"Paw Patrol" im Kino

Ein Kinderfilm als autoritäre Propaganda?

08:00 Minuten
Zeichentrickwelpen posieren als Ordnungskräfte
Welpen als Ordungskräfte - und die Frauen tragen Pink: "Paw Patrol" wird scharf kritisiert. © Imago/Zuma Press/Paramount Pictures
Robert Rotifer im Gespräch mit Christine Watty · 19.08.2021
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Im Animationsfilm "Paw Patrol" sind Welpen als Ordnungskräfte tätig. Hinter diesem niedlichen Schein verstecke sich die neoliberale Ideologie, wettert ein britischer Kritiker. Damit macht er es sich zu leicht, meint unser London-Korrespondent.
Niedlich animierte Welpen, die als Polizisten, Feuerwehrleute oder Müllmänner für den geregelten Ablauf der Dinge sorgen - ein typischer Kinderfilmstoff, zu sehen aktuell im neuen Animationsfilm "Paw Patrol". Kann daran wirklich etwas Schlimmes sein? Ein Kritiker der britischen Tageszeitung "The Guardian" meinte jedenfalls vor Kurzem, dass dieser Film den Kindern "autoritäre neoliberale Propaganda" mit dem Löffel verabreiche.

Kritik nicht völlig abwegig

Unser London-Korrespondent Robert Rotifer findet die Kritik zwar nicht völlig abwegig, aber die Lage stelle sich doch etwas komplizierter dar. Politisch eindeutig lasse sich der Film keineswegs zuordnen. So erzählt der Film davon, wie die Welpen einer von sich selbst ziemlich überzeugten Politikerfigur entgegentreten, die unschwer als Trump-Karikatur zu erkennen ist.
Dass die tierischen Kämpfer für die gute Sache augenzwinkernd über ihr Hi-Tech-Equipment sagen, dass es mit dem Verkauf von Merchandise finanziert sei, hält Rotifer allerdings schon für "schamlos", da die Filmproduktionsgesellschaft auch selbst das Spielzeug zum Film herstellt. "Die Botschaft vermittelt das also: Nicht der Staat, sondern das private Unternehmertum rettet die Welt".
Auch verfolge der Film "ganz eindeutig ein neoliberales Weltbild, nicht zuletzt in der Geschichte des Hundes Chase: Der droht eine Zeitlang an seiner Berufung zu scheitern, bekommt dann aber eine Selbstmotivationslektion verabreicht: Du kannst es schaffen, wenn du nur fest genug an dich glaubst."

Ein diverser, bunter Neoliberalismus

Der "Guardian"-Kritiker, der dem Film unter anderem auch "Genderessenzialismus" vorwirft, weil eine weibliche Figur vor allem mit pinken Accessoires gekennzeichnet ist, erwähne auch zum Beispiel nicht, dass der Film sehr um Diversität bemüht ist:
"Überall Menschen mit verschiedenen Hautfarben und Körperformen, und die positive Rolle der hyperintelligenten Wissenschaftlerin spielt zum Beispiel eine schwarze Frau. Das heißt: Es ist ein bunter Neoliberalismus. Und dass die Wissenschaftlerin die Gute ist, das hat ja in Covid-Zeiten auch seine starke Bedeutung."

Film und Eltern unterschätzen die Kinder

Alles in allem winkt Rotifer eher ab: Hinter der Auffassung, dass das junge Publikum sich von einem Film ohne weiteres manipulieren lasse, stecke doch vor allem die Arroganz von Erwachsenen gegenüber Kindern.
"Ich bin selbst mit rückblickend sehr reaktionären Disney-Filmen aufgewachsen und konnte mir dabei meinen kritischen Zugang wahren, vielleicht ihn sogar nähren, indem man früh begreifen lernt, dass man Filmen nicht trauen kann", erklärt er.
Viel schlimmer wiege sowieso: Während Filmstudios wie Pixar zu ihren Glanzzeiten mit ihren Animationsfilmen immer auch die Eltern im Kinosaal unterhalten wollten, zeige "Paw Patrol" keinerlei Ambitionen mehr, "durch satirischen Subtext zu unterhalten. Das Skript ist zum großen Teil humorlos. Ich glaube, dass das eigentlich auch die Kinder in ihrem Humor unterschätzt."
(thg)
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