Parkfußball

Von Thomas Ratzke |
Der Winter ist vorbei und schon füllen sich die Parks wieder mit scheinbar wild zusammengewürfelten Fußballteams. Sonnenhungrige fühlen sich gestört und das Gartenbauamt sät alljährlich neuen Rasen, wohl wissend, dass dieser bald wieder von Stollenschuhen malträtiert wird.
Sonntagnachmittag in einem Park einer beliebigen deutschen Gr0ßstadt. Gut 20 mehr oder weniger junge Männer jagen dem Ball nach. Für den Außenstehenden ist nur schwer erkennbar, wer hier eigentlich gegen wen spielt, einheitliche Trikots gibt es nicht. Und auch das Alter der Freizeitkicker schwankt immens, irgendwo zwischen Anfang 20 und jenseits der 40.

Jan: "Montags schon freu ich mich auf den Sonntag, bei mir ist das die ganze Woche. Der Fußball im Park ist schon ein Highlight der Woche. Das war auch ziemlich das erste was ich gemacht habe als ich nach Berlin gekommen bin. Hab mir erst mal die Parks angeschaut und Leute gefragt, die spielen. Darüber habe ich auch viele Leute kennen gelernt mit denen ich auch noch zu tun hab. "

Bernd: "Und ich hatte damals das Glück, dass es nicht nur Leute waren mit denen man eben Fußball gespielt hat, sondern mit denen man sich eben auch irgendwann auch privat gut verstanden hat. Und vor allem hat man auch schon mal ein Thema über das man reden kann. "

Jan und Bernd sind zwei typische Parkfußballer, die in ihrer Jugend im Verein gespielt haben, aber auch ohne Trainer und Schiedsrichter ihren Sport nicht missen wollen. Und ganz nebenbei scheint im Parkfußball möglich, was sonst nur selten klappt. Beim Fußball lösen sich die gesellschaftliche Hierarchien von selbst auf.

Bernd: "Ich glaube, was die Leute machen, wo die herkommen ist wirklich unwichtig, ich hab alle Berufs- und Altersgruppen da fast schon miterlebt im Park. ... Ich hab auch schon mit Leuten gespielt, die eben 60 sind, im Ruhestand oder ob die jetzt arbeitslos sind. (...) Es ist einfach die gesamte Palette und das einzig verbindende ist der Spaß am Fußball .... dass man im Park spielt ohne diese Vereinsstrukturen. "

Fritz: "Wir spielen mit Afrikanern, mit Südamerikanern, wir hatten Engländer, Griechen und Italiener... vom Lehrling bis hin zu dem Doktoranden ist schlicht und ergreifend in der Tat alles dabei. Und das funktioniert. "

Sagt Friedrich Wolf. Der 39-jährige Rechtsanwalt, jagt seit mehr als 15 Jahren sonntags im Park dem Ball nach.

Jan: " Das ist halt so nen gesunder Kompromiss, also, ich spiele immer um zu gewinnen, aber man muss nicht alles dransetzen, nicht alle Register ziehen, so wie im Verein vielleicht. "

Bernd: "Das ist auch einer der größten Vorteile beim Parkfußball, dass es tendenziell so etwas fast wie ein ungeschriebenes Gesetz gibt, dass man sich nicht eben umgrätscht oder dass man sich nicht umhaut. "

Die nahende Fußballweltmeisterschaft in Deutschland 2006 versucht auch die Straßen- und Parkkicker in ihre Imagekampagne einzubeziehen. Fußball, oder neudeutsch Soccer ist hip und wie bei jeder Trendsportart versuchen die Sportartikelhersteller neue Märkte zu erreichen. Mit mehr oder weniger großen Erfolg bei den Freizeitkickern.

Jan: " Eigentlich sehe ich fast niemanden, der neuere Klamotten anhat. Das sind alles Second Hand-Sachen, alte T-Shirts, farblich abgepasst spielt auch keiner. Das gab’s halt schon immer. "

Bernd: "Ansonsten, wenn es zu trendy wird nervt es mich persönlich natürlich schon. Man kann auch im Park, das klingt jetzt vielleicht komisch, nen richtig tolles Tor schießen, an das man sich auch Jahre noch erinnert. "

Aus den eigenen Reihen hat der eigentlich unorganisierte Freizeitfußball seit Ende 2004 ein weiteres Forum bekommen. Bolzen nennt sich eine bundesweit erscheinende Zeitschrift, die dem völlig ungeregeltem Freizeitfußball zumindest sporadisch organisatorisch unter die Arme greifen will.

Kaduk: "Es gibt offenbar eine große Nachfrage nach unorganisiertem Fußball, wo sich einfach acht Leute treffen und am Wochenende oder nach der Arbeit gegen den Ball treten wollen. Und ich glaube in der großen und umfangreichen Form gab es das früher nicht. Ich glaube nicht, dass Bolzen versucht den Freizeitfußball zu organisieren, wir bieten nur ein Podium, wo sich das Chaos nen bisschen bündeln kann. "

Meint Ronald Kaduk, selbst aktiver Freizeitkicker und Berlin-Redakteur des Bolzen.

Auch wenn sich das Älterwerden sonntäglich beim Fußball im Grünen ignorieren lässt, die Biologie lässt sich nicht täuschen. Längst sind die Fußball-Stars im Fernsehen deutlich jünger als viele der Parkfußballer.

Bernd: " Horror-Erlebnis war der Kreuzbandriss ... wo man sich dann überlegt, ob man mit Fußball ganz aufhört (...) Dann tritt man einmal irgendwann wieder gegen Ball und dann ist alles wieder wie früher (...) Das geht glaub ich ner ganzen Menge Leute so, die im Park mit lauter kleinen Wehwehchen auflaufen …"

Neben Verletzungen aller Art droht auch den großen Jungs im Park irgendwann das Ende der aktiven Laufbahn und damit auch der Abschied vom letzten Stück Jugend.

Fritz: "Nen bisschen ist das Gefühl in der Tat so, dass man sich manchmal fragt, warum man eigentlich noch als Oldie da wie ein Kind dem Ball hinterher jagt. ... Wenn ich das irgendwann mal aus Altersgründen aufgeben muss ... hätte es was von Altwerden. "