Paarbeziehungen
Schönberg und Berg, Zimmermann und Stockhausen – Komponistenpaare mit Sprengkraft. Um so spannender, wenn sich ein Paar diesen Paaren widmet: Pierre Boulez und Peter Eötvös teilen sich die Aufführung dieser vier Komponisten in einem Konzert mit Musikstudenten in Luzern.
Der Mensch tendiert zur Paarbeziehung, und sei es in serieller Abfolge. Nicht immer kann man sich allerdings seinen Partner aussuchen – geschweige denn vorher wissen, was dieser nachher zu tun gedenkt. Alban Berg hat sich Arnold Schönberg ausgesucht – als Lehrer. Dass ihn dieses lebenslang verehrte Vorbild bis an die Grenze der persönlichen Demütigung treiben würde, wird Berg kaum geahnt haben. Andererseits: Wäre Alban Berg "der" Alban Berg ohne Arnold Schönberg geworden? Wäre Schönbergs Musik ohne die (viel größeren) Erfolge seines Meisterschülers Berg einem breiten Publikum bekannt geworden? Erst mit Bergs Orchesterstücken op. 6, so schrieb dessen Schüler Theodor W. Adorno, habe Schönbergs Schule die große Bühne betreten – und siehe da: Diese Musik war "keine esoterische Sekte mit privatem Idiom und verschworener Gesinnung, sondern fortgeschrittenes Vollzugsorgan musikalischer Erkenntnis".
Bernd Alois Zimmermann und Karlheinz Stockhausen haben sich nicht gesucht und doch gefunden. Im Schatten des Kölner Doms konnten sich die beiden nach dem Zweiten Weltkrieg schlicht nicht aus dem Wege gehen – mit fatalen Folgen. Stockhausen bekämpfte den vermeintlich rückwärtsgewandten Zimmermann fanatisch und lehnte es 1960 sogar ab, gemeinsam mit diesem einen Preis entgegenzunehmen. Begründung: Er wolle nicht auf eine Stufe mit einem solchen "Gebrauchsmusiker" gestellt werden. Erst spät reifte die Erkenntnis, dass beide Komponisten unterschiedliche Vorstellungen von Moderne hatten – Stockhausen sah die Zeit als Strahl vorbeischießen, Zimmermann erlebte sie als verräumlichte "Kugelgestalt".
Pierre Boulez, geboren 1925, war damals ganz auf der Seite seines (etwas jüngeren) Kollegen Stockhausen. Peter Eötvös wiederum, geboren 1944, überwand die ideologischen Grenzen und verdiente sich das persönliche Vertrauen sowohl von Zimmermann als auch von Stockhausen. Und nachdem Boulez ihn als Dirigent eines Stockhausen-Werkes erlebt hatte, förderte er ihn, wo er konnte. Längst sind die musikhistorischen Wunden der Nachkriegszeit verheilt; für die musizierenden Studenten der Lucerne Festival Academy spielen solche Grabenkämpfe keine Rolle mehr. Wenn also die dirigierenden Komponisten Boulez und Eötvös heute gemeinsam Werke von Zimmermann und Stockhausen aufführen, könnte es durchaus sein, dass sich die Hauptstrahlen der Nachkriegsmusik zur Kugel formen.
Lucerne Festival
Kultur- und Kongresszentrum Luzern
Aufzeichnung vom 11.9.11
Bernd Alois Zimmermann
"Photoptosis", Prélude für großes Orchester
Karlheinz Stockhausen
"Punkte" für Orchester
ca. 20:50 Uhr Konzertpause mit Nachrichten
Olaf Wilhelmer im Gespräch mit Peter Eötvös
Arnold Schönberg
Variationen für Orchester op. 31
Alban Berg
Drei Orchesterstücke op. 6
Lucerne Festival Academy Orchestra
Leitung: Peter Eötvös (1. Teil) und Pierre Boulez (2. Teil)
Bernd Alois Zimmermann und Karlheinz Stockhausen haben sich nicht gesucht und doch gefunden. Im Schatten des Kölner Doms konnten sich die beiden nach dem Zweiten Weltkrieg schlicht nicht aus dem Wege gehen – mit fatalen Folgen. Stockhausen bekämpfte den vermeintlich rückwärtsgewandten Zimmermann fanatisch und lehnte es 1960 sogar ab, gemeinsam mit diesem einen Preis entgegenzunehmen. Begründung: Er wolle nicht auf eine Stufe mit einem solchen "Gebrauchsmusiker" gestellt werden. Erst spät reifte die Erkenntnis, dass beide Komponisten unterschiedliche Vorstellungen von Moderne hatten – Stockhausen sah die Zeit als Strahl vorbeischießen, Zimmermann erlebte sie als verräumlichte "Kugelgestalt".
Pierre Boulez, geboren 1925, war damals ganz auf der Seite seines (etwas jüngeren) Kollegen Stockhausen. Peter Eötvös wiederum, geboren 1944, überwand die ideologischen Grenzen und verdiente sich das persönliche Vertrauen sowohl von Zimmermann als auch von Stockhausen. Und nachdem Boulez ihn als Dirigent eines Stockhausen-Werkes erlebt hatte, förderte er ihn, wo er konnte. Längst sind die musikhistorischen Wunden der Nachkriegszeit verheilt; für die musizierenden Studenten der Lucerne Festival Academy spielen solche Grabenkämpfe keine Rolle mehr. Wenn also die dirigierenden Komponisten Boulez und Eötvös heute gemeinsam Werke von Zimmermann und Stockhausen aufführen, könnte es durchaus sein, dass sich die Hauptstrahlen der Nachkriegsmusik zur Kugel formen.
Lucerne Festival
Kultur- und Kongresszentrum Luzern
Aufzeichnung vom 11.9.11
Bernd Alois Zimmermann
"Photoptosis", Prélude für großes Orchester
Karlheinz Stockhausen
"Punkte" für Orchester
ca. 20:50 Uhr Konzertpause mit Nachrichten
Olaf Wilhelmer im Gespräch mit Peter Eötvös
Arnold Schönberg
Variationen für Orchester op. 31
Alban Berg
Drei Orchesterstücke op. 6
Lucerne Festival Academy Orchestra
Leitung: Peter Eötvös (1. Teil) und Pierre Boulez (2. Teil)
