Pakistan, Paranoia und Pinguine

Vorgestellt von Hans-Ulrich Pönack |
"Ein mutiger Weg" schildert die Entführung eines amerikanischen Journalisten in Pakistan. Der Animationsfilm "Könige der Wellen" ist gelungene Unterhaltung um ein paar surfende Pinguine. "Yella" hingegen langweilt mit einer undurchsichtigen Geschichte um eine leicht paranoide Buchhalterin aus der ostdeutschen Provinz.
"Ein mutiger Weg"
USA 2007, Regie: Michael Winterbottom, Hauptdarsteller: Angelina Jolie, Dan Futterman, Archie Panjabi, 108 Minuten, ab zwölf Jahren

"Ein mutiger Weg" ist der neue Film von Michael Winterbottom, Jahrgang 1961, einem renommierten britischen Regisseur, der neben Ken Loach und Mike Leigh zu den bedeutendsten Regisseuren des britischen und europäischen Kinos zählt.

In seinen Filmen wie zum Beispiel "Welcome to Sarajewo" von 1997 und "I Want You" von 1998 greift er oft brisante politische Themen auf, die er unterhaltend verpackt an den Zuschauer bringt: "Wenn man politisch sein will, muss man etwas im Mainstream machen..."

Für sein afghanisches Flüchtlingsdrama "In this World" erhielt er "Goldenen Bären" der Berlinale von 2003. Im Vorjahr bekam er, als "Bester Regisseur", den "Silbernen Berlinale Bären" für sein Werk "Road to Guantanamo".

In seinem neuesten Film (Co-Produzent: Brad Pitt) steht erneut das Thema Terrorismus im Mittelpunkt. Der "passende" Ort dazu: Das politisch zerrüttete Pakistan im Jahr 2002. Basierend auf dem Buch "Ein mutiges Herz: Leben und Tod des Journalisten Daniel Pearl" von Marianne Pearl blicken wir auf den 23. Januar 2002: "Es könnte spät werden", sagt Daniel Pearl (dargestellt von Dan Futterman), Korrespondent des "Wall Street Journals", zu seiner Frau, als er sich in Karatschi von ihr verabschiedet.

Er will sich mit wichtigen Terroristenführern zu einem Interview treffen - und kehrt nicht wieder zurück. Der Film ist eine Art Reportage-Spielfilm und schildert mit akribischer Genauigkeit die folgenden zehn Tage. Es ist eine Zeit des seelischen Horrors, des Wartens, der Ermittlungen von Geheimdienstmitarbeitern, FBI-Agenten und Anti-Terror-Fahndern.

Doch die hektischen Such-Anstrengungen an diesem unüberschaubaren, unwirtlichen Ort sind vergeblich. Ein Mitarbeiter des Krisenstabs muss schließlich Pearls schwangerer Ehefrau Marianne, selbst eine engagierte Journalistin, mitteilen, dass Terroristen ihren Mann kaltblütig enthauptet haben.

Der Film kommt als nüchternes, faktenorientiertes und komplexes Doku-Drama daher, der keine deutliche Stellung bezieht, sondern sich als Fürsprecher von Terroropfern allgemein versteht. Die Handkamera im Moloch von Karatschi ist ständig in Bewegung, beschreibt Unruhe und Angst und zeichnet so ein "emotionales Katastrophenbild" vom Ort des Geschehens sowie dem Seelenleben der Protagonisten.

Dass dabei die menschliche Dimension dieser authentischen "Thriller"-Tragödie niemals aus den Augen gelassen wird, dafür sorgt natürlich Hollywood-Star Angelina Jolie als Hauptakteurin. Sie ist zugleich "Zugpferd" des Films wie berührende Heldin.

Mit blasser Schminke sowie ungewohnter Löckchenfrisur vermeidet sie Effekthascherei und Tränendrüse. Sie bemüht sich redlich, sowohl die Ikone zwischen den Kulturen überzeugend darzustellen als auch die Rettung der journalistischen Wahrheitsfindung zu verkörpern.

Trotzdem kann auch sie ein wohl eher begrenztes Interesse hierzulande an dem Film nicht ausgleichen. "Ein mutiger Weg" ist ein US-amerikanischer Spielfilm, der als "historisches Zeugnis" daherkommt. Er bringt den Zuschauer tatsächlich zum Nachdenken und hinterlässt eine gewisse Ratlosigkeit. Doch diese Wirkung hatten auch viele andere gute Berichte und Dokumentationen zum Thema, die ebenso aufrichtig wie engagiert waren.

"Könige der Wellen"
Animationsfilm, USA 2007, Regie: Ash Brannon, Chris Buck, Darsteller (Stimmen): Robert Stadlober, Jessica Schwarz, Thomas Fritsch, 85 Minuten, ohne Altersbeschränkung

"Könige der Wellen" ist nach "Open Season - Jagdfieber" (2006) der zweite Animationsfilm aus dem Hause "Sony Pictures Entertainment". Die Filmemacher Ash Brannon - der bereits Co-Regisseur von "Toy Story 2" war - und Chris Buck, dem Regisseur von "Tarzan" (1999) setzen dabei erneut, diesmal jedoch ironisch menschelnd auf das filmische Erfolgsthema Pinguine.

