Christoph Türcke: "Digitale Gefolgschaft. Auf dem Weg in eine neue Stammesgesellschaft"
C.H.Beck Verlag, München 2019
251 Seiten, 16,95 Euro
Alle werden genötigt, in der digitalen Welt mitzumachen
Der Philosoph Christoph Türcke beschreibt die digitale Welt in seinem neuen Buch als riesigen Dschungel. Folgt man der Analyse, befinden wir uns auf dem Weg zurück in die Stammesgesellschaft. Und wer nicht mitmacht, bleibt einfach draußen.
Mit dem Phänomen des digitalen Schwarms setzt sich der Philosoph Christoph Türcke in seinem neuen Buch auseinander - und warnt vor dem Weg in eine neue Stammesgesellschaft.
Der Dschungel wird von den großen Plattformen strukturiert
Der emeritierte Professor für Philosophie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig sagte im Deutschlandfunk Kultur, die digitale Welt sei kein Reich der Demokratie, sondern inzwischen ein "Riesen-Dschungel". Dieser werde von den großen Plattformen wie Facebook, Google oder Twitter strukturiert.
"Diese Plattformen nehmen zunehmend so etwas wie die Gestalt großer Clans an", sagte Türcke. In den Clans bildeten sich Gefolgschaften, sogenannte "Follower".
Wer da nicht dabei sei, bleibe draußen, sagte Türcke. Alle würden auf diese Weise genötigt, mitzumachen. Türcke verwies unter anderem auf das Beispiel des Grünen-Politikers Robert Habeck und die heftigen Reaktionen auf dessen Ankündigung, sich aus den sozialen Medien zurück zu ziehen.
Ungeheurer Sog und Suchtverhältnisse
Er selbst habe das Privileg, sich entziehen zu können, sagte der 70-jährige frühere Professor. "Ich bin nicht bei Facebook, ich habe keinen Twitteraccount", sagte er. "Ich habe E-Mail, und damit komme ich glänzend aus." Anderen gehe es wohl ähnlich, niemand müsse ein WhatsApp-Gruppe gründen. Zugleich gebe es aber auch einen ungeheuren Sog, dem schwer zu begegnen sei. Türcke sprach in diesem Zusammenhang von "Suchtverhältnissen" und einer "suchtbasierten Gefolgschaft".
(gem)