Reduzierte Oscar-Verleihung

Eine ungerechte und falsche Entscheidung

04:08 Minuten
Das Symbolbild zeigt eine Oscar-Statuette, eine Filmrolle und Popcorn auf Holzdielen.
Wir müssen leider draußen bleiben: Einige Preisträger bekommen ihren Oscar nicht mehr im Rahmen der TV-Übertragung. © picture alliance / Zoonar / Oleksandr Latkun
Ein Kommentar von Jörg Taszman |
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Die Oscars für Schnitt, Make-up, Filmmusik und in fünf weiteren Kategorien werden in diesem Jahr nicht mehr live im TV verliehen. So will der Sender ABC die Veranstaltung attraktiver fürs Publikum machen. Unser Kommentator hält das für den falschen Weg.
Nun haben sie es doch getan: Nur noch 15 der 23 nackten Goldjungen, auch Oscars genannt, werden den glücklichen Preisträgern live übergeben. Das plante die Academy of Motion Picture Arts and Sciences, die Organisation, die hinter der Oscarverleihung steht, bereits 2018. Damals gab es noch einen Aufschrei und die Academy nahm den kontroversen Plan wieder zurück.
Doch nun werden acht Oscars vor der offiziellen und im TV live übertragenen Verleihung übergeben, die Dankesreden schnöde zusammengeschnitten und später irgendwie versendet.

Dramatischer Einbruch der Zuschauerzahl

Hinter dieser Entscheidung steht eindeutig ABC. Der Sender muss seit Jahren dramatische Einbußen bei den Einschaltquoten hinnehmen. Von 43 Millionen Fernsehzuschauern, die sich die mindestens drei Stunden lange Show noch 2014 antaten, blieben im zweiten Coronajahr 2021 gerade einmal 9,85 Millionen Zuschauer auf der Couch sitzen.
Bei ABC glaubt man zu wissen, dass sich die Zuschauer eigentlich nur für sechs Preise wirklich interessieren: Bester Film, Beste Regie sowie die besten männlichen und weiblichen Haupt- und Nebendarsteller. Und so dürfen nun folgende Kategorien ihren Hut nehmen: alle Kurzfilme, egal ob animiert, dokumentarisch oder als Kurzspielfilm, Make-up, Originalmusik und Filmschnitt.

Der Nachwuchs wird ausgesperrt

Ausgerechnet so hofft man, die überlange und seit Jahren immer emotionsärmere Preisverleihung wieder attraktiver zu machen, indem man wichtige Gewerke und den Filmnachwuchs einfach aussperrt.
Dabei hat man seit einigen Jahren die Kategorie des Besten Films zusätzlich aufgebläht: Statt fünf Filmen konkurrieren nun zehn um den wichtigsten Oscar des Jahres. Und alle zehn werden langatmig vorgestellt.
Die angeblich so unsexy Awards wie Filmschnitt oder Beste Originalmusik ließen sich durchaus telegener präsentieren, wenn man zum Beispiel in kurzen Filmclips ganz konkret zeigen würde, welchen Einfluss ein guter Schnitt oder eine adäquate Musik auf den Film haben.

Oscar-Gewinner sind keine Kassenschlager mehr

Das Grundproblem, warum die Oscars immer unpopulärer werden, lässt man dabei völlig außer Acht. Die nominierten und später preisgekrönten Filme spielen einfach nicht mehr genug Dollar an den Kinokassen ein.
Natürlich kann man sich darüber freuen, dass in den letzten Jahren Filme wie „Nomadland“ oder „Moonlight“ einen Oscar als Bester Film erhielten. Aber wenn „Nomadland“ dann in den USA gerade einmal vier Millionen Dollar und „Moonlight“ 27 Millionen einspielt, ist man von Oscarhits vergangener Jahrzehnte um Millionen Dollar weit entfernt. „Titanic“, „Herr der Ringe“, „Vom Winde verweht“ oder „Ben Hur“ waren da kommerziell gesehen von einem ganz anderen Kaliber.
Derzeit laufen fast ausschließlich nur noch Marvel-Superheldenfilme erfolgreich und man recycelt Batman, Spiderman oder Star Wars in einer Endlosdauerschleife. Und natürlich möchte man diese Filme nun nicht auch noch als große Triumphatoren der Oscars sehen.

Nervtötende Reklame verlängert die Show

Das Problem an so ungerechten und falschen Entscheidungen wie der, nun acht Kategorien live auszusparen, liegt eher darin, dass man nicht mutig genug ist, auf den überflüssigen Showballast und die nervtötende, lange Reklame zu verzichten und so eine wirklich viel kürzere und auch bessere TV-Preisverleihung zu schaffen.
Man will den Glamour und die Stars von gestern und heute, hat aber nicht mehr die passenden Filme dafür. Macht doch eine originelle 90-minütige Show ohne Reklame mit einem großen Hauptsponsor zu Beginn und feiert einfach das Kino und alle Filmschaffenden, die uns in den dunklen Lichtspielhäusern auf der großen Leinwand verzaubern.

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