Zum Tod von Peter Bogdanovich

Im Dialog mit der Filmgeschichte

06:48 Minuten
Schwarzweißporträt des Filmemachers Peter Bogdanovich
Der Filmemacher und Filmkritiker Peter Bogdanovich, hier zu sehen in Orson Welles' Film "The Other Side of the Wind" © Netflix / Everett Collection
Patrick Wellinski im Gespräch mit Britta Bürger · 06.01.2022
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Mit seinem Gespür für Orte und Tempo schuf Peter Bogdanovich Meisterwerke wie "Paper Moon". Der Regisseur habe den Amerikanern gezeigt, dass Film auch Kunst ist, sagt der Kritiker Patrick Wellinski. Jetzt ist Bogdanovich 82-jährig gestorben.
Peter Bogdanovich gilt als einer der bedeutenden Filmregisseure und Filmhistoriker. Mit Meisterwerken wie „Paper Moon“ (1973) und „Die letzte Vorstellung“ (1971) wurde er bekannt, als Filmkritiker hat er wichtige Interviews mit legendären Regisseuren, etwa Fritz Lang, hinterlassen. Jetzt ist der US-Amerikaner mit 82 Jahren in Los Angeles gestorben.
Die Schauspieler Ryan und Tatum O'Neal sitzen vor einem Auto der 30er-Jahre
Einer von Bogdanovichs Erfolgen: "Paper Moon" (1973) mit Ryan und Tatum O'Neal© imago images/Mary Evans
Zu Anfang seiner Karriere betätigt sich Bogdanovich als Filmkritiker: Er entwickelt sich zu einer mächtigen und bekannten Stimme in den USA. Seine wichtigsten Texte sehen die amerikanischen Spielfilme der 1930er- und 40er-Jahre als Inbegriff des amerikanischen Kinos.

Vom Kritiker zum Regisseur

Er macht Regisseure wie John Ford und Fritz Lang als Visionäre bekannt – und wird selbst zum Regisseur, wie Filmkritiker Patrick Wellinski erläutert:
„Geholfen hat ihm dabei der legendäre Produzent Roger Corman, der ihm seinen ersten Job am Set an einem seiner Filme gab. Und so kam es, dass der Autodidakt seinen ersten Film machte – 1968 war das „Targets“.“

Peter Bogdanovich sei für ihn ein Vorbild, sagt der Berliner-Schule-Regisseur Christoph Hochhäusler. Bogdanovichs Filme drehten sich um „das Vorbeisein“, um die Vergangenheit des Kinos – oft melancholisch, „aber immer nah an den Menschen, ein ausgesprochener Schauspiel-Regisseur“.

Als mindestens so wertvoll wie Bogdanovichs filmisches Werk bewertet Hochhäusler dessen journalistische Arbeit. Mit seinem Gespür, Menschen Dinge zu entlocken, seien wichtige Interviews entstanden, etwa mit bedeutenden Regisseuren wie John Ford und Alfred Hitchcock. Diese seien auch in einem seiner Bücher, der Interviewsammlung „Who the Devil Made It“, nachzulesen.

Magie in die Gegenwart holen

Bogdanovics Filme kann man als Erweiterung seines filmhistorischen Wissens bezeichnen, findet Wellinski. Dabei tritt Bogdanovic mit seinen Filmen immer in den Dialog mit der Filmgeschichte, ohne sie übertrumpfen zu wollen: „Er will diese Magie in seine eigene Gegenwart holen und das war eine Zeit, in der Amerika erst langsam begriffen hat, dass Film auch Kunst sein kann.“
Szene aus "Die letzte Vorstellung" mit dem Schauspieler Jeff Bridges und Cybill Shepherd
"Die letzte Vorstellung" (1971) von Bogdanovich gilt als einer der wichtigsten und einflussreichsten Filme des amerikanischen Kinos© imago images / BSS Production / Columbia Pictures
Dass sich die Filmwissenschaft etabliert und die Erkenntnis, dass Film auch Kunst sein kann, auch dafür steht Bogdanovichs Arbeit.

Gespür für Orte und Tempo

Die Figuren seiner Filme liebt und schätzt er, „wie wir das im europäischen Kino von einem Jean Renoir zum Beispiel kennen“, weiß Wellinski.
„Wenn das Material richtig war, die Besetzung stimmte und das Budget robust kalkuliert war, dann konnte er wahre Wunder vollbringen mit seinem Gespür für Orte, für Tempo. Damit war er wirklich einer der wichtigen amerikanischen Regisseure der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.“
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