Paul Simon wird 80

Verschmitztheit, Trophäen und ein ungelöster Konflikt

06:10 Minuten
Paul Simon mit Gitarre auf der Bühne, während des "Global Citizen: The World On Stage" Konzertes in New York City, 2016.
Nach der Auflösung der Band Simon & Garfunkel startete Paul Simon eine erfolgreiche Solokarriere. © AFP / Getty Images / Theo Wargo
Von Goetz Steeger · 13.10.2021
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Simon & Garfunkel gehören mit ihrem zweistimmigen Harmoniegesang zu den bekanntesten Musikern der 1960er-Jahre. Dann trennte man sich im Streit. Paul Simon, Autor aller Songs der Band, feierte als Solokünstler Erfolge. Er hat einen konkreten Wunsch.
"Scarborough Fair", "I Am A Rock", "Homeward Bound", "Cecilia", "The Boxer": Songs von Simon & Garfunkel aus den 60ern, die jeder kennt. Das könnte so noch eine ganze Weile weitergehen – dabei sind die größten Erfolge noch gar nicht dabei.
Bis auf den traditional "Scarborough Fair" stammen sie allesamt aus der Feder von Paul Simon, der schon mit 13 anfing, die ersten eigenen Songs zu schreiben. Zunächst waren das Imitationen zum Beispiel der Everly Brothers, wie er bei einem Interview für "Music Vault" erzählte.
Die erste Single von Paul Simon und seinem Schulkumpel Art Garfunkel, beide waren 15 und nannten sich "Tom & Jerry: Hey Schoolgirl".
1957 war das. Später machte Paul Simon noch seinen High-School-Abschluss und studierte anschließend englische Literatur. Aber gleichzeitig war er eigentlich längst ein Profimusiker mit wechselnden Künstlernamen wie John Landis oder Paul Kane und hatte den einen oder anderen kleinen Hit.
Dann formierte sich Anfang der 60er die Folkszene im New Yorker Stadtteil Greenwich Village mit ihrem politischen Selbstverständnis. Simon & Garfunkel, wie sie sich jetzt nannten, waren mittendrin und sangen jetzt auch über andere Dinge, wenn auch nicht explizit politisch.
Man schrieb über die Realität des Alltags und über seine Sicht der Welt. "Wednesday Morning, 3 AM", Simon & Garfunkels Debut aus dem Jahre 1964, enthielt noch ein paar Coverversionen zum Beispiel von Dylans "The Times They Are a-changin‘", aber auch "The Sounds Of Silence" war auf dem Album.
Zumindest ein paar Radiostationen spielten den Song, Anlass genug für Produzent Tom Wilson auf eigene Faust die Band von Bob Dylan, mit der er gerade aufnahm, noch mal dazu spielen zu lassen. Diese Folk-Rock-Version von "The Sounds Of Silence" ging dann durch die Decke.
Gekürt zum Song des Jahres wurde zwei Jahre später "Mrs. Robinson" – legendärer Soundtrack zum damals anzüglich-provokanten Film "Die Reifeprüfung". Simon & Garfunkel auf der Höhe ihres Schaffens anno 1968.

Frieden schließen vor dem Tod

Bei aller zweistimmigen Harmonie trennte man sich 1970 im Streit. "Bridge Over Troubled Water", das vorläufig letzte gemeinsame Album, sehr aufwendig produziert, brach alle Verkaufsrekorde.
In den 70er-Jahren entwickelte Paul Simon als Solokünstler eine Verschmitztheit in seinen Songs, gerade bei Beziehungsthemen; in ihrer Selbstironie Woody Allen nicht unähnlich, bei dessen Film "Der Stadtneurotiker" er auch eine kleine Rolle hatte. Simons eigener Film "One Trick Pony" wurde allerdings ein Flop.
"50 Ways To Leave Your Lover" performten Simon & Garfunkel 1981 im Central Park, beim Reunion-Konzert mit einer halben Million Zuschauerinnen und Zuschauern. Die Zweisamkeit dauerte nicht lange, man ging wieder getrennter Wege. Dasselbe passierte noch mal im Jahre 2003: Nach der gemeinsamen "Old Friends"-Tour trennte man sich wieder im Streit.
Bei seiner Dankesrede in der Hall Of Fame sagte Paul Simon, er hoffe, dass sie Frieden schließen können, bevor sie sterben – fügt dann aber noch hinzu: "... keine Eile".

Musical nur mäßig erfolgreich

Sein größter Soloerfolg war das Album "Graceland" im Jahre 1986, unter anderem mit südafrikanischen Musikerinnen und Musikern eingespielt. Auch als Broadway-Autor hat er sich versucht. Das Musical "The Capeman" war allerdings nur mäßig erfolgreich.
2018 gab er bekannt, in den Ruhestand zu gehen. Beim letzten Konzert in Queens, dem New Yorker Stadtteil, in dem er aufgewachsen ist, wurde er von Menschen jedweden Alters gefeiert.
Trophäen und Anerkennung – daran mangelt es Paul Simon nicht. Frieden schließen mit dem alten Weggefährten – vielleicht ist die Zeit mit 80 dafür ja gekommen, wer weiß.
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