Päpstliches Rundschreiben gegen das NS-Regime

Von Otto Langels · 14.03.2012
Hitler tobte, als er von dem päpstlichen Schreiben aus Rom erfuhr. Goebbels fasste den Inhalt als Kampfansage an den Nationalsozialismus auf. Am 14. März 1937 erließ Pius XI. ein Rundschreiben, in dem er Rassenpolitik und kirchenfeindliches Vorgehen der Nazis kritisierte.
"Mit brennender Sorge und steigendem Befremden beobachten Wir seit geraumer Zeit den Leidensweg der Kirche, die wachsende Bedrängnis der ihr in Gesinnung und Tat treubleibenden Bekenner und Bekennerinnen inmitten des Landes und des Volkes."

Mit diesen Worten beginnt das Dokument, das Papst Pius XI. am 14. März 1937 unterzeichnete und das als Enzyklika "Mit brennender Sorge" bekannt wurde. Mit dem päpstlichen Rundschreiben wandte sich der Vatikan erstmals öffentlich gegen das NS-Regime.

Die katholische Kirche stand dem Nationalsozialismus nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. Zwar hatten die deutschen Bischöfe vor 1933 die heidnische Ideologie der NSDAP kritisiert, als aber Adolf Hitler nach der Machtübernahme die Unverletzlichkeit der katholischen Glaubenslehre betonte, ermahnten die Würdenträger die Gläubigen zur "Treue gegenüber der rechtmäßigen Obrigkeit".

Besiegelt wurde das Verhältnis zwischen NS-Regime und Kirche im Reichskonkordat vom Juli 1933. Die Kirche sicherte zu, sich nicht in politische Belange einzumischen, sondern sich auf religiöse, kulturelle und karitative Aufgaben zu beschränken. Dass damit die Katholiken aber nicht vor Angriffen geschützt waren, deutete Hitler bereits kurz darauf an.

""So wie einst das Christentum oder später die Reformation ihre gigantischen politischen Auswirkungen hatten, so wird jede politische völkische Umwälzung auch das Schicksal der Kirchen betreffen.""

Noch im Verlauf des Jahres 1933 zeigte sich, dass das NS-Regime die Rechte der Kirche nicht respektieren würde. Katholische Orden, Schulen und Presseorgane waren Repressionen ausgesetzt, Priester mussten sich wegen angeblicher Devisenvergehen und Sittlichkeitsdelikte verantworten und wurden als "Pfaffen" diffamiert.
Reichspropagandaminister Joseph Goebbels notierte im August in seinem Tagebuch:

"Scharf gegen die Kirchen. Wir werden selbst eine Kirche werden."

Kardinalstaatssekretär Pacelli, der spätere Papst Pius XII., protestierte in zahllosen diplomatischen Noten gegen das kirchenfeindliche Vorgehen der NS-Regierung. Die Interventionen des Vatikans blieben jedoch ohne sichtbare Wirkung. Unter den deutschen Bischöfen wuchs daher die Überzeugung, dass die NS-Regierung mit stiller Diplomatie nicht zu beeindrucken war.

Im Januar 1937 reisten die Kardinäle Bertram, Faulhaber und Schulte sowie die Bischöfe von Galen und Preysing nach Rom, um sich mit Pius XI. und Kardinal Pacelli zu beraten. Pacelli bat Faulhaber, einen Entwurf für eine päpstliche Erklärung zu formulieren. Der Text wurde überarbeitet und am 14. März als bisher einzige in deutscher Sprache verfasste Enzyklika von Pius XI. unterzeichnet.

"Wer die Rasse, oder das Volk, oder den Staat aus ihrer irdischen Werteskala herauslöst und sie mit Götzenkult vergöttert, der verkehrt die gottbefohlene Ordnung der Dinge. Nur oberflächliche Geister können der Irrlehre verfallen, von einem nationalen Gott, von einer nationalen Religion zu sprechen."

Pius XI. kritisierte zwar die Rassenpolitik der Nazis, erwähnte aber die Judenverfolgung mit keinem Wort.

Das päpstliche Schreiben gelangte auf diplomatischem Wege nach Berlin und von dort über Kuriere zu den 27 deutschen Bischöfen. Einzelne Würdenträger wie der Breslauer Kardinal Bertram fürchteten scharfe Sanktionen des NS-Regimes. Heimlich ließen die Bischöfe 300.000 Exemplare der Enzyklika drucken. Der Sicherheitsdienst der NSDAP erfuhr erst einen Tag vorher von der Aktion, zu spät, um zu verhindern, dass am Palmsonntag alle deutschen Katholiken von den Kanzeln die Worte des Papstes vernahmen.

Die Nazi-Führung reagierte wütend, wollte aber größeres Aufsehen vermeiden. Joseph Goebbels empfahl:

"Tot stellen und ignorieren. So erledigt man das am besten. Aber wirtschaftlichen Druck ausüben. Beschlagnahme und Verbot der Kirchenblätter, die diese Frechheit bringen."

Tatsächlich ließ die NS-Regierung zahlreiche katholische Druckereien schließen und enteignen. Die angedrohte Härte und Unerbittlichkeit, die die "Pfaffen" kennen lernen sollten, blieb jedoch aus, da Hitler wegen des wachsenden außenpolitischen Engagements keinen Kirchenkampf im Innern riskieren wollte. Umgekehrt vermied die Mehrzahl der deutschen Bischöfe die offene Konfrontation mit dem NS-Regime und konzentrierte sich weiterhin darauf, die eigene Institution zu verteidigen.
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