sieben solcher Fälle genauer beschäftigt.
Wer definiert in Deutschland, was rassistische Gewalt ist und was nicht? Angehörige von Opfern schätzen das oft anders ein, als es die deutschen Behörden tun.

Er wurde nicht getötet, weil er jemandem etwas Schlechtes getan hat. Er wurde getötet, weil er nicht aus Deutschland kommt, meiner Meinung nach. Und schwarze Haare hat. Deshalb wurde er ermordet. Und nichts anderes, das ist meine Sicht.

Ausschnitt aus dem WDR-Podcast "Schwarz Rot Blut"

Der WDR-Podcast „Schwarz Rot Blut“ beschäftigt sich mit Mordfällen in Deutschland, von denen Hinterbliebene der Opfer klar sagen, dass sie rassistisch motiviert waren. Die Behörden hingegen wollen keinen Zusammenhang zwischen dem Aussehen oder der Herkunft der Opfer und der Tat sehen.

Die blinden Flecken der Ermittlungen

Diese Diskrepanz will sich der Podcast genauer anschauen. Dafür haben sich die Macher und Macherinnen mit sieben Fällen beschäftigt, die im Verdacht stehen, rassistisch motiviert gewesen zu sein, oder rassistisch motiviert waren, sagt Journalisten Lena Kraft.
„Da gibt es Angehörige, da gibt es eine Community, die sagt: Das war Rassismus. Aber vor Gericht oder sogar schon bei der Ermittlungsarbeit wird dieser Rassismus nicht als Motiv gesehen, wird nicht ermittelt, wird nicht anerkannt, wird im Grunde beiseitegeschoben.“

Kaum Wissen über Rassismusforschung

Einer dieser Fälle ist der Mord an einer chinesischen Gaststudentin in Dessau im Jahr 2016. Ein deutsches Pärchen lockte die junge Frau damals in eine Wohnung, vergewaltigte und ermordete sie.
Der Nebenklage-Anwalt der Eltern sagt, es hätte jede treffen können. Auch die Ermittlungsbehörden vertreten die These, es handle sich um ein Zufallsopfer. Wenn man sich aber auch nur ein wenig mit Rassismusforschung auskennen würde, komme man zu ganz anderen Schlussfolgerungen, sagt Lena Kampf.
„Wir haben Expert:innen gefragt, die sich speziell mit antiasiatischem Rassismus beschäftigen. Dann sehen wir hier die Narrative oder die Bilder, die sich da durchziehen. Asiatisch gelesene Frauen werden als Objekt betrachtet, als devot, als verfügbar für Männer. Sie werden extrem sexualisiert. Diesen Aspekt kann man gar nicht raus denken.“
Dieses Wissen sei in der Community vorhanden, fehle aber bei den Ermittlungsbehörden und in der Justiz, so die Journalistin.

Der älteste Fall ist aus dem Jahr 1984

Der älteste Fall, der im Podcast behandelt wird, stammt aus dem Jahr 1984, als auf das Mehrfamilienhaus der Familie Satir in Duisburg ein Brandanschlag verübt wurde. Sieben Menschen kamen dabei ums Leben. Auch diese Tat wurde damals nicht als rassistisch motiviert von den Behörden eingestuft bzw. wahrgenommen, von der Familie sehr wohl.
„Diese Perspektive überhaupt erst einmal in die Öffentlichkeit zu bringen und einem breiteren Publikum zugänglich zu machen, das ist unser Anspruch“, sagt Lena Kampf.

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