Panda-Zwillinge in Berlin

Babys, Bambus und Machogehabe

04:18 Minuten
Ein Panda lehnt an einer Steinwand und kaut Bambus.
Faulenzen und Bambuskauen gehören zu den Lieblingsbeschäftigungen des Pandas. © imago images
Eine Glosse von André Hatting · 02.09.2019
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Im Berliner Zoo hat die Panda-Dame Meng Meng Zwillinge geboren. Halb Deutschland frohlockt, die Boulevard-Presse druckt Fotos zur "Zoo-Sensation des Jahres". Und unser Autor André Hatting fragt sich nur: Was bitte schön hat das mit uns zu tun?
"Zoo-Sensation des Jahres!" – Wenn ich das schon lese! Und diese Bilder! "Wie süß" schreibt der Boulevard. Er meint damit die Kreuzung aus Nacktmull und kahlrasiertem Maulwurf. Denn so sehen die Babys in Wahrheit aus. Das ist nicht süß. Das ist eklig. Aber egal, mit Verstand ist dieser Hype eh nicht zu stoppen.
Jetzt haben die so lange darauf gewartet, haben den Pandas im Berliner Zoo für 10 Millionen Euro ein Haus hingesetzt, damit die in diesem Luxuslustschloss endlich mal zur Sache kommen. Völlig klar, dass jetzt die Emotionen überschäumen und halb Berlin vor Freude ausrastet. Ich sehe schon die Touristenmassen vor dem Käfig mit ihren Handys.

Hertha BSC wird Panda BSC

Der Regierende Bürgermeister wird kommen und im Duett mit dem Rapper Cro dessen eigens zu diesem Anlass komponierte Pandahymne losröhren. Und Cro wird dann mitten im Live-Auftritt in Ekstase seine Pandamaske vom Gesicht reißen und sie der Pandamutter Meng Meng aufsetzen. Aus Hertha BSC wird Panda BSC, Union Berlin ändert die Vereinsfarben und wird Schwarz-Weiß. Und dann, nach ein paar Jahren ist wieder alles vorbei. Was denn? War doch beim Eisbären Knut genauso.
Mal ehrlich, was soll das alles? Schön, zum ersten Mal wurden in einem deutschen Zoo Pandababys geboren. Na und?
Es ist noch gar nicht lange her, da sind tausende Menschen auf die Straße gegangen. Natürlich nicht für den Panda. Sondern für die Biene. Es hat sogar ein Volksbegehren in Bayern gegeben. Das kann ich völlig verstehen: Die Biene ist fleißig, schenkt uns Honig, sie macht, dass die Obstbäume blühen. Ohne Bienen kein Zwetschgenkuchen, kein Apfelmus, kein Kirschkompott.

Pennen und knabbern

Und jetzt gucken wir uns mal den Panda etwas genauer an: Der ist ein fauler Macho, der nur einmal im Jahr seine Frau überhaupt als Frau wahrnimmt, wenn Sie verstehen, was ich meine. Der pennt lieber den ganzen Tag. Und wenn er gerade nicht pennt, knabbert er gelangweilt an Bambusstöcken. Bis zu 40 Kilo täglich verputzt der Kerl. Woran man sehen kann: Der Panda ist nicht nur faul und verpennt, er ist auch noch dämlich. Auf seine Speisekarte kommen nur die zarten Sprösslinge. Die braucht der Bambus aber, um sich fortzupflanzen. Der Pandabär frisst seine eigene Nahrungsgrundlage auf. Nachhaltig ist anders.
Womit wir beim eigentlichen Thema wären. Lustlosigkeit im Bett, selbstzerstörerischer Appetit, der Panda tut alles, um sich selber auszurotten. Kein Wunder, dass nur noch so um die tausend von ihnen in freier Wildbahn herumlaufen.

Ein Bär wie wir

Wobei "freie Wildbahn" irreführend ist. Die Pandas werden in China rund um die Uhr bewacht. Gut, dass werden die Menschen dort auch. Aber beim Panda geht es darum, ihn zu hegen und zu pflegen und zu schützen. Damit er nicht ausstirbt. Weil, allein kriegt er das nicht auf die Reihe. Dabei hat der nicht einmal natürliche Feinde!
Aber vielleicht sehe ich das Ganze auch völlig falsch. Vielleicht ist der wahre Grund des Pandahypes, dass dieser Bär uns so verdammt ähnlich ist. Wir sind auch träge, unfähige Umweltzerstörer und gerade auf dem besten Weg, uns selbst auszurotten. Und wie war das noch mal mit dem Sex in einer laaaangen Ehe?
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