Ostdeutsche AfD-Wähler und die Impfbereitschaft

Pauschale Urteile helfen nicht weiter

06:23 Minuten
Bürgerinnen und Bürger warten vor dem Impfzentrum Sachsen an der Messe Dresden.
Auf dem Weg zum Pieks: Bürgerinnen und Bürger warten vor dem Impfzentrum Sachsen an der Messe Dresden. © picture alliance / dpa / Robert Michael
Florian Stöckel im Gespräch mit Julius Stucke · 14.08.2021
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Lässt sich der durchschnittliche AfD-Wähler in den neuen Bundesländern nicht impfen, wie der Ostbeauftragte der Bundesregierung behauptet? Der Politologe Florian Stöckel hält diese These für nicht haltbar.
Der CDU-Politiker Marco Wanderwitz macht gelegentlich mit zugespitzten Äußerungen auf sich aufmerksam. Nun hat sich der Ostbeauftragte der Bundesregierung die Impfquote in den neuen Bundesländern vorgenommen – und führt den Umstand, dass sie nach offiziellen Angaben im Schnitt leicht niedriger als in den alten Bundesländern ist, direkt auf den AfD-Zuspruch in Ostdeutschland zurück.
"Es gibt zwischen der Zustimmung für die AfD und Impfablehnung einen klaren Zusammenhang", sagte Wanderwitz in einem Interview. Die Partei setze voll auf das Thema Impfen und Pandemie, die allermeisten AfD-Funktionäre gingen aggressiv gegen das Impfen und andere Maßnahmen zur Eindämmung von Corona vor. Die Folge sei, dass sich der durchschnittliche AfD-Wähler nicht impfen lasse.
Diese These ist, folgt man dem Politikwissenschaftler Florian Stöckel von der britischen Universität Exeter, schwer pauschal. Bei dieser Darstellung komme vor allem der Unterschied zwischen Impfskeptikern und echten Impfgegnern zu kurz, sagt Stöckel. Die Skeptiker fühlten sich bei unterschiedlichsten Parteien zu Hause oder bei gar keiner. Nur beim harten Kern der Impfgegner stehe ein "etwas größerer Anteil" der AfD näher als anderen Parteien.
Wenn man nun die Skeptiker zum Impfen bewegen wolle, helfe es sicher nicht, "sie alle über einen Kamm zu scheren und allesamt als AfD-Anhänger darzustellen", meint der Politologe. Das Bemühen der AfD, die Pandemie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren, sieht aber auch Stöckel. Die Partei versuche, Ängste und Bedenken zu schüren und verbreite Fehlinformationen.

Bei der Impfquote fällt vor allem Sachsen ab

Laut dem Robert-Koch-Institut sind in Bremen derzeit über 67 Prozent der Bürger vollständig geimpft, das Saarland liegt auf Rang zwei mit knapp 61 Prozent.
Die meisten Bundesländer liegen um die 55 Prozent herum, nur Sachsen fällt ab mit unter 50 Prozent. Die AfD ist vor allem in den neuen Bundesländern stark, doch der Unterschied zwischen der Quote der vollständig Geimpften in Bayern und Sachsen-Anhalt beträgt nur einen Prozentpunkt.
Inwieweit diese Daten überhaupt stimmen, ist derzeit allerdings unklar. So fiel in der vergangenen Woche zwischen zwei Quellen zum Impffortschritt eine schwer zu erklärende Differenz auf. In einer RKI-Umfrage war die Quote der mindestens einmal Geimpften deutlich höher als im amtlichen Meldesystem für Impfzentren, Praxen und Betriebsärzte - besonders bei 18- bis 59-Jährigen.
Während in der Befragung 79 Prozent angaben, geimpft zu sein, waren es laut Meldesystem nur 59 Prozent. Für ein genaueres Bild sind nun weitere, begleitende Umfragen geplant. Das RKI will im frühen Herbst rund 3000 Menschen zu Impfbereitschaft und Akzeptanz interviewen.
(ahe / mit Material von dpa)
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