Als Vorbild diente hier der großartige französische Dokumentarfilm "Die Reise der Pinguine", der 2005 den Oscar als "Bester Dokumentarfilm" erhielt sowie der tolle amerikanische Zeichentrick-Öko-Spaß "Happy Feet" aus dem Jahre 2006. Nun ist es soweit, dass die flugunfähigen Eismeervögel nicht nur wandern und tanzen, sondern sogar klasse surfen können, und das auf teilweise höchstem Niveau.

Klein-Pinguin Cody träumt dabei seinen Traum: Im Kampf gegen Wind, Wellen und sonstige Widrigkeiten will er der Champion werden. Doch vor dem Preis steht bekanntlich der Lern-Fleiß, daneben aber auch noch mehr Spaß, Spannung und Spiel. Und das alles unter dem moralisch einwandfrei guten Lebensmotto: "Gewinnen ist nicht alles".

Und apropos Dokumentarfilm: Auch dieser wird listig lustig auf die komische Schippe genommen. Denn eine "aktuelle" Kamera begleitet hier die Akteure holpernd durch die bunte Szenerie von Buenos Eisig bis ins tropische Pin Gu Eiland, während eine Reporterstimme aus dem Off die Akteure befragt.

Eine unterhaltsame Gute-Laune-Show, die vorzüglich gelingt: mit viel Ironie, Charme, Wortwitz, Anspielungen und Situationskomik sowie herrlich ulkig menschelnden Typen-Figuren. Die stimmungsvolle Wellen-Computer-Animation kommt jederzeit gut rüber, auch stimmlich: Während im Original Stars wie Shia LaBeof, Jeff Bridges (der sogar auf dem Abspann einen Song persönlich vorträgt), Jon Heder und James Woods für stimmlichen Gut-Klang sorgen, ertönen bei uns die Stimmen von u.a. Robert Stadlober, Jessica Schwarz, Thomas Fritsch sowie Engelbert von Nordhausen, der deutschen Stimme von Samuel L. Jackson. "Könige der Wellen" läuft unter dem Fazit-Schild: Cooles Familienfilm-Amüsement.


<im_40308>"Yella" (NUR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM FILMSTART)</im_40308>
"Yella"
Deutschland 2006, Regie: Christian Petzold, Hauptdarsteller: Nina Hoss, Devid Striesow, 89 Minuten, ab zwölf Jahren

"Yella" ist der neue Film von Christian Petzold, einem 47-jährigen Berliner "Theoretiker" des deutschen Films. Filme wie "Die innere Sicherheit" (2000) und "Wolfsburg" (2002/3) haben ihn bekannt gemacht. 2005 nahm er mit seinem Film "Gespenster" am Wettbewerb der Berlinale teil. In diesem Jahr war er dort auch mit "Yella" vertreten, einem Tiefpunkt im deutschen "Trocken-Filmschaffen".

Im Mittelpunkt steht eine Buchhalterin namens Yella, die aus dem Osten, genauer gesagt aus der brandenburgischen Kleinstadt Wittenberge, kommt. Sie will ihren ebenso kaputten wie geschäftlich ruinierten Ehemann verlassen, doch auf dem Weg zum Bahnhof rast der verzweifelte Ben absichtlich in die Elbe. In dessen Auto war sie - warum bloß - doch noch einmal eingestiegen.

Yella steigt sogleich aus dem Wasser und erreicht gerade noch mit nasser Kleidung den Zug in Richtung Westen, wo sie irgendwie ganz schnell die Mechanismen des Kapitalismus kennenlernt. In Gestalt des ebenso smarten wie natürlich betrügerischen Finanzexperten Philipp (gespielt von Devid Stresow), der sie als Assistentin engagiert. Warum, wieso, weshalb - völlig egal. Hier ist alles unglaubwürdig und wirr.

Es sind allesamt Behauptungen und unlogischer Blödsinn - viel Schwermut, Bewegungslosigkeit, Behämmertheit. Eine strenge und kapitalismuskritische Gespensterstory war wohl die Absicht des Regisseurs, allerdings: selten so viel langweiligen Filmstaub eingeatmet. Alles wirkt schwachsinnig, ermüdend und völlig unwirklich.

Nina Hoss mimt eine völlig uninteressante, pardon: naive Tussi aus dem Osten, deren Auftreten und Verhalten nur konstruiert, aufgesetzt, schwermütig wirkt und letztlich unverständlich bleibt. Für ihr emotionsloses Getue bekam sie auf der Berlinale den "Silbernen Bären" als "Beste Darstellerin". Eine Zumutung von deutschem "Papier"-Film; eine pure Zeitvergeudung von quälenden 89 Minuten; soviel Theorie-Gedöns gab es lange nicht mehr auf einer arg misshandelten deutschen Kino-Leinwand.