Planstudie

Mit der Gondel über die Förde

Nord-Ostsee-Kanal bei Kiel
Die Förde reicht weit bis ins Zentrum Kiels hinein und sorgt so für lange Wege. © picture alliance / Hinrich Bäsemann
Von Dietrich Mohaupt · 18.01.2014
In schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt denkt man über den Bau einer Seilbahn nach, die beide Ufer der Förde verbinden soll. Studenten der Fachhochschule Kiel haben dazu eine Studie erstellt.
Mit der Seilbahn über die Kieler Förde – das ist kein Scherz! Die Idee ist, in den Köpfen der Studenten jedenfalls, schon recht weit gediehen. Von der Fachhochschule auf dem Ostufer einfach in gerader Linie zum Landtag auf dem westlichen Fördeufer, so sieht eine mögliche Streckenführung der Seilbahn aus, erläutert Henrik Altemöller.
"Das ist der kürzeste Weg, rund 1,8 Kilometer. Alternativ weiter in die Förde reingehen, um mehr ins Stadtzentrum zu kommen, z. B. eine Strecke zum Kreuzfahrtterminal, wären rund 2,5 Kilometer. Wenn man noch weiter möchte ins Stadtinnere sind es drei Kilometer ungefähr."
Sehnsucht der Kieler nach fester Fördequerung
Mit diesem Projekt greifen die Studenten ein altes Thema in Kiel auf: Die Teilung der Stadt durch die weit ins Zentrum reichende Förde. Dieser Meeresarm bietet ein einmaliges maritimes Ambiente mit großen Kreuzfahrtschiffen und Fähren, die quasi mitten in die Stadt hinein fahren können. Er zwingt aber auch viele Kieler, die auf dem Ostufer der Förde arbeiten und auf dem Westufer leben, zu weiten Wegen – eine Seilbahn könnte da eine Lösung sein, meint Peter Franke.
"In der Stadt Kiel gibt es eigentlich schon immer eine Sehnsucht nach einer festen Fördequerung. Wir haben das Westufer, auf dem sich auch das Zentrum befindet, und wir haben das Ostufer, wo vorwiegend Industrie befindlich ist. Insofern wäre eine solche Verbindung für die Stadt möglicherweise ein ganz großer Schritt für die künftige Entwicklung."
Ende vergangenen Jahres bereits hatten die vier mit dem Projekt befassten Studenten ein Zwischenergebnis ihrer bisherigen Arbeit öffentlich präsentiert. Von einer halben Millionen Passagiere pro Jahr als Kalkulationsbasis für einen wirtschaftlichen Betrieb der Seilbahn ist da die Rede, von rund 80 Meter hohen Masten, damit auch große Schiffe weiterhin in die Förde einfahren können, und natürlich von Sicherheitsbedenken, Stichwort Sturm. Wurde alles geprüft, beteuert Frerk Michelsen.
Bedenken ausgeräumt
"Also, wir haben natürlich die Bedenken im Vorwege auch gehabt, und haben deswegen Gespräche mit den Weltmarktführern der Seilbahnhersteller geführt. Wir verlassen uns da auf die Aussagen der Hersteller, dass die Höhen zu realisieren sind und auch Anforderungen an die Seeluft, oder die starken Winde – das ist von der technischen Seite her kein Problem und alles machbar."
Klar, machbar ist das sicherlich, aber auch bezahlbar? 20 Millionen Euro, das ist so eine erste Hausnummer – allein für den Bau der Seilbahn. Da muss so manch ein Kommunalpolitiker doch erst einmal kräftig schlucken. Aber, warum eigentlich nicht, meint Kiels amtierender Verwaltungschef, Bürgermeister Peter Todeskino. Als Vorbild könne möglicherweise ein ganz ähnliches Projekt in der Partnerstadt Brest an der französischen Atlantikküste dienen.
"Ich war ja bass erstaunt, als ich bei meinem letzten Besuch erfahren habe, dass die eine Seilbahn bauen – für 18 Millionen Euro – von der Innenstadt zu einem Veranstaltungszentrum über das Wasser hinweg. Die bauen das einfach und reden nicht so lange drüber."
So weit ist man in Kiel noch lange nicht – bisher existiert nicht mehr als das Planspiel der vier Fachhochschulstudenten und ihres Professors Peter Franke. Der hat von den beiden größten Herstellern solcher Seilbahnen inzwischen ein starkes Interesse an einer Realisierung des Projekts signalisiert bekommen – da ist sogar die Rede von Investoren, die möglicherweise für die Baukosten aufkommen wollen.
Kiel als ideales Umfeld für eine Seilbahn
"Einer der Hersteller sagte sogar, Kiel wäre für ihn auf der Landkarte sofort als ein ideales Umfeld für eine Seilbahn erschienen – wir haben zudem auch positives Echo aus der Politik erhalten …"
… das allerdings, bei genauem Hinhören, doch eher sehr vorsichtig formuliert wird. Klar, prüfen könne man so was ja mal, meint z.B. SPD-Ratsmitglied Achim Heinrichs. Vor allem die späteren Folgekosten für Betrieb und Unterhalt einer solchen Seilbahn dürfe man aber nicht aus den Augen verlieren.
"Wenn die Prüfergebnisse tatsächlich sagen: Jawohl, das ist etwas, was zu absehbaren Kosten für die Stadt darstellbar ist, dann kann ich mir vorstellen, dass man so was tatsächlich dann auch zulässt. Aber es setzt halt wirklich voraus, dass dadurch nicht zusätzliche große Löcher in den Haushalt gerissen werden."
Jede Menge "wenn" und "dann" – und "aber", kein Wunder bei dem Schuldenberg von mehr als einer halben Milliarde Euro, den die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt bereits aufgehäuft hat. Angesichts dieser Summen dürfte es nicht ganz einfach werden, den Traum von einer Seilbahn über die Kieler Förde zu realisieren.