Parlamentswahl in Grönland

Unabhängigkeit dank Klimawandel?

Abenddämmerung in Kulusuk, Grönland.
Abenddämmerung in Kulusuk, Grönland. © imago/Westend61
Tobias Etzold im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 24.04.2018
Grönland will unabhängig werden. Die finanzielle Grundlage dafür sollen Rohstoffe liefern, die unter dem Eis vermutet werden. Doch weil dem Land Know-how und Kapazitäten für den Abbau fehlen, drohen neue Abhängigkeiten, meint der Politologe Tobias Etzold.
Große Koalition - in Grönland heißt das: Sozialdemokraten und Sozialisten. Und diese Parteien werden voraussichtlich auch nach der Wahl am heutigen Dienstag wieder die Regierung stellen.
"Es sieht im Prinzip wieder nach einer Fortsetzung der großen Koalition der beiden größeren Parteien mit noch einem kleineren Partner aus", sagt Tobias Etzold, Projektleiter des Research Center Norden (RENOR) bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, im Deutschlandfunk Kultur.

Grönland hängt nach wie vor am dänischen Tropf

Ein Thema im Wahlkampf war auch in diesem Jahr wieder die endgültige Unabhängigkeit von Dänemark: Grönland hat seit 1979 Selbstverwaltung und ist seit 2009 weitgehend autonom. Die einstige Kolonialmacht Dänemark bestimmt aber immer noch die Außen- und Verteidigungspolitik der größten Insel der Welt. Und sie finanziert Grönland zum großen Teil: Die jährlichen Überweisungen aus Kopenhagen von umgerechnet etwa 500 Millionen Euro machen gut die Hälfte der Gesamteinnahmen Grönlands aus.
Zu sehen ist eine Luftaufnahme des Grönländischen Eisschilds aus dem Jahr 2014.
Grönlands Eis schmilzt - für die Fischer eine Katastrophe, für das Land insgesamt eine große Chance.© imago / Westend61
Diese finanzielle Abhängigkeit ist das größte Hindernis für die endgültige Loslösung Grönlands von Dänemark, die sich ein großer Teil der Bevölkerung wünsche, meint Etzold. "Aber es gibt auch skeptische Stimmen, die sagen: Ja, grundsätzlich sollen oder wollen wir irgendwann unabhängig werden, aber im Moment ist der Zeitpunkt noch zu früh."

Grönland fehlen die Kapazitäten für den Rohstoffabbau

Zunächst müssten die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Unabhängigkeit geschaffen werden. "Und eine Grundlage wäre eben der Rohstoffabbau, der Mineralabbau. Grönland ist reich an Ressourcen, die allerdings im Moment noch kaum zugänglich sind."
Durch den Klimawandel und die damit verbundene Eisschmelze könnte sich das bald ändern. Doch da Grönland weder über ausreichende Kapazitäten noch über ausreichendes Know-how verfüge, sei man auf internationale Partner angewiesen. Hier bringe sich auch China ins Spiel. Doch dadurch droht auch neue Abhängigkeit: "Gerade die vernünftigen Stimmen, die sagen: Unabhängigkeit ist im Moment noch zu früh, mit genau aus dem Grund, dass man sich nicht zu früh in die Abhängigkeit von jemand anderem begibt."
Auch die derzeitige Regierung will den Ressourcenabbau langsam, Schritt für Schritt entwickeln. "Es gibt bereits eine Eisenerzmine, die in Betrieb ist, dass man eben kleine und mit kleineren Projekten anfängt und dann je nachdem, wann dann mehr zugänglich wird, das dann steigert", so Etzold.
(uko)
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