Pinkwart fordert Hochschulsonderprogramm

Andreas Pinkwart im Gespräch mit Nana Brink |
Vor dem heutigen Bildungsgipfel zwischen Bund und Ländern hat der nordrhein-westfälische Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) konkrete Zusagen des Bundes über eine höhere Beteiligung an den Ausgaben für Bildung gefordert.
Nana Brink: Der Studentenprotest ist noch nicht verhallt und die Bundesregierung lädt heute zu einem Bildungsgipfel mit den Ländern nach Berlin. Und natürlich geht es ums Geld. Wir erinnern uns, 2008, auf dem letzten Bildungsgipfel, hatten Bund und Länder vereinbart, bis 2015 exakt zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Bildung und Forschung auszugeben. Das klingt erst mal gut, aber woher kommt das Geld – immerhin rund 282 Milliarden Euro –, wer zahlt es und wohin soll es fließen? Am Telefon ist jetzt Andreas Pinkwart, FDP-Bundesvorsitzender und Wissenschaftsminister in Nordrhein-Westfalen. Schönen guten Morgen, Herr Pinkwart!

Andreas Pinkwart: Ja, guten Morgen!

Brink: Sie haben zum heutigen Bildungsgipfel im Kanzleramt einen Brief an Bundeskanzlerin Merkel geschrieben. Was steht da drin?

Pinkwart: Ja, ich habe dort noch mal bekräftigt, dass wir, wenn wir es mit dem Bologna-Prozess ernst meinen und mit den Zusagen, die wir den Studierenden gegeben haben, auch die KMK zusammen mit der Hochschulrektorenkonferenz, dann müssen wir neben der Verbesserung der Studiengänge, wie wir es verabredet haben, auch die Qualität durch mehr Personal in den Hochschulen erhöhen. Und ich habe ganz konkret vorgeschlagen, dass wir ein Hochschulsonderprogramm auflegen, das vom Bund stark mit finanziert wird, um in den nächsten zehn Jahren 5000 zusätzliche Wissenschaftlerstellen an den Hochschulen schaffen zu können, denn dadurch könnten wir die Betreuungsrelation verbessern, und das käme unmittelbar den Studierenden zugute.

Brink: Sie fordern also mehr Geld vom Bund?

Pinkwart: Mehr Geld vom Bund auch, die Länder müssen sich entsprechend mit beteiligen, das ist keine Frage, aber ich denke, gerade beim Bologna-Prozess ist der Gesamtstaat gefordert. Bund und Länder haben Anfang dieses Jahrzehnts Bologna eingeführt, aber leider dabei vergessen, den Hochschulen auch die zusätzliche personelle Ausstattung mit auf den Weg zu geben.

Brink: Das wundert mich etwas, aber die FDP ist doch für Subventionskürzungen, für Steuererleichterungen, es gibt das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, was ja jetzt am Freitag auch im Bundesrat verabschiedet werden soll – 8,5 Milliarden Entlastung für Familien, Erben, Unternehmen und Hoteliers. Und dann soll auch noch Geld da sein für die Bildung? Das ist doch eigentlich nicht Politik der FDP?

Pinkwart: Ja, absolut ist das Politik der FDP. Wir haben zwei Ziele, die wir in der Koalition in Berlin verabredet haben, und zwar Ziele, die wir in Nordrhein-Westfalen seit Jahren jetzt hier auch mit Erfolg auch umsetzen. Das ist nämlich das eine, dass wir die Bürgerinnen und Bürger, gerade auch den Mittelstand, wo immer möglich entlasten, damit auch Wachstum möglich ist durch Investitionen, und das Zweite ist, dass wir kräftig in Bildung, Forschung und Technologie investieren wollen, denn ohne Bildung und Innovation werden wir unseren Wohlstand auf Dauer nicht sichern können.

Das sind für mich zwei Seiten ein und derselben Medaille, und das heißt natürlich, dass in allen anderen Politikfeldern viel mehr auch gespart werden muss, damit wir diese Prioritäten zugunsten der Bürger und zugunsten von Bildung und Forschung setzen können.

Brink: Aber die Bundesregierung hat ja schon milliardenschwere Hilfen angeboten, jetzt erst kürzlich wieder die Erhöhung des BAföG oder die Unterstützung für die Hochschulen. Ist das zu wenig?

Pinkwart: Ja, das gehört ja mit in das Gesamtpaket hinein. Sie haben gesagt, es geht um die Erfüllung des Zehn-Prozent-Ziels. Wenn wir das ernst meinen bis 2015, dann werden wir in einer Größenordnung von um die 25 Milliarden Euro zusätzlich investieren müssen, Bund, Länder, Private und Wirtschaft mehr tun müssen für Bildung. Dann ist ja die Frage, wer engagiert sich in welchem Umfange? Länder und Kommunen tragen heute zwei Drittel aller Bildungsausgaben in unserem Land, der Bund knapp zehn Prozent. Hier ist es sachgerecht, wenn der Bund seinen Anteil erhöht, um diese Lücke auch schließen zu können. Und darüber brauchen wir heute konkrete Verabredungen, und wir brauchen zum Zweiten konkrete Verabredungen, was mit dem Geld geschehen soll.

Und da müssen wir zum einen die Hochschulen, die Schulen stärken, wir müssen mehr für die Sprachförderung in unserem Land tun, damit wir Chancengerechtigkeit am Start für alle Kinder in unserem Land erreichen, und wir müssen was bei der Bildungs-, Studienfinanzierung tun, neben dem BAföG braucht Deutschland endlich ein leistungsfähiges Stipendiensystem.

Brink: Also Sie fordern konkrete Ergebnisse vom Bildungsgipfel. Sind das die konkreten Projekte, die Sie gerade angesprochen haben?

Pinkwart: Das sind die konkreten Projekte, die im Zentrum stehen, auf die sich Bund und Länder auch gemeinsam im Rahmen der Bildungspartnerschaft, die wir ja anstreben, auch verständigen könnten. Wichtig ist, dass wir jetzt nicht nur eine Finanzzusage bekommen, dass der Bund den Ländern irgendwie entgegenkommen will, ohne dass sich im Gegenzug die Länder auf konkrete Maßnahmen verpflichten würden, denn sonst würden wir nur linke Tasche, rechte Tasche machen …

Brink: Ja, aber hat sich denn Nordrhein-Westfalen schon bereit erklärt, auch als Land mehr zu investieren in die Bildung?

Pinkwart: Ja, das haben wir, wir haben das sogar schon in unseren mittelfristigen Finanzplan einen erheblichen weiteren Aufwuchs drin. Wir haben von 2005 aus bis heute den Anteil der Bildungsausgaben im Landeshaushalt von 36 auf 40,5 Prozent erhöht, wir geben pro Kopf der Bevölkerung von allen Bundesländern das meiste in Deutschland für Bildung schon heute aus. Und wir wollen das weiter steigern, weil wir wissen, dass die einzige Chance, die wir haben, um unseren Wohlstand, unsere Arbeitsplätze in der Welt auch verteidigen zu können.

50 Prozent des Wohlstandes verdienen wir auf den internationalen Märkten. Die anderen Länder strengen sich auch enorm an. Wenn wir hier nicht besser werden, dann wird auf Dauer unser Land ärmer, und das wollen wir nicht.

Brink: Andreas Pinkwart, FDP-Wissenschaftsminister in Nordrhein-Westfalen. Und wir sprachen mit ihm über den heutigen Bildungsgipfel im Kanzleramt.