Peter Engelmann

"Theorie ist Befreiung"

Peter Engelmann
Peter Engelmann: Denken, um die Verhältnisse zu verbessern © dpa picture alliance/ Uwe Zucchi
Moderation: Ulrike Timm · 19.07.2017
Vom Stasi-Häftling zum Verleger: Als Philosophiestudent in Ostberlin wird Peter Engelmann verhaftet. Später, in Frankreich, lernt er Michel Foucault kennen. Um ihn und andere französische Denker bekannter zu machen, gründet Engelmann den Passagen Verlag.
Wer in einem Stasi-Gefängnis gesessen hat, weil ihm Republikflucht unterstellt wurde, blickt vermutlich danach anders auf die marxistische Linke in der BRD. So war das zumindest bei Peter Engelmann. Als Philosophiestudent in Ostberlin konnte und wollte er sich dem totalitären Denken in der DDR nicht unterordnen. Den Glauben an eine bessere Welt verlor er dennoch nicht:
"Auch wenn ich gecrasht bin mit dem System, heißt das nicht, dass ich die Leitideen einer gerechteren, sozialeren, freieren Gesellschaft – komischerweise war das ja auch ein Anspruch – damit vergessen hätte oder abgelegt hätte. Im Gegenteil, die sind für mich Leitlinien geblieben, allerdings mit dem Wissen jetzt, dass in dem System nichts aus ihnen werden kann."

Freundschaft mit Michel Foucault

Später, freigekauft in den Westen, lebte Peter Engelmann in Frankreich, wo er sich mit dem Philosophen Michel Foucault anfreundete und von Jacques Derrida inspiriert wurde.
"Die französische Gesellschaft hat eine Achtung für Kultur und eine Achtung für Philosophie und für den Diskurs. Das wirkt sich eben so aus, dass dort immer wieder neue Ideen hervorgebracht werden. Das ist ein lebendiges intellektuelles Klima. Das haben wir bei uns in der Weise nicht".
Um seine liebsten französischen Denker im deutschen Sprachraum bekannt zu machen, zog er nach Wien um und gründete dort den Passagen Verlag, der bis heute erfolgreich ist.
"Das, was der Verlag bezweckt, das hat er erreicht. Nämlich dieses Denken, was in Frankreich entwickelt wurde, ein kritisches linkes Denken, was aber nicht traditionell marxistisch ist, einfach in die Diskussion zu bringen."

Gedankliche Welten gegen die Enge

Und dabei geht es dem Philosophen und ehemaligen Stasi-Häftling Peter Engelmann immer wieder um die Freiheit:
"Theorie ist Befreiung, im doppelten Sinne natürlich. Die Theorie ist Befreiung, weil sie in engen Verhältnissen den Geist wegführt und uns gedankliche Welten, in denen wir uns aufhalten können, liefert. Aber sie ist auch Befreiung in dem Sinne, dass sie uns hilft, Verhältnisse der Unfreiheit zu verbessern, zu bekämpfen und sie zu verbessern."
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