Pandemiemüdigkeit

Warum uns zu Hause die Puste ausgeht

08:12 Minuten
Durch die Beine einer Katze hindurch sieht man, wie ein Mädchen gelangweilt auf einen Laptop schaut.
Vorerst bis Mitte Februar sollen wir möglichst zu Hause bleiben. Vielen von uns, auch Kindern, geht das an die Substanz. (Symbolfoto) © Picture Alliance / Robin Utrecht
Ulrich Wagner im Gespräch mit Julius Stucke · 19.01.2021
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Viele sind frustriert: Das liegt aber nicht nur am Coronavirus, sondern auch an den widersprüchlichen Botschaften zur Lage der Pandemie, meint der Sozialpsychologe Ulrich Wagner. Politik und Wissenschaft sollten stärker an einem Strang ziehen.
Die Menschen sind müde – pandemiemüde. Und die Tatsache, dass der Lockdown vorerst bis Mitte Februar verlängert wird, wirkt nicht gerade aufbauend. Frustration und ein Gefühl der Hilflosigkeit seien sehr deutlich zu beobachten, sagt der Sozialpsychologe Ulrich Wagner. Das wiederum führe schnell zu Unachtsamkeit gegenüber den Regeln, die dabei helfen sollen, Corona einzudämmen.
"Es läuft nicht so gut. Die Zahlen gehen nicht runter. Und das kann zu Beeinträchtigungen führen", sagt Wagner, der Professor an der Universität Marburg ist. Seiner Meinung müssen verschiedene Disziplinen – Virologen, Mediziner, Soziologen, Psychologen – sich verständigen und gemeinsam den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern suchen, um die Menschen mitzunehmen und bei Laune zu halten.
"Diese Pandemie ist für viele, auch für epidemiologische und medizinische Experten, etwas Neues. Deshalb kommt es zu Irrtümern, und man kann keine präzisen Vorhersagen machen. Dennoch kann man die Situation uns allen besser erklären, als dies bislang der Fall ist", sagt der Sozialpsychologe.

Mangelnde Konsistenz der Botschaften

Das Hauptproblem ist für Wagner "die mangelnde Konsistenz der Botschaften". Dass man in den zurückliegenden Monaten immer wieder neue Erkenntnisse über den Sinn und die Wirkung von Hygienemaßnahmen gewonnen habe, sei nichts Ungewöhnliches. Wichtig sei jedoch, dass die verschiedenen Akteure – Länderschefs, Bundesregierung, Wissenschaftler, Kommunen – mit einer Stimme kommunizierten. Nur so könne es gelingen, den Bürgerinnen und Bürgern die Einschränkungen des täglichen Lebens plausibel zu machen.
"Als Menschen wollen wir den Eindruck haben, sinnvoll zu handeln und nicht einfach nur auf Vorgaben und Befehle zu reagieren und mit ihnen umzugehen. Sondern wir wollen, dass das, was wir tun, etwas Sinnvolles ist im Zusammenhang mit der Pandemie", betont Ulrich Wagner.
Und was die Spätfolgen anbelangt: Teile der Bevölkerung seien bereits traumatisiert – etwa die Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, die monatelang in Isolation leben mussten. Aber auch das Leben junger Menschen sei durch die Pandemie beeinträchtigt. Das gilt in seinen Augen für Schulkinder wie auch für jene, die nach der Schule eine Ausbildung beginnen wollten. Ihnen sei "viel weggebrochen".
(mkn)
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