Philosophin über Gut und Böse in der Politik

"Trump ist dreist, Johnson bestenfalls frivol"

07:30 Minuten
US-Präsident Donald Trump und der damalige britische Außenminister Boris Johnson
Sowohl Trump, als auch Johnson kokettierten mit dem Begriff des Ehrenmannes, erklärt die Philosophin Bettina Stangneth. © imago images / Xinhua
Bettina Stangneth im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 26.09.2019
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Ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump, eine Niederlage vor Gericht für Johnson: Das freut Anhänger der liberalen Demokratie. Ist das der simple Wunsch nach einem Sieg des Guten über das Böse? Die Philosophin Bettina Stangneth erklärt.
In der so genannten "Ukraine-Affäre" wollen die US-Demokraten ein mögliches Verfahren zur Amtsenthebung Donald Trumps vorantreiben. In Großbritannien hat das höchste Gericht entschieden, dass die von Premier Boris Johnson verhängte Zwangspause gegen das Unterhaus unrechtmäßig war. Im Spaß vieler Demokraten an derartigen Niederlagen erkennt die Philosophin Bettina Stangneth Schadenfreude. Man habe das Gefühl, dass es die Richtigen erwische:
"Zu sehen, dass jemand einfach nicht mehr mit allem durchkommt, auch wenn er das höchste Amt der Welt oder eines der höchsten Ämter der Welt innehat, das ist eine Hoffnung, die wir einfach brauchen, weil wir sonst nicht weitergehen können."

Gewählte Politiker als Waffen gegen ein System

Allerdings: Ein Teil der Wähler sei offenbar der Meinung, "dass wir solche Menschen brauchen, die kein Musterbeispiel für Anständigkeit" seien. "Denn auch ihre Anhänger sagen offen, dass man sie vielleicht nicht unbedingt zum Kaffee einladen möchte, sondern dass man sie unterstützt, weil sie dreist sind. Man wählt sie sozusagen als Waffen gegen ein System, vielleicht auch zur Unterhaltung. Aber sicher nicht für pragmatische Politik."
Donald Trump spreche selbst gern von Gut und Böse, weil es auf eine seltsame Weise harmlos klinge, meint Stangneth:
"Wenn man von Gut und Böse redet, ist man im Bereich der Moral und nicht in dem der Justiz. Man kann mehr sagen – und ich warne immer davor, Trump zu unterschätzen. Er ist ein erstaunlich kluger Mann, der genau weiß, was man sagen kann und was man nicht sagen kann. Und wenn ich jemandem vorwerfe, dass er eine Straftat begangen hat, ist das etwas anderes, als wenn ich jemandem vorwerfe, dass er sich moralisch verfehlt hat. Insofern erlaubt das Reden von Gut und Böse, wenn jemand es tut, der nun so viel Macht selber hat, eine größere Freiheit, andere anzugreifen."

Kokettieren mit dem Begriff des Ehrenmannes

Sowohl Trump, als auch Johnson kokettierten mit dem Begriff des Ehrenmannes, so die Philosophin: "dass sie ja eigentlich das Gute im Sinn haben, und dafür das Böse tun". Es sei lustig, wenn sich "solche Leute" rechtfertigten:
"Trump sagt ja gerne, es sei eine Hexenjagd, die man veranstaltet. Ich wüsste nicht, dass er das arme, unterprivilegierte Kräuterweibchen ist. Das ist schon ein bisschen sehr dreist. Und das, was jetzt Boris Johnson macht, indem er offen zeigt, dass er Gerichtsentscheidungen nicht respektiert, das ist ja bestenfalls frivol zu nennen."
(bth)
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