Parteipolitiker und Filmexperte

Von Margarete Limberg |
Der neue Kulturstaatsminister ist ein gestandener Parteipolitiker, gilt als Pragmatiker, als Strippenzieher mit untrüglichem Machtgespür – ist also das Gegenbild zu seinen drei Vorgängern, die alle Seiteneinsteiger und der Kulturszene eng verbunden waren.
63 Jahre alt ist der studierte Lehrer Neumann – für ihn keineswegs ein Hindernis für eine neue Karriere, wie er vor seiner Berufung betonte:

" Ich bin doch im besten Alter, bin fit, verfüge über beträchtliche Erfahrung und dass kann Angela Merkel nur nützlich sein. Junge Leute haben wir genug. Wir brauchen gesunde Mischung, und ich stelle eben den anderen Teil dar der Mischung."

Neumann blickt auf eine lange Laufbahn in der CDU zurück. Seit 1975 ist er Mitglied des Bundesvorstands, seit 1979 Landesvorsitzender der Bremer CDU und damit der am längsten amtierende Landesvorsitzende in der Bundesrepublik. Ihm vor allem kommt das Verdienst zu, die Christdemokraten der Hansestadt aus der ewigen Nische heraus – und in die große Koalition mit der SPD hineingeführt zu haben. Zu Zeiten Kohls war er parlamentarischer Staatssekretär im Bildungs- und Forschungsministerium, und dem Altkanzler blieb er selbst auf dem Höhepunkt der Spendenaffäre treu.

Gleichwohl gehörte Neumann in den letzten Jahren zu den Stützen Angela Merkels, zählte zur Riege ihrer unauffälligen Helfer auf dem Weg nach ganz oben. Neumann agierte zwar eher im Hintergrund, das Rampenlicht suchte er nicht, aber an Einfluss und Selbstbewusstsein mangelte es ihm nie.

Neumann: " Ich persönlich hab einen langen politischen Lebensweg. Ich habe fast alles gemacht. Man muss sehen, wenn es irgendwie Veränderungen gibt, dann muss man sich die Frage stellen, hast du Lust dazu. Ich bin immer ehrgeizig, aber dieser bezieht sich auf den Einfluss und die Sache, weniger auf die Ämter."

Für sein neues Amt bringt Bernd Neumann beträchtliche kulturpolitische Erfahrung mit. Er war Obmann der Union im Ausschuss für Kultur und Medien, seit vielen Jahren ist er der Medienfachmann von CDU und CSU. In Anhörungen fiel er durch ebenso hartnäckige wie kenntnisreiche Nachfragen auf, seine Bundestagskollegen lud er häufiger zur Vorbesichtigung besonders umstrittener Filme ein wie "Der Untergang" oder "Die Passion Christi". Die deutsche Filmwirtschaft schätzt den Experten als Gesprächspartner, weil er die Bedeutung des Films als Wirtschaftsfaktor begriffen hat.

Neumann hat sich bisher nicht als Theater-, Kunst- oder Literaturliebhaber öffentlich präsentiert. Man weiß allerdings, dass er als Film- und Filmförderungsexperte Hunderte von Drehbüchern gelesen hat. Noch bevor er in sein neues Amt berufen wurde, hat er übrigens den kulturpolitischen Teil des Koalitionsvertrages heftig gegen die Behauptung des Deutschen Kulturrates verteidigt, das Amt des Kulturstaatsministers werde ausgehöhlt. Die Bundesregierung, so versprach er, werde vielmehr ein stabiler und verlässlicher Partner der Kulturszene sein. Das Echo auf seine Berufung ist in der Kulturszene überwiegend positiv. Dass ein professioneller Politiker das Amt übernimmt, weckt offenbar erhebliche Erwartungen an seine Durchsetzungsfähigkeit.

Das Gespräch zum Thema mit dem Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, über die Erwartungen an den neuen Kulturstaatsminister finden Sie in der rechten Spalte als Audio.