„The Fantasy Life Of Poetry And Crime“

Peter Doherty mit neuem Album, verheiratet und clean

07:30 Minuten
Pete Doherty mit einer Schiebermütze auf der Bühne. Sein Gesicht wird von einem Bühnenscheinwerfer rötlich angestahlt.
Im Leben von Pete Doherty hat sich seit den skandalösen Nullerjahren einiges verändert, zum Beispiel nennt er sich inzwischen Peter. © Getty Images / Redferns / Roberto Ricciuti
Von Juliane Reil · 18.03.2022
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Peter Dohertys Drogeneskapaden lieferten dem Boulevard einst skandalträchtige Schlagzeilen. Mittlerweile lässt es der britische Rockmusiker deutlich ruhiger angehen. Jetzt ist sein neues Album erschienen - eine Hommage an Musik der Sechziger.
Blass, korpulent, vollständig ergraut, aber guter Dinge: Rein äußerlich wirkt Peter Doherty älter, als der 43-Jährige eigentlich ist. Drogenexzesse und Abstürze über viele Jahre liegen hinter ihm. Es ist ein Wunder, dass er noch lebt. Denn man konnte dem Frontmann der Libertines lange dabei zusehen, wie er kaputt ging. Auf der Konzertbühne und jenseits davon:
„Die Libertines-Tour endete Weihnachten 2019 – damals kam ich hierher zurück und bin erstmal zusammengebrochen. Ich bin immer noch dabei, mich davon zu erholen. Seit damals hat sich viel geändert. Ich habe den harten Drogen abgeschworen, unter denen ich für so viele Jahre sozial, psychisch und physisch begraben lag.“
Mit „hierher“ meint Doherty ein Haus in einem kleinen Ort in der Normandie. Dort traf er auch den französischen Produzenten und Songwriter Frederic Ló. Bis jetzt hat er vor allem mit französischen Bands gearbeitet. „Er saß da und spielte Gitarre, ein kleines Riff“, erzählt Doherty. „‘Ist das Simon & Garfunkel?‘, fragte ich, und er sagte: ‚Nein, das ist nur eine Songidee, ich habe noch keinen Text.‘“ Doherty schlug vor, etwas darauf zu texten. Aus dem einen Song wurden zwei, drei – und schließlich ein Album.

Leichtigkeit und Melancholie

„The Fantasy Life Of Poetry And Crime“ heißt es. Zwölf kurze Kompositionen sind zu hören. Die Stücke sind handwerklich gut gemacht. Das Songwriting klassisch-konventionell, was dem Ganzen eine stark nostalgische Note verleiht.
Weiche Streicher, fette Bläser, süßliches Glockenspiel und elegantes Cembalo unterstreichen diesen Eindruck. Die Arrangements erinnern in ihrer Opulenz an englische Rockmusik der späten 1960er-Jahre, etwa von The Who oder den Kinks, die damals mehr nach Pop als nach Rock klangen. Dreckige Gitarren sind nicht zu hören.

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Die hochpolierten Arrangements von Frederic Ló stehen im Kontrast zum Gesang und zum Image von Peter Doherty. Genau das macht die Sache interessant. Dohertys Attitüde ist Punk. Bis jetzt war er der Junkie, das Enfant terrible des Pop, das mit Bukowski-Charme darüber sang, wie beschissen das Leben ist.
Auch auf dem neuen Album ist seine Performance glaubwürdig. Mit einer Stimme, die manchmal brüchig, manchmal krächzend klingt. Die Leichtigkeit in der Musik trifft auf melancholische Texte. Wie bei „You Can’t Keep It From Me Forever“ – Du kannst es mir nicht für immer wegnehmen.

Auf Tour mit dem neuen Album

Er wisse nicht mehr genau, wie er zu dem Songtext kam, sagt Doherty, der sich nun „Peter“ statt wie ehemals nur „Pete“ nennt. Aber er habe damals über seine alten Gewohnheiten nachgedacht. „Frederic lernte mich erst kennen, nachdem ich mit dem Heroin aufgehört hatte. Er sagte: ‚Das ist toll, bleib' bloß clean.‘ Und ich dachte damals ‚No, You Can’t Keep It From Me Forever‘. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich rückfällig werde.“ Aber er sei immer noch clean und denke nicht an Drogen. „Außerdem ist das eine kurze, griffige Zeile.”

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Die Platte „The Fantasy Life Of Poetry And Crime“ ist eine Hommage an den englischen Rock der 60er-Jahre. Unter der Oberfläche ist es ein zutiefst melancholisches Album, bei dem jedoch auch Optimismus durchschimmert. Doherty hat geheiratet, es geht ihm besser. Die Pandemie habe ihm beim Entzug geholfen, sagt er. Die Angst, rückfällig zu werden, hat er trotzdem. Gleichzeitig freut er sich aber auch, mit dem neuen Album auf Tour zu gehen.
Im letzten Song des Albums singt er, dass die Bühne mit dem wilden Publikum davor der einzig richtige Ort für ihn sei. Vielleicht war das früher mal so. Heute stimmt es nicht mehr. Er habe sich zwischendurch nach der Konzertmenge gesehnt. „Aber, um ehrlich zu sein, ich genieße die Einsamkeit und den Frieden auf dem Land“, so Doherty. „Die Bühne ist also nicht mehr der einzige Ort, wo ich hingehöre.“

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