Physiker Behrooz Bayat über das Ende des Atomabkommens

Die Iraner werden leiden

Donald Trump mit der Erklärung zum Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran.
Donald Trump mit der Erklärung zum Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran. © Evan Vucci/AP/dpa
Von Behrooz Bayat · 11.05.2018
Vor fünf Jahren hatte er noch Hoffnungen, jetzt ist der iranische Physiker Behrooz Bayat empört: Denn mit einem lauten Knall hat Donald Trump am Dienstag 13 Jahre diplomatischer Anstrengung zunichte gemacht, die den Iran davon abhielten eine Atombombe zu bauen.
Ja, ich bin empört, nicht weil die Blütenträume vom "Ende einer Feindschaft", die ich vor fünf Jahren im Rahmen hier formulierte, nicht wahr wurden. Nein, ich bin empört, weil es nach wie vor Staatsmänner gibt, die aufgrund hegemonialer Gelüste ganze Landstriche in Schutt und Asche zu legen bereit sind und damit Millionen Menschen ins Elend und in den Tod treiben.

Super-Mullah versus Super-Geschäftsmann

Ein die eigenen Bürger entrechtender Super-Mullah schickt sich an, die Seele der "Entrechteten der Erde" zu streicheln, indem er vorgeblich das Ende des israelischen Staates kommen sieht.
Und auf der anderen Seite steht ein vertragsbrecherischer Super-Geschäftsmann, der auf Biegen und Brechen liefern will, was er seiner Klientel versprochen hat und dazu gehören auch die despotischen aber spendablen Saudis und sein seelenverwandter Freund Netanyahu.

Gemeinsam gießen sie Öl ins Feuer

Was für eine wunderbare Welt: Der Supergeschäftsmann und der Supermullah tun sich zusammen, um gemeinsam Öl in das bereits lodernde Höllenfeuer des Mittleren Ostens zu gießen; übrigens, ein Feuer, das der Vor-Vorgänger des Ersteren entfacht hat. Und sie merken es nicht einmal, dass sie eine gemeinsame Sache betreiben.

Das Abkommen war wirksam

Nun, was hat die Atom-Vereinbarung geleistet? Sie hat alle denkbaren Wege Irans zur Atombombe wirksam versperrt, in dem sie sämtliche Aktivitäten abgestuft bis 2040 einer strikten Kontrolle der Atombehörde unterworfen hat. Das Abkommen hat ferner die Entstehung eines neuen Krieges unterbunden, den freien Fall der iranischen Wirtschaft abgebremst und verhindert, dass der Mittlere Osten noch weiter im Chaos versinkt.
Der Atom-Deal hätte sehr wohl den Anfang vom Ende einer großen Feindschaft markieren können. Auch der Super-Mullah hätte das sehen können. Aber er hat sich nur an den Text gehalten und die Botschaft dahinter nicht verstehen wollen. Warum hat er die ausgesteckte Hand vom Obama nicht ergriffen? Weil das einen Paradigmenwechsel in seiner Außenpolitik erfordert hätte.

Das korrupte Regime wird gefestigt werden

Auch im Iran wollten maßgebliche Kräfte samt eines kryptischen Ayatollah Khamenei den Deal nicht. Sie befürchten den Verlust der Macht durch den Verlust des Feindes.
Vertragsbruch ist jetzt vollzogen. Trump hat den Deal aufgekündigt, um ihn zu zerstören. Seine Absicht scheint ein Regime Change im Iran zu sein. Der wird nicht kommen. Im Gegenteil, einstweilen wird das taumelnde korrupte Regime eher gefestigt werden.
Und was ist mit den Bürgern Irans? Sie werden so oder so leiden. Wenn der Plan von Trump aufgeht, wird es katastrophal. Aber, wenn das Regime im Deal bleibt und von der EU tatkräftig unterstützt wird, dann wäre das Leid geringer und eine Lösung näher. Iran braucht ein Paradigmenwechsel und die EU ist gefordert, eine historische Aufgabe zu übernehmen.

Dr. Behrooz Bayat, geboren in Iran, studierte Physik an den Universitäten Teheran, Frankfurt am Main und Marburg. Nach Promotion und Forschungstätigkeit arbeitete er zuletzt als Qualitätsmanager in der Industrie. Als freiberuflicher Berater war er zeitweilig auch für die Internationale Atomenergiebehörde in Wien tätig. In seinen Publikationen setzt er sich u.a. mit der Nuklearpolitik des Iran auseinander. Er engagiert sich auch politisch für eine säkulare und demokratische Republik sowie in den iranischen Menschenrechtsgruppen.

© privat
Mehr zum Thema