Neu im Kino "Pinocchio"

Originell und intensiv erzählt

Guillermo del Toros Pinocchio
Auch Guillermo del Toros Pinocchio ist eine herzensgute Holzpuppe. Aber die Grundstimmung in der Adaption ist düster und bedrohlich. © Netflix
Von Jörg Taszman · 23.11.2022
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Guillermo del Toros Pinocchio ist anders. Der Meisterregisseur lässt die Geschichte des Holzjungen im faschistischen Italien unter Mussolini spielen. Der Anti-Disney-Film ist eine sehenswerte Adaption, meint unser Kritiker, aber eher für Erwachsene.

Worum geht es?

Die bekannte Geschichte um den kleinen Holzjungen Pinocchio, der ein echter Junge werden möchte und seinem Schöpfer und Vater, dem Schreiner Geppetto, viel Kummer bereitet, wird diesmal etwas anders erzählt.

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Guillermo del Toro lässt die Geschichte im faschistischen Italien unter Mussolini spielen. Der alleinerziehende Vater Geppetto verliert zu Beginn bei einem Bombenangriff seinen geliebten Sohn und wird zu einem Trinker und Misanthropen. Im Suff schnitzt er dann eher zufällig Pinocchio.

Was ist das Besondere?

Sowohl stilistisch also auch inhaltlich hat der mexikanische Meisterregisseur Guillermo del Toro mit seiner Version einen Anti-Disney-Animationsfilm in der Stop-Motion-Technik geschaffen. Pinocchio ist hier eine herzensgute Holzpuppe, Geppetto oftmals ein verbitterter, bösartiger Mann, der erst durch die Liebe Pinocchios seine Vaterrolle findet.

Guillermo del Toros Pinocchio
USA 2022
Regie: Guillermo del Toro, Mark Gustafson  
Länge: 114 Minuten
Jetzt im Kino und ab Dezember bei Netflix

Viele der klassischen Figuren aus der literarischen Vorlage von Carlo Collodi, die 1881 erstmals erschien, tauchen hier nicht auf. Es gibt keinen Kater und keinen Fuchs. Dafür heißt dann der heimtückische Feuerfresser nicht mehr Mangiafuoco, sondern Volpe (deutsch: Fuchs). Und aus den vergnügungssüchtigen Jungs im Land der Spielereien, die zu Eseln werden, macht del Toro verblendete Kindersoldaten, die fanatisch für den Duce kämpfen.

Bewertung

Zu Beginn ist noch vieles gewöhnungsbedürftig. Im Original stört man sich durchaus am amerikanischen und britischen Englisch der Protagonisten, wenn doch die gesamte Geschichte in Italien spielt. Auch die erfundene Figur des leibhaftigen Sohn Geppettos, der dramaturgisch geopfert wird, muss nicht sein. Dennoch gewinnt der Film nach der ersten halben Stunde zunehmend an Kraft und Intensität.
Die Grundstimmung ist düster und bedrohlich, die Stop-Motion-Animation setzt auf fantasievolle Monsterwesen, wie den schrecklichen Wal, der alles verschlingt, und auch als politische Parabel funktioniert diese durchaus originelle und am Ende auch sehenswerte Adaption. Gewiss kein Kinderfilm, sondern ein vielschichtiges, fantasievolles Werk für Erwachsene.
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