Paprika aus dem Westjordanland

Woher kommen Agrarprodukte "Made in Israel?"

In der Siedlung Tomer sortieren palästinensische Arbeiter die Paprika aus dem Betrieb der Siedlung Yitav im besetzten Jordantal.
In der Siedlung Tomer sortieren palästinensische Arbeiter die Paprika aus dem Betrieb der Siedlung Yitav im besetzten Jordantal. © Christian Wagner
Von Christian Wagner · 24.03.2015
Paprika, Politik und Herkunftsnachweise: Bisher ist nicht immer klar, ob landwirtschaftliche Produkte aus dem israelischen Kernland oder aus den besetzten Gebieten stammen. Seit Jahren wird in Brüssel über eine korrekte Kennzeichnung gestritten.
Es hat gerade noch einmal geregnet, womöglich ein letztes Mal vor dem langen heißen Sommer im Jordantal. Yohanan steigt in Yitav in seinen Pickup und fährt durch eine zart-grüne Hügel-Landschaft runter in die fruchtbare Ebene:
"Wir bauen gerade Paprika und Datteln an, für den Export. Wir hatten auch mal Weintrauben, Mango, Orangen, Grapefruit und auch Rosen. Aber wir passen uns an, je nachdem was wir am besten verkaufen können."
Und was auch in den deutschen Supermärkten gerade im Winter gefragt ist. Yohanan lebt schon seit mehr als 30 Jahren im Jordantal, im besetzten Westjordanland, er leitet inzwischen den landwirtschaftlichen Betrieb in Yitav. Yohanan ist Siedler.
Yohanan aus der Siedlung Yitav im Westjordanland ist der Leiter des Landwirtschaftsbetriebes.
Yohanan ist der Leiter des Landwirtschaftsbetriebes.© Christian Wagner
Felder hinter Stacheldraht
Um die Siedlung Yitav - um Büros, Werkstätten und Wohnhäuser herum - läuft ein hoher Zaun mit Stacheldraht; jeder, der rein oder raus will, muss warten, bis ein Wachposten das große, gelbe Tor aufmacht.
Nach zehn Kilometern Fahrt steht Yohanan auf dem Paprikafeld an der Jordantal-Route 90. Plastikfolie überspannt das Gelände in der Größe von mehreren Fußballfeldern. Die roten und grünen Paprika ernten sie mit rund 40 Arbeitern ab November bis in den Mai hinein, erklärt Yohanan, mehrere hundert Tonnen sind es am Ende der Saison. Auf die Frage, wem das Ackerland denn gehöre, sagt Yohanan, der Staat habe es der Siedlung gegeben. Dass es besetztes palästinensisches Land ist, darüber will er nicht reden. Auch nicht über den Streit um seine Paprika, weil sie aus einer israelischen Siedlung stammen:
"Darüber weiß ich nicht Bescheid. Da halte ich mich raus. Ich bin Bauer. Es gibt eine Exportfirma, die sich damit beschäftigt, ich habe da nichts mit zu tun."
Vier andere Landwirte hatten am Telefon abgewunken: Kein Interesse, mit der Presse über Politisches zu reden. Dabei ist die Politik ein wichtiger Faktor, wenn der Großteil der Erzeugnisse in den Export geht. Yohanans Betrieb musste sich gerade umstellen:
"Denn die Preise in Europa sind inzwischen schlechter als in Russland. Das liegt am EU-Embargo gegen Russland wegen der Ukraine-Krise und auch daran, dass unsere Produkte in Europa teilweise boykottiert werden. Wir haben Russland für uns entdeckt, ein Großteil der Paprika geht dorthin."
EU fordert korrekte Herkunftsnachweise
Tatsächlich hat etwa der größte Einzelhändler in Großbritannien, Tesco, alle Siedlungsprodukte aus dem Sortiment gestrichen. Wichtiger ist: Die EU macht Druck, fordert eindeutige Herkunftsnachweise. Denn die Siedlungen im besetzten Westjordanland gelten international als illegal. Die EU will sie deshalb nicht unterstützen, auch nicht durch Zollerleichterungen: Die sollen ausschließlich für Produkte aus Israel gelten, nicht für Produkte aus den Siedlungen.
Ein paar Kilometer weiter nördlich im Jordantal liegt noch eine Siedlung: Tomer. In einer Halle dort waschen und sortieren palästinensische Arbeiter die frisch geernteten Paprikaschoten. Die Kartons für den Export sind englisch und russisch beschriftet.
"Wir schreiben auf den Karton: israelisches Produkt, aus der Siedlung Yitav. Wir sind stolz auf unseren Ort und wir haben nichts zu verbergen."
Produzenten wie Yohanan und die israelischen Behörden wollen nicht unterscheiden: Für sie gehört die Siedlung Yitav zu Israel. Fürs Erste hilft der globalisierte Markt Yohanans Paprikabetrieb über die politischen Widerstände hinweg. Aber strengere politische Auflagen oder gar ein Boykott gegen ihre Produkte könnten die Siedler in Zukunft deutlich stärker treffen. Europa ist für Israel der wichtigste Absatzmarkt.
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