Philosoph

Immer den Mut, selbst zu denken

Porträt des Philosophen, Kulturkritikers und Publizisten Ludwig Marcuse, aufgenommen 1969.
Der Philosoph, Kulturkritiker und Publizist Ludwig Marcuse. © picture alliance / dpa / Gerhard Rauchwetter
Von Renate Eichmeier · 08.02.2014
Ludwig Marcuse wurde 1894 in das Berliner Großbürgertum hineingeboren. Umgeben von einer jüdischen Großfamilie erlebte er eine unbeschwerte Kindheit - ein eigenwilliger Kronprinz, dem große Freiheiten zugestanden wurden. Der Erste Weltkrieg zerstörte dieses Idyll.
Nach dem Ersten Weltkrieg starb Marcuses Vater, das Vermögen verschwand in den Krisen der 20er-Jahre. "Was wird man, wenn man nicht gelernt hat zu parieren? Freier Schriftsteller!" Ludwig Marcuse schrieb Theaterkritiken und Essays, philosophische Bücher über Glück und Unglück, Porträts, Polemiken, Biografien übet Heinrich Heine, Ignatius von Loyola, Richard Wagner, Ludwig Börne ... und auch zwei Autobiografien: Erstaunlich ehrlich behandelt er seine Stoffe inklusive sich selbst, eigensinnig im besten Sinne des Wortes.
Er war einer, der sich den Mut, selbst zu denken, nicht nehmen ließ, nicht von Freunden oder Feinden, nicht von Ideologien und Religionen, nicht von gesellschaftlichen Konventionen, dem sogenannten Zeitgeist oder politischen Notwendigkeiten. So sind spannende Werke voller provokanter Erkenntnisse und brillanter Aphorismen entstanden. 1933 floh er vor den Nazis zunächst nach Frankreich und dann weiter in die USA, wo er am Pazifik eine neue Heimat fand - wie viele seiner Freunde: Lion Feuchtwanger, Alfred Döblin, Erika Mann, die Sängerin Fritzi Massary ... Nicht ganz freiwillig kehrte er 1962 nach Deutschland zurück, aber heimisch wurde er nicht mehr in diesem Land.