Qualität und Kosten der Pflege
Wie gut ist die Qualität eines Pflegeheims? Die meisten Bundesländer halten Infomationen darüber unter Verschluss, kritisierte die Bertelsmann Stiftung. © picture alliance / dpa / Bernd Weißbrod
„Wir müssen über die große Pflegereform reden“
08:48 Minuten
Die finanziellen Belastungen für Pflegebedürftige sind immer noch sehr hoch, kritisiert der Pflegeexperte Stefan Werner. Es gebe zwar seit Jahresbeginn durch die kleine Pflegereform mehr Unterstützung für Betroffene, aber die reiche nicht aus.
Die meisten Bundesländer informieren nicht über die Qualität von Pflegeheimen, kritisiert die Bertelsmann-Stiftung. Über die Qualität von Pflegeeinrichtungen gibt es in Deutschland durchaus Transparenz, entgegnet Stefan Werner, Referent für Pflegemangement in der Keppler-Stiftung Sindelfingen sowie Vizevorstand des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe.
Das Prüfsystem, das über das Pflegeversicherungsgesetz festgelegt sei, habe einheitliche Kriterien, mit denen alle Pflegeheime und auch ambulante Pflegedienste untersucht würden. Verbraucher können die Ergebnisse „transparent und für alle vergleichbar“ auf den Webseiten der Pflegekassen herunterladen.
Die Bertelsmann-Stiftung habe sich mit ihrer Kritik auf die Prüfungen der Heimaufsichten bezogen. Das Problem ist laut Werner hier, dass deren Prüfberichte in jedem Landkreis anders aussehen und völlig andere Inhalte haben. Als Verbraucher könne man daher einen Prüfbericht aus einem Landkreis nicht richtig mit dem aus einem anderen Landkreis vergleichen.
Prüfberichte und Mund-zu-Mund-Propaganda nutzen
Bei der Suche nach einem geeigneten Pflegeheim rät der Experte, sich die Prüfberichte der Pflegekassen anzusehen und daneben die Einrichtungen zu befragen sowie die Mund-zu-Mund-Propaganda im eigenen Umfeld zu nutzen. Das sei „die beste Methode“.
Die Prüfberichte könne man auf den Webseiten der Pflegekassen herunterladen. So habe etwa die AOK einen „ziemlich ausgefeilten Pflegeheimnavigator“. Seit letztem Jahr müssen die Prüfberichte unter anderem auch weiche Faktoren enthalten wie die Entfernung zur nächsten Bushaltestelle.
Checkliste, wie sie Verbraucherzentrale oder das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) veröffentlicht haben, sind laut Werner weniger geeignet. Das Problem sei, dass jedem Betroffenen andere Aspekte bei der Betreuung wichtig seien.
Hohe finanzielle Belastungen der Pflegebedürftigen
Als problematisch bewertet Werner aktuell die hohen finanziellen Belastungen der Pflegebedürftigen. Trotz der deutlichen Unterstützungen für Betroffene, die zum 1.1.2022 in Kraft getreten seien, seien die Pflegeheimkosten „weiterhin sehr, sehr hoch.“
Die kleine Pflegereform der alten Bundesregierung habe zwar „ein kleines Pflaster auf die Wunde geklebt, aber das ist noch lange nicht alles, was die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen brauchen“, sagt Werner.
Über die Finanzierung müsse dringend gesprochen werden. „Momentan haben wir die Situation, dass ein Heim, das mehr Personal zum Einsatz bringt, auch von den Bewohnern mehr Geld verlangen muss“, so Werner. „Wenn wir von einem Aufbau an Personal reden, dann müssen wir wirklich über die große Pflegereform reden, nämlich: Wer bezahlt diesen Mehraufwand?“
(tmk)