Helmut Kohl läuft durch Bonn
Regie: Markus Heinzelmann
Uraufführung am Theater Bonn
Kalte Kohlauer
Helmut Kohl, der Kanzler der Einheit, ist viel verspottet worden. Dennoch ist seine historische Bedeutung unbestritten. Das Autorenduo Jakob Nolte und Michel Decar macht ihn nun zur Hauptfigur einer Trashrevue am Theater Bonn.
Wie heißt das Ganze nun? "Helmut Kohl läuft durch Bonn. Oder Stahl, Wald, Benzin. Oder der Bomber von Oggersheim." Sechs Schauspieler suchen einen Titel. Wie das Stück über Helmut Kohl nun heißen soll, bleibt bis zum Ende der zweistündigen Uraufführung unentschieden. Selten gab es das Wort "oder" so häufig an einem Theaterabend. Die Titelsuche zeigt die Unentschiedenheit, mit der sich das Autorenduo Nolte Decar dem Politiker nähert. Eine Haltung oder eine Handlung gibt es nicht. Elemente aus Kohls Leben werden wahllos herausgegriffen und ins Absurde verfremdet.
Dabei zitieren und plündern Nolte und Decar die Film- und Theatergeschichte. Gleich zu Beginn bilden Kohl und seine Söhne einen Sprechchor, der Text erinnert an Shakespeares "König Lear". Das Land von König Kohl soll verteilt werden.
Helmut Kohl hatte zwei Söhne, auf der Bühne sind es drei. Der Grund? Damit Nolte und Decar einen Witz machen können. Denn ein Sohn bekommt Westdeutschland, der zweite Ostdeutschland. Für den fiktiven dritten bleibt das Sauerland übrig. Er beschwert sich: "Nur das Sauerland." Der Sprechchor bestätigt: "Ja, nur das Saarland."
Ein aufgeblähter Studentenulk
Saarland, Sauerland – mit etwas Mühe mag man da einen Hinweis auf die oft parodierten Sprachfehler Helmut Kohls vermuten. Ein Dauerfeuer furchtbar schlechter Wortwitze prasselt auf die Zuschauer nieder, kalte Kohlauer. In einer Mafiaszene betritt Bonn Corleone die Bühne, Hannelore ist eine Nonne, die sich von Helmut entführen lässt.
Als furiose Nonsensrevue könnte man sich den inhaltsleeren Text vielleicht noch vorstellen. Aber Regisseur Markus Heinzelmann lässt sein Schauspielersextett Im nüchternen Proberaum einer Band zwischen Schlagzeug und Kaffeemaschine vor sich hin spielen. Ein bisschen Singen, ein bisschen Tanzen, etwas Akrobatik, viele Insiderscherze, auch mal ein Live-Video – vielleicht soll die Aufführung eine Parodie auf das postdramatische Theater sein. Doch dazu ist sie zu schlampig und geistlos inszeniert, ein aufgeblähter Studentenulk.
Kohl bleibt ein Phantom, eine Witzfigur. Die Internetsuchmaschine hat anscheinend das Denken ersetzt. Dieses Stück ist komplett unpolitisch, langweilig, überflüssig.