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Wir gratulieren, Frau Mustermann!

Gerda Boeken alias Erika Mustermann arrives for the 99Fire-Film Award 2012 beside the 62nd Berlin International Film Festival, in Berlin, Germany, 16 February 2012. The picture of Gerda Boeken was seen on identity cards in 1987 for the first time. The 62nd Berlinale takes place from 09 to 19 February. Britta Pedersen
Gerda Boeken alias Erika Mustermann neben der Mustermann-Figur © dpa / picture alliance / Britta Pedersen
Von Michael Frantzen |
Fast jeder hat sie schon mal gesehen, aber keiner kennt sie wirklich: Frau Mustermann, die von der Bundesdruckerei, die uns in zeitloser Schönheit auf fiktiven Personalausweisen und Reisepässen entgegen lächelt. Wir wollen gratulieren. Und der großen Unbekannten ein Stück näher rücken: Wer versteckt sich eigentlich hinter Frau Mustermann?
Als wir dieser Tage unseren neuen Personalausweis beantragten, wir lieben dieses Wort, da bekamen wir eine Broschüre in die Hand gedrückt, in der uns auf Seite Frau Mustermann, geborene Gabler, Vorname Erika, geboren am 12. August 1964 in Berlin, freundlich anlächelt. Wir lächelten zurück ... als wir in der Zeitung eine Werbeanzeige mit "Julian Mustermann" fanden. Die fiktive Frau Mustermann hat also einen Sohn bekommen. Auf dem Zeugnis, natürlich, eine dicke 1, kommt in die 5. Klasse. Und wir kommen zum Thema und gratulieren Frau Mustermann zum 50. Geburtstag. Und wollen einiges von ihr wissen.
Gerda Gerda Böken: "Soooo! Ich wollt Ihnen mal was zeigen."
Das ist Frau Böken. Alias Erika Mustermann.
Gerda Böken: "Wie kamen Sie denn jetzt auf die Mustermann?"
Verstehen halt was von investigativem Journalismus - beim Deutschlandradio.
Gerda Böken: "Ja. Datt muss ja kommen."
Eine rheinische Frohnatur - unsere Frau Mustermann.
Gerda Böken: "Ich bin eine hochlöbliche Schauspielerin."
Das auch. Ein wahres Chamäleon. Im Laufe ihres bewegten Lebens ist Frau Böken schon in die eine oder andere Rolle geschlüpft.
Ist schon ein paar Jahre her; dass die Berliner Sparkasse für eine Werbeaktion einen Gipsabguss von Frau Böken machte. Sie sei genau die richtige - meinten sie in ihrer Agentur.
Gerda Böken: "So: Durchschnittsgesicht. Nich übel gemeint, aber: Passt schon mal mehr da oder da hin."
Lief alles wie geschmiert - anfangs. Nach getaner Arbeit setzten die Damen und Herren der Sparkasse Frau Bökens puppengewordenes Alter Ego in die Trams und S-Bahnen der Hauptstadt. Motto: "Mach's besser als Erika." Von wegen Altersvorsorge und so. Hatte sich Frau Böken ein bisschen anders vorgestellt. Erika Mustermann als tattrige Rentnerin, die zu doof ist fürs Alter vorzusorgen und vor lauter Verzweiflung als kleines Häufchen Elend im öffentlichen Nahverkehr im Kreis fährt: Davon stand eigentlich nichts im Vertrag.
Gerda Böken: "Es sollte von Berlin aus auch noch in andere Städte gehen. Da hab ich nix mehr von gehört."
Auch besser so. Auf ihre Kosten ist Frau Böken trotzdem gekommen.
Gerda Böken: "Das war dann auf der Berlinale. Da wurden wir beide, das heißt die Frau Erika Mustermann und ich abgelichtet, ja! War ich auf der Berlinale: Blitzlichtgewitter."
