Pflanzenkunde

Feige, Apfel, Zimt und Myrrhe

Feigenbaum mit Früchten, aufgenommen in Frankfurt am Main
Feigen reifen an einem kleinen Feigenbaum (Ficus carica). © picture-alliance / dpa / Beate Schleep
Von Eva Wolk · 08.02.2014
Ungefähr 110 Pflanzen, Bäume und Büsche werden in der Bibel erwähnt. Wer sich mit ihnen beschäftigt, erfährt spannende Dinge – zum Beispiel bei einer Führung durch den Botanischen Garten in Köln.
Der arme Apfel: So eine leckere, gesunde Frucht – und so ein mieses Image bei den Christen. Weiß ja jeder, dass wir alle heute noch im Paradies leben könnten, hätte Eva bloß die Finger davon gelassen.
"Aber es ist gar nicht so sicher, dass es sich dabei um den Apfel gehandelt hat. In der Bibel steht nur von einem 'Baum der Erkenntnis, des Lebens, der in der Mitte des Paradieses stand. Ja, und dann kam die Schlange. Die sagte nämlich der Eva: Was der liebe Gott dir gesagt hat, stimmt ja gar nicht – wenn du von dem Apfel isst, wirst du wie Gott. – Und wie die Geschichte weiterging, wissen wir ja."
Walter Werner vom Kölner Förderkreis Botanischer Garten macht mit seinen kundigen Führungen über "Die Pflanzen der Bibel" Leute wie mich schlauer, die noch nicht wussten, dass kein Apfel-, sondern ein Feigenbaum die erste in der Bibel namentlich genannte Pflanze ist. Denn seine Blätter kamen ja gleich nach dem Sündenfall von Adam und Eva zum Einsatz:
"Ihr Vergehen hatte nämlich mit sich gebracht, dass sie erkannten, dass sie nackt waren. Und ja, und Sie sehen, die Blätter sind groß genug – da kann man Einiges mit abdecken." (Gelächter)
Erläuterungen am lebenden Objekt
Apfel- und Feigenbaum kennen noch die meisten der rund 30 Teilnehmer, die sich an diesem Sonntagnachmittag am lebenden Objekt erläutern lassen wollen, welche symbolische und praktische Bedeutung die Pflanzen der Bibel haben. Wie ein Zimtbaum aussieht, weiß nicht jeder: Die Blätter des kleinen, immergrünen Baums sind anfangs rot – das schützt sie vor UV-Strahlung. Das Gewürz gewinnt man aus dem Inneren von Borke und Rinde. Der Duft von Zimt ist aber noch intensiver als der Geschmack.
"Eine Stelle in der Bibel berichtet (hörbares Schmunzeln) von den 'leichten Mädchen', die die Juden auch hatten. Was machten die? Sie bestreuten die Betten für ihre Freier mit Zimt und Aloe, damit es auch wirklich angenehm duftete."
Auch bei vielen anderen in der Bibel genannten Pflanzen geht es um den Duft, den man daraus gewinnen kann – wie bei Weihrauch und Myrrhe. Beides sind Baumharze. Weihrauch wird bereits im 2. Buch Mose als heiliges Räuchermittel erwähnt, auch Myrrhe duftete schon in den Heiligtümern des alten Ägypten und in biblischen Tempeln.
Weiter geht´s entlang der Kieswege des Kölner Botanischen Gartens, bis Walter Werner vor dem nächsten Gewächs der Bibel stehen bleibt und geduldig wartet, bis sich alle um ihn herum gruppiert haben:
"Vorhin haben wir schon die Myrrhe besprochen – hier steht ein Gewächs, das einen ähnlichen Namen hat, aber was ganz Anderes ist: Die Myrte. Es ist `ne wunderschöne Blüte dran, und bei der Hochzeit trugen die Frauen häufig einen Myrtenstrauch. Ja, ich weiß nicht, ob die Männer damit bezaubert werden sollten."
Kann gut sein. Die Myrte hat seit undenklichen Zeiten ihren Platz bei religiösen und weltlichen Ritualen. Im alten Persien schürten die Priester die Opferfeuer damit, nach der griechischen Mythologie war sie die heilige Pflanze von Aphrodite und Venus – Göttinnen der Liebe und der Schönheit. Die Römer verehrten in der Myrte den Liebesgott Amor. Und auch im Buch Jesaja wird die Pflanze erwähnt. Dort tröstet Jahwe das verschleppte Volk Israel mit den Worten: "Ich will die Wüste besetzen mit Cedern, Akazien, Myrten- und Ölbäumen".
Als Nächstes bleibt Werner vor einem Baum stehen, der eine attraktive Erscheinung und einen unattraktiven Namen hat. Der steht so allerdings nicht in der Bibel, sondern ist der Legende geschuldet:
"Das ist der Judasbaum. Der blüht im Frühjahr wunderbar – so hellrote, ins Violette gehende Blüten. Das Interessante ist, dass diese roten Blüten direkt am Stamm wachsen. Es soll der Baum sein, an dem sich Judas aufgehängt hat. Sie kennen ja die Geschichte: Judas hat den Herrn und Meister verraten. Und er hat dafür 30 Silberlinge bekommen. Und diese 30 Silberlinge, die werden auch hier durch die Blätter symbolisiert, die sind nämlich fast kreisrund."
Mit Witz und Anekdoten
Walter Werner, unverkennbar Rheinländer, führt die Gruppe weiter durch den Botanischen Garten und garniert seinen kompetenten Vortrag mit Witz und Anekdoten. Sein Publikum befühlt Baumwolle und Getreidearten, sieht große Brennnessel-Büsche und Granatapfelbäume, erkennt die Papyruspflanze und die Libanon-Zeder, lauscht Informationen über die Dattelpalme und die Linsenpflanze.
Nach eineinhalb Stunden sind alle in der Gruppe randvoll mit Eindrücken – und neuem Wissen:
"Ich kannte auch die meisten Pflanzen, muss aber sagen, dass ich mir eigentlich die Gedanken so nicht gemacht hab´. Die Wohlgerüche Arabiens in der Bibel wiederzufinden, dass der Geruch eine solche Rolle gespielt hat, das hab´ ich nicht gewusst."
"Es war einfach so schön, die Pflanzen zu sehen in Verbindung mit dem, was man so an Ideen hat. Die vielen wunderbaren Lobpreisungen der Geliebten im Hohelied – alles das ist ja immer mit Düften und Farben verbunden, und hier konnte man´s mal sehen."
Natürlich kann man die Pflanzen der Bibel auch in anderen botanischen Gärten in Deutschland finden. Und wer Lust hat, sie dort auf eigene Faust zu erkunden: Das gleichnamige Büchlein von Klaus Dobat ersetzt zwar keine Führung in rheinischer Mundart. Führt aber wirklich alle betreffenden Gewächse auf und nennt auch die Stellen, wo genau sie im Buch der Bücher erwähnt werden.

Literaturtipp:
Klaus Dobat: "Pflanzen der Bibel", erschienen im Primus Verlag, 176 Seiten, 19,90 Euro

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