"Orte der Wissensaneignung"

Von Knut Cordsen |
Zum neunten Mal ist an diesem Freitag die Auszeichnung "Bibliothek des Jahres" vergeben worden Dieses Jahr erhält sie die altehrwürdige Bayerische Staatsbibliothek. Neu ist diesem Jahr allerdings, dass mit der Auszeichnung eine bundesweite Aktionswoche der Bibliotheken startet.
Markus Baumanns: "Bibliotheken spielen bei der Frage der Verbesserung der Bildungssituation eine Schlüsselrolle. Im besten Fall sind sie nämlich Orte der Wissensaneignung und des Austauschs von Wissen und eben nicht, um ein Wort des Bibliothekars Matthew Battles zu zitieren, staubige Orte, an die Bücher gehen, um zu sterben."

Es war ein Loblied der Bibliothek, das Markus Baumanns, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius, die die Auszeichnung "Bibliothek des Jahres" zusammen mit dem Deutschen Bibliotheksverband nun schon zum neunten Mal verliehen hat, anstimmte in der Bayerischen Staatsbibliothek. Und alle waren sie gekommen, um Rolf Griebel, den Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek, und seine traditionsreiche Münchner Institution als "Schatzhaus des abendländischen schriftlichen Kulturerbes" zu würdigen. So nannte es Thomas Goppel, der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst.

Thomas Goppel: "Denn alles, was die Staatsbibliothek anfasst, gelingt. Das gilt für die unvergessliche gemeinsame Rettung der Ottheinrich-Bibel und die Digitalisierung ebenso wie für die laufenden Geschäfte als multimedialer zeitgemäßer Service-Betrieb. Gerade die Herausforderungen des digitalen Zeitalters hat die Staatsbibliothek frühzeitig erkannt und geht beispielhaft damit um als ein Innovationszentrum für digitale Informationstechnologie und ihre Dienste.

Zukunftsweisende Entscheidungen der letzten Jahre waren der Einsatz der Scanroboter-Technologie bei den drucken des 16. Jahrhunderts oder auch die Kooperation mit Google zur Digitalisierung des urheberrechtsfreien historischen Bestandes. Dieser kann künftig via Google und die Webseite der Bayerischen Staatsbibliothek durchsucht und online auch gelesen werden."

Ein Paradebeispiel, diese Staatsbibliothek, die man zum Auftakt der ersten bundesweiten Bibliotheksaktionswoche auszeichnete, neben der Stadtbücherei Wittlich im Regierungsbezirk Trier, die auf dem zweiten Platz landete und der Bibliothek der Grundschule Hackenberg in Remscheid, die auf dem dritten Platz landete. Drei Bibliotheken, die das "unverzichtbare Fundament" der "Bildungsrepublik" Deutschland bilden. Der Laudator der Bayerischen Staatsbibliothek war Klaus-Dieter Lehmann, der Präsident des Goethe-Instituts, ihn begrüßte Thomas Goppel mit diesen doch sehr ironisch durchwirkten Worten.

Thomas Goppel: "Schon Ihr Namensgeber, Johann Wolfgang von Goethe, hat festgestellt: In Bibliotheken fühlt man sich wie in der Gegenwart eines großen Kapitals, das unberechenbare Zinsen spendet. Ein Satz, der mir besonders wichtig war an einem Tag, an dem wir über sonstige Zinsen nur unangenehm zu denken erinnert werden."

Zum Glück aber ist das Finanzgebaren der Staatsbibliothek ein weitaus solideres als das der Bayerischen Landesbank. Und so nahm Klaus-Dieter Lehmann den Faden auf und führte einen anderen Satz Goethes an: "Jede Bibliothek vergreist, wenn man sie nicht fortführt." Die Bayerische Staatsbibliothek, so Lehmann, zeige sich, obwohl sehr schon sehr betagt, vollkommen à jour und auf der Höhe der Zeit.

Lehmann: "Eine wissenschaftliche Universalbibliothek, deren Wurzeln in der Renaissance gründen, die in diesem Jahr 450 Jahre alt wird, eine solche Bibliothek wird Bibliothek des Jahres 2008. Sie wird es, weil sie es vermocht hat, das große Schatzhaus der kulturellen Überlieferung, und jetzt nenne ich mal alle Zahlen, weil sie so eindrucksvoll sind, mit rund 10 Millionen Bänden, 50.000 Zeitschriften, fast 100.000 Handschriften, 20.000 Inkunabeln, 50 Terra-Byte digitalen Objekten in ihrer pluralistischen Struktur so zu organisieren und wachsen zu