Schauspielerin Böken ist gut im Geschäft
Frau Böken mag zwar Jenseits der achtzig sein: Begehrt ist sie immer noch. Schauspielerinnen ihres Alters, meint die Frau, die ein verwinkeltes Hinterhaus und einen wildromantischen Garten in Köln-Dellbrück ihr Eigen nennt, seien Mangelware. Dementsprechend gut ist sie im Geschäft.
Gerda Böken: "Ja. So mal: Verbotene Liebe. Oder: Hafenkante. Ich hab jetzt wieder ne Rolle: "Diese Kaminskis" heißt datt. Da muss ich jetzt die nächsten Tage hin. Auch für XY. Da is Folgendes passiert: Die haben ja diese Fallbeispiele. Da haben wir eine Episode gedreht und die kam und kam im Fernsehen nich. Irgendwie dachte ich, die ist auf der Strecke geblieben. Und dann haben wir die nächste Episode gedreht. Dann kamen an einem Tag beide zusammen. Da war ich also in der ersten Episode zu sehen, dass ich erwürgt wurde. Und in der zweiten Episode kam ich ganz froh und munter wieder. Und seitdem haben die mich nich mehr bestellt."
Kann passieren - im Filmbusiness. Aber auch kein Beinbruch. Frau Böken ist hart im Nehmen. Ist ja nicht umsonst von Hause aus Balletttänzerin. Schmerzen, meint sie und strafft den Rücken, gehören dazu. Aber wie das halt so ist beim Ballett: Mit spätestens 27, 28 ist Schluss. Hat sie also umgesattelt - auf Schauspielerei - damals, zu Adenauers Zeiten.
Gerda Böken: "Dann kam mir aber die Liebe und die Kinder dazwischen. Die Männer. Ach ja. Dann hat sich der Traumberuf in den Hintergrund drängen lassen."
Leicht ist ihr das nicht gefallen. Schließlich stammt sie aus einem Frauen-Haushalt. Ihre Mutter war schon emanzipiert und berufstätig, als die durchschnittliche deutsche Frau, noch dazu in Nazi-Deutschland, Schwierigkeiten hatte das Wort Emanzipation überhaupt richtig zu buchstabieren - von den Herren der Schöpfung ganz zu Schweigen.
Gerda Böken: "Mir brauchen keine Männer. So bin ich dann auch groß geworden. Dass ich mich nirgendwo unterbuttern lassen kann."
War ein richtiger Charakter - ihre Mutter. Frau Böken seufzt leise. Sie hat sich von niemanden was sagen lassen - auch nicht von den Nazis. Geschäftsfrau war sie. Und Kommunistin. Ihr Mann - Frau Bökens Vater - auch.
Gerda Böken: "Der war in Dachau interniert. Wir sind politisch Verfolgte in dem Sinne. Meine Mutter war auch vier Mal inhaftiert hier in Köln. Ich hab ihn erst mit 13 Jahren kennengelernt. Kam dann '45 wieder und sachte er wäre mein Vater. Hab ich gedacht er könnte gehen wo der Pfeffer wächst. Ich hatte jar keine Beziehung natürlich. Mir ging's mit meiner Mutter gut. Wie ich älter wurde, konnte ich nen bisschen besser...die beiden haben sich auch getrennt, weil: Sie war ja ne ganz andere Frau geworden als er sie verlassen hat. Sie war damals auch 28 als er ging."
Die alten Geschichten. Jetzt, im Alter - sinniert Frau Böken - würden sie plötzlich wieder hoch kommen. Zwei Mal war sie verheiratet. Auch lange her.
Gerda Böken: "Ich hab ja erst mal, in der ersten Ehe, die Dagmar bekommen. Da war er Handelsvertreter. Und hat nebenbei versucht im Singen weiter zu kommen. Was nich so ganz gelungen is. Er war Alkoholiker. Und wie das Kind da war, folgte die Trennung - von meiner Seite aus. Weil: Datt kann man nich vertreten dann, näh?! Dann hab ich erst mal neun Jahre Pause gemacht. Ich war damals Sekretärin bei der Strabag."
Dem Bau-Unternehmen.
