Para-Biathletin Clara Klug

"Es geht darum, Inklusion in den Alltag einzubauen"

32:38 Minuten
Clara Klug trägt ein graues Poloshirt, steht vor einem hellgrauen Hintergrund und lächelt in die Kamera.
Freude auf Peking: Clara Klug trainiert für die Paralympischen Spiele im kommenden Jahr. © Bayerische Bereitschaftspolizei
Moderation: Katrin Heise · 08.11.2021
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Sie rast auf Skiern die Loipe entlang, trifft beim Schießen mit beeindruckender Präzision und holt eine Medaille nach der anderen. Die sehbehinderte Clara Klug gehört zur Weltspitze im Para-Biathlon. Dahinter steckt viel Training und Disziplin.
Als Biathletin muss Clara Klug es schaffen, nach der Anstrengung der langen Skistrecken mit hohem Tempo ganz schnell eine ruhige Hand zu bekommen, um beim Schießen keine Fehler zu machen. "Mein Schießtrainer würde sagen, Atmen ist das Geheimnis. Es geht darum, den Atem möglichst schnell zu beruhigen. Da hat jeder seine ganz eigene Technik."
Damit sie als Sportlerin mit Sehbehinderung das Ziel auch trifft, werden ihr akustische Zeichen gegeben:
"Über Kopfhörer gibt es Tonsignale, je nachdem, wo man mit der Waffe hinzielt. Der äußerste Radius auf der Zielscheibe hat einen sehr tiefen Ton und das Zentrum einen sehr hohen. Dann gilt es, den höchsten Ton anzuvisieren und abzudrücken."
Geschossen wird mit dem Lasergewehr auf eine elektronische Zielscheibe.

Akustische Streckenführung

Der Langlaufweg zum Schießstand wird beim Para-Biathlon als Zweierteam zurückgelegt. Zwei bis drei Meter vor Klug läuft ihr sehender Sportpartner Martin Härtl und gibt per Mikrofon Tonsignale.
"Das heißt, er sagt ständig ‚hopp, hopp, hopp‘ und ich laufe auf diese Tonquelle zu", erklärt sie. Bei steileren Streckenstücken werden bergab auch schon mal mehr als 50 Stundenkilometer erreicht. Dann greift Klug nach der Stockspitze ihres Teamkollegen.
Seit frühester Kindheit leidet Clara Klug an einer Augenkrankheit, die langsam zur vollständigen Erblindung führt: "Ich habe noch einen minimalen Sehrest, der mittlerweile nicht mehr zu wirklich viel ausreicht."
Ihre Eltern haben ihr frühzeitig eine gute Förderung ermöglicht. Nach einer Grundschule für blinde Kinder besuchte sie zusammen mit sehenden Kindern ein Münchner Gymnasium.
"Kinder sind toll, für die ist das wurscht. Schwierig wurde es dann natürlich in der Pubertät, da wurde man für die Sehenden zur Belastung", erinnert sich Klug.

Sorgenfrei für Winterspiele trainieren

Durch schwierige Zeiten hat ihr auch der Sport geholfen, anfangs als Hobby, dann ernsthafter als Leistungssport. Sie hat das große Glück, dass sie von ihrem Arbeitgeber, der bayerischen Polizei, bei der sie als IT-Fachkraft angestellt ist, in die Spitzensport-Fördergruppe aufgenommen wurde und einen Großteil des Jahres freigestellt wird: "Die meisten paralympischen Athleten finanzieren sich aber darüber, dass sie Teilzeit arbeiten."
Doch der Sport sei bei Weitem nicht der einzige Bereich, in dem sich Benachteiligung aufgrund von Behinderung zeige: "Ich habe mich heute Morgen sehr geärgert, weil mal wieder vier dieser fürchterlichen E-Roller direkt vor meiner Haustür geparkt sind. Da bin ich heute früh gegen gestoßen."
Inklusion habe auch damit zu tun, wie das eigene Verhalten andere beeinflusst: "Es geht darum, Inklusion in den Alltag einzubauen."
Jetzt freut sich Clara Klug auf die paralympischen Winterspiele in Peking. "Aktuell ist einfach alles darauf ausgelegt, in Peking an den Start zu gehen. Ich gebe alles. Dann schauen wir, was bei rumkommt."
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