Parlamentswahl

Wie gefährlich sind Polens Neorassisten?

Marian Kowalski, Vorsitzender der Partei "Nationale Bewegung", hetzt auf einer Veranstaltung in Warschau gegen Flüchtlinge.
Marian Kowalski, Vorsitzender der Partei "Nationale Bewegung", hetzt auf einer Veranstaltung in Warschau gegen Flüchtlinge. © picture alliance / dpa / Jerzy Dabrowski
Von Henryk Jarczyk · 22.10.2015
Kurz vor den Parlamentswahlen in Polen buhlen rechtsradikale Kräfte um Aufmerksamkeit. Die Extremnationalisten haben zwar keine Chancen ins Parlament einzuziehen - trotzdem haben ihre Parolen auch politische Auswirkungen.
"Gott, Ehre, Vaterland" - brüllt die Menge und: "Polen nur den Polen!"
Noch hält sich die Zahl sogenannter Antiislamdemonstrationen in Grenzen. Noch ist die Gruppe jener, die da in polnischen Städten fremdenfeindliche Parolen skandiert, recht überschaubar. Doch der Ton wird zunehmend rauer:
"Die Deutschen wollen ihr Problem auf unsere Kosten loswerden. Diese wahnsinnige Nation, die ihre demografischen Probleme auf den Bahnrampen löst, will uns wieder einmal in eine Diskussion um angebliche polnische Konzentrationslager verwickeln. Wir werden uns nicht reinlegen lassen."
So klingt es, wenn rechtsradikale Kräfte in Polen um Aufmerksamkeit buhlen. Marian Kowalski, Vorsitzender der Partei "Nationale Bewegung", ist einer von ihnen. Seine Botschaft lautet: Flüchtlinge wollten gar nicht nach Polen, sondern würden dazu von den Deutschen gezwungen und die liberalkonservative Regierung von Ewa Kopacz mache da einfach mit. Höchste Zeit also sie und ihre Minister in die politische Wüste zu schicken.
"Diese Banditen aus der Bürgerplattform dienen Berlin mit dem Eifer eines Lagerkapos. Statt im Parlament zu sitzen, gehören sie ins Gefängnis. Und die Premierministerin sowie ihre Parlamentspräsidentin müssten eigentlich mit kahlgeschorenen Köpfen beschämt die Straßen entlang gehen."
Ganz ohne politische Wirkung bleiben ihre Parolen nicht
Am 25. Oktober wird in Polen gewählt - Chancen ins Parlament einzuziehen haben Kowalski und andere Extremnationalisten zwar nicht. Doch ganz ohne politische Wirkung bleiben ihre Parolen und Demonstrationen auch nicht. Nutznießer der hier losgetretenen Diskussion dürfte in erster Linie die Erzkonservative Partei "Recht und Gerechtigkeit" sein.
Sollte sie die Wahlen gewinnen, meint die polnische Journalsitin Magdalena Piekarska, dann könnte es in Polen recht ungemütlich werden:
"Ich denke, es könnte sogar zu einer Radikalisierung bestimmter Positionen kommen. Gleichzeitig würde diese Haltung eine gewisse Legitimation erhalten, im Namen der Mehrheit sprechen zu dürfen. Es besteht die Gefahr, dass die Stimme am rechten Rand, zu einer offiziellen Stimme Polens werden könnte."
Ein Trend, dem Intellektuelle in Polen mit einer Antihass-Kampagne begegnen wollen. Beata Chmiel hat die Initiative mitentwickelt:
"Meinungsfreiheit ist zwar sehr wichtig, aber sie ist kein absoluter Wert. Wir dürfen nicht vergessen, dass Worte verletzen manchmal gar tödliche Wirkung haben. Und dass man mit Hassparolen Menschen aus der Gesellschaft ausschließt."
"Ich schäme mich für unsere Politiker"
Eine gutgemeinte Aktion, die Resonanz ist indes eher dürftig. Bislang zumindest. Dementsprechend groß sei auch die Sorge, dass Polen nach den Wahlen einen gewaltigen Rechtsruck erfahren könnte, sagt Krzysztof Mieszkowski, Direktor des renomierten Teatr Polski:
"Dieser Neorassismus nimmt eine ziemlich bedrohliche Form an. Er gefährdet unsere Demokratie. Ich schäme mich für unsere Politiker, die solche Neigungen zeigen. Das ist sehr gefährlich."
Eine denkbar düstere Prognose, ob sie wirklich berechtigt ist, bleibt dahin gestellt. Fest steht nur: die liberalkonservative Regierung verliert in Wählerumfragen zunehmend an Sympathie, was am rechten Rand der Gesellschaft mit entsprechender Genugtuung registriert wird.
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