Gerda Böken: "Dann bin ich ins Ausland geschickt worden. Nach Somalia. Und da waren auf der Baustelle ganz viele Familien - und nen paar Männer alleine. Das waren zwei Jahre. Und dann ergibt sich halt irgendwas, irgendwann."
Aus Somalia nahm sie einen Mann mit
Als Frau Böken nach Deutschland zurückkehrte, nach Köln, hatte sie nicht nur diverse somalische Souvenirs im Schlepptau sondern auch Ehemann Nummer Zwei. War auch nicht so das Gelbe vom Ei.
Gerda Böken: "Ich hab das 18 Jahre durchgehalten. (erstaunt gesprochen) Weil: Wir hatten dann nen Sohn. Und noch nen Kind alleine groß ziehen?! Da war ich dann auch was müde. Dann wollt ich wieder arbeiten. Das verstand mein Mann auch nich. Der verdiente ja gut. Dann bin ich irgendwann ausgebrochen. Und hab dann mit dem Tanzen angefangen."
Und sie ist noch mal richtig aufgeblüht - mit Mitte 50.
Gerda Böken: "Da hab ich mich auf Standard konzentriert und musste erst mal nen Partner haben, näh?! Das ist das Übel dabei. Den hab ich gefunden. Meine Freundin, die hatte so jesacht: Ja, dann leih ich dir meinen Freund so lange bis du nen Partner hast. Und zwei Tage später haben die sich getrennt. Na ja."
Das kann passieren. Vor drei Jahren hat Frau Böken mit dem Turniertanz aufgehört. Ging nicht mehr. Das Knie. Frau Böken macht eine wegwerfende Handbewegung. Wenn Erika Mustermanns Alter Ego eines nicht ausstehen kann: Dann Selbstmitleid. Im Oktober steht Frau Böken wieder auf der Bühne, im Kölner "Kellertheater". Was Modernes.
Gerda Böken: "Berlin, Hamburg, München und Köln: Das sind so die Haupt-Städte. Und wenn ich dann unterwegs bin mit meinem Koffer, dann hab ich so viel Hilfe - von jungen Leuten oder auch anderen: Kann ich ihnen was tragen? Datt is wirklich erstaunlich. Manschmal möscht isch sagen: Komm, Kind, datt kann isch auch alleine!"
Weiß sich halt selbst zu helfen - unsere Frau Mustermann.
Gerda Böken: "Man hat mich gefragt, ob ich nicht total stolz bin darauf bin die Erika Mustermann zu sein. Ich muss sagen: Nich mehr und nich minder wie bei anderen Produktionen."
Verständlich. War ja auch nicht so DER Knüller - das mit der Tram fahrenden Musterfrau.
Gerda Böken: "Sehen se: Da hat man nicht viel Wahl. Und jetzt muss ich hier aber wieder raus."
Pia Palazzi ist Erika Mustermann, die Zweite
Die neueste Version des maschinenlesbaren und angeblich fälschungssicheren Personalausweises, der ab 1. Januar 1986 erstmals ausgegeben werden soll, wird im Dezember 1984 vom Bundesinnenministerium in Bonn vorgestellt. Ob dies die entgültige Form des umstrittenen Ausweises sein wird, muß noch vom Bundestag entschieden werden.
Personalausweis von Erika Mustermann geborene Gabler - auf dem Foto: Pia Palazzi© dpa / picture alliance / Egon Steiner
Wir auch. Es gibt nämlich noch eine zweite Frau Mustermann - exakt 538 Kilometer von Köln entfernt - da wo einem blau-weiß-gepinselte Werbeleute immer weiß machen wollen, dass Schwaben Bayern küsst. Mustergültiger-weise.
"Ich bin auf der Suche nach Frau Palazzi."
Peter Palazzi: "Ja. Die steht da drinnen. Mäuschen?! Pia!"
Das ist "Mäuschen". Alias Pia Palazzi. Kein Scherz: Jetzt das mit dem lautmalerischen Namen. Pa-la-zzi. Signora kommt aus Italien, aus der Nähe von Rimini. Irgendwann in den 80ern hat es die Frau mit den lustigen Augen und leicht ergrauten Haaren gen Norden verschlagen. Erst nach München, aber das war nichts für sie, da sollte sie in irgendwelchen Oben-Ohne-Bars arbeiten. Das dann doch nicht. Ist sie also spontan weiter nach Augsburg, der Stadt, die zwar offiziell zu Bayern gehört ihre schwäbische Identität aber nie ganz richtig abgeschüttelt hat. Das war schon eher ihr Ding: Eine überschaubare Stadt, nicht so viel Schicki-Micki wie in der bayrischen Hauptstadt. Erschwinglich. Inzwischen lebt sie schon länger hier als in Italien. Das ist nicht ohne Folgen geblieben - für Signora Palazzi und die prototypische deutsche Durchschnittsfrau.
Pia Palazzi: "Die Erika Mustermann: Eben das Thema."
Hat es Signora Palazzi angetan - mit allem Drum und Dran.
Pia Palazzi: "Erika Mustermann hat Geburtstag."
Die Phantom-Blondine lebt in einer Kommune
Gut informiert. Stimmt nämlich. Einen runden sogar: Erika, die Phantom-Blondine vom mustergültigen Reisepass von 2001, wird am 12. August 50. Man soll sich aber nicht in die Irre führen lassen. Weil: Die fiktive Frau, die für alle möglichen Muster, Formulare und Ausweise ihren Namen herhalten muss, hat nicht nur multiple Identitäten sondern auch solche Geburtsdaten und Wohnorte: München, Köln, Berlin, alles schon mal dabei gewesen. Nur nicht Augsburg. Ärgerlich. Denn hier wäre sie ganz gut aufgehoben; in Pia Palazzis kleinem Refugium unweit der alten Stadtmauer.
Pia Palazzi: "Ha! Wir sehen da ein Riesen-Ausweis. Ein Meter mal 70 oder so. Oder mehr: 1,50 mal 80. Das ist eine Requisite von einem Auftritt im Fernsehen, vor zehn Jahren ungefähr. 11 Jahren. Da war ich bei der 80er Show. Da war auch Erika Mustermann das Thema. Das Foto: Das sind wir. Mein Mann, ich, mein Sohn und unsere Freunde. Wir haben in eine Wohngemeinschaft gewohnt und das Foto haben wir für eine Einladungsfest gemacht."
Ende der 80-er Jahre war das. Da lagen die Demonstrationen und Debatten über den "gläsernen Bürger" schon hinter der Republik; hatten sich auch Pia Palazzis linke Freunde zähneknirschend mit dem Weiland vom CSU-Hardliner, Bundesinnenminister Friedrich Zimmermann eingeführten fälschungssicheren Personalausweis abgefunden. Ohne den "schwarzen Sheriff" keine Erika Mustermann: Die Phantom-Blondine brachte den Deutschen den neuen Perso näher - und die WG von Signora Palazzi auf eine Idee.
Pia Palazzi: "Wir waren mehrere Erwachsene und Leute sind immer ein- und ausgezogen. Das war immer damals so: Telefon muss man ummelden, Strom muss man ummelden. Und und und und. Das hat schon viel Geld gekostet. Wir waren teilweise Studenten oder Arbeitslose. Dann immer so viel Geld hinlegen für nix und wieder nix, sagen wir mal so: Das war einfach unnötig. Und dann haben wir einen Namen gesucht, an dem wir alles melden können."
Der war schnell gefunden - Erika Mustermann sei Dank.
Pia Palazzi: "Da kommen die Goeppels. Und Baby."
Elise Goeppel: "Hallo, Mäusilein!"
Echte Liebesbriefe an die falsche Erika
Das ist Elise Goeppel. Quasi die beste Freundin von Erika Mustermann.
Elise Goeppel: "Ich bin hier geboren. Und ich war sechs Jahre weg. Und jetzt bin ich zurückgekommen. Weil es einfach so ne einmalige Wohngemeinschaft hier is. Alle Leute sind miteinander befreundet. Es is nen ganz schönes soziales Zusammenleben."
In Mustermanns Kommune.
Pia Palazzi: "Kommune is a Wort - das kann man so oder so interpretieren. Kommune is in Deutschland eher negativ. Aber für mich Kommune is eigentlich was ganz Positives. Und zwar Kommune aus dem Italienischen: Gemeinschaft."
Die ist mal mehr und mal weniger eng.
Pia Palazzi: "Hier in dem Haus?!
Wohnen:
Pia Palazzi: "Äh! 4,5,6,7,8,9,10,11. 12!"
Unter einem Dach. Modell: Groß-Familie. Jeder findet hier seinen Platz. Auch eine Frau Mustermann.
Elise Goeppel: "Man sieht's ja immer hier, wenn man rein kommt. Offensichtlich hat euch das irgendwer geflüstert: Dass das geht: Dass ihr euch alle unter einen Namen meldet. Und das war dann die Erika Mustermann."
Pia Palazzi: "Das funktioniert immer noch."
Elise Goeppel: "Seid ihr immer noch heute so gemeldet?"
Pia Palazzi: "Jaaa. Im Telefonbuch steh ich unter Erika Mustermann. Und seitdem geht's so weiter."
Elise Goeppel: "Was hatte die für ne Adresse, offiziell, die Erika Mustermann?"
Pia Palazzi: "Die Adresse war Schönbachstraße 190."
Elise Goeppel: "Und wer hat da gewohnt tatsächlich?"
Pia Palazzi: "Der Peter und ich. Die Anke. Die Barbara. Der Jürgen. Der Egon. Und der Thomas."
Elise Goeppel: "Ach so. Das war das Pappeltal."
Pia Palazzi: "Pappeltal war das."
Elise Goeppel: "Und da war nur Erika Mustermann angemeldet."
Pappeltal - das war die legendäre WG, in der Pia Palazzi vorher in Augsburg wohnte - und Erika Mustermanns italienisches Alter Ego das Licht der Welt erblickte. Lange her. Im Pappeltal rauschen nur noch die Pappeln; Palazzi & Co. sind längst weiter gezogen. Frau Mustermann aber haben sie die Treue gehalten.
Elise Goeppel: "Lebt die noch? Das is ja ne blonde Frau, die gibt's ja wirklich."
In der Tat. Die Bundesdruckerei in Berlin kann davon ein Lied singen. In schöner Regelmäßigkeit flattern dem Hersteller von Personalausweisen und Reisepässen Liebesbriefe ins Haus - adressiert an: Frau Erika Mustermann. Meist von irgendwelchen einsamen Typen, die mitbekommen haben, dass die Frau auf den Dummy-Persos zwar im echten Leben nicht Mustermann heißt aber echt ist - und in der Bundesdruckerei arbeitet. Glücklich verheiratet sei sie, heißt es aus der Pressestelle der Druckerei. Und in Berlin lebend. Mehr Infos gibt es nicht. Weil: Die echte Frau Mustermann hat keine Lust mehr auf Öffentlichkeit. Schade. War nämlich schon mal anders. In den 2000ern gab die große Unbekannte noch Interviews - und die Bundesdruckerei per Pressemitteilung stolz zu Protokoll:
"Erika Mustermann ist eine junge dynamische Frau mit frechem Kurzhaarschnitt, die nun zu Beginn einer glanzvollen Karriere steht."
Frau Mustermann ist Köchin an einer Waldorfschule
Pia Palazzi: "Ja. Nitt so wie ich. So typische deutsche Frau. Sie würde nich bei uns passen. Nen bisschen bieder. Haus bauen. Und das, das, das. Und im Endeffekt vom Leben haben wir doch nichts. So nen bißerl am Anfang, vor allem, wo die Kräfte noch da sind und Freude am Leben: Easy gehen! Nen bisschen genießen. Aber trotzdem sich noch Gedanken machen über die Zukunft und die Familie. Es muss kein Stress sein."
Pia Palazzi hat das ganz gut hinbekommen - mit dem stressfreien Leben. Drei Kinder hat sie; die zwei Großen und den Nachzügler. Sind immer gut über die Runden gekommen - auch wenn ihr Mann und sie nicht gerade im Geld schwimmen. Kücheninstallateur ist er, sie Köchin an einer Walddorfschule für Behinderte. Alles ganz geregelt jetzt. Kein Vergleich zu ihrer Sturm- und Drangphase.
Ein Schaufensterfigur am Stand von Pearl Mannequin auf der Handelsmesse Euroshop in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen), aufgenommen am 16.02.2014. 2.226 Aussteller präsentieren auf der Messe Neuheiten für den Handel.
Eine Schaufensterfigur mit einer Torte als Kopf: Herzlichen Glückwunsch, Frau Mustermann!© dpa / picture alliance / Marius Becker
Pia Palazzi: "In Katmandu hab ich dann meinen Mann kennengelernt. Der is aus Wien. Damals hat's geheißen, als ich schwanger war, als wir zurückkamen: Entweder du zu mir oder ich zu dir. Und dann hab ich gesagt: Äh, Wien möchte ich eigentlich nicht. Das is mir zu groß. Das mag i nicht. Und dann war er hier immer wieder, hat sich das Ganze angeschaut und hat er gesagt"
Peter Palazzi: "Ich schau mal ins Dorf - nach Augsburg. Der Zentralfriedhof in Wien ist fast so groß wie Augsburg."
Das ist Peter Palazzi. Alias Herr Mustermann. Sozusagen der Angetraute von Erika. Ohne Erika würde das Leben des Wiener Grantlers heute anders aussehen.
Peter Palazzi: "I wollt mit Frauen eigentlich nimmer mehr so viel zu tun haben. Zwei gescheiterte Beziehungen haben gereicht. Und dann is halt sie gekommn."
Die Frau seines Lebens. Es war Liebe auf den ersten Blick.
Pia Palazzi: "Wir haben uns kennen gelernt in der früh zum Frühstück. Ich habe keine Zigarette gehabt, ja?! Und dann hab ich erfahren, dass er auch unterwegs mit dem Fahrrad is. Und des war dann: Ah! Sehr interessant. Was habta gesehen? Wo kann man hin?"
Peter Palazzi: "Und dann waren wa eigentlich fast immer unterwegs - miteinander."
Ist bis heute so geblieben - nur mit dem Unterschied, dass sie sich jetzt nicht mehr aufs Rad schwingen um durch halb Indien zu strampeln. Anderes hat Vorrang. Das Abitur des jüngsten Sprosses der Palazzi-Dynastie in ein paar Jahren etwa. Aber alles halb so wild. Genug erlebt haben die Palazzis allemal.
Peter Palazzi: "Mit dem Schlauchboot ins Schwarze Meer. Von Donaueschingen. Ceausescu-Zeit. Super. Is gar keinen aufgefallen."
Erika Mustermann ist und bleibt Deutsche
Nicht der: Securitate?
Pia Palazzi: "Näh! Die haben uns zwei Mal abgeführt, mit Maschinengewehren und so."
Ist aber nichts Weiter passiert.
Peter Palazzi: "Die haben nich kapiert wie so was möglich is; dass jemand illegal in Rumänien is. Das haben die nedd verstanden und das war guat so."
Genau wie die Sache mit Frau Mustermann. Soll mal schön bei den "Piefkes" bleiben - den Deutschen.
Peter Palazzi: "Es is rein deutsch, denk i mal. Österreich is ja immer a bißerl langsamer. Deutschland hat eben die Frau Erika Mustermann. Die hat in Österreich noch gar niemand gebraucht."
Verstehe. Dann halt nicht. Vielleicht auch besser so: Schließlich bleibt uns Frau Mustermann so erhalten. Exklusiv.
Pia Palazzi: "Dann kann man schon sagen: Leute! Langsam ... wir wollen auch mal schlafen."
OK. Um nicht zu sagen:
Peter Palazzi: "Guat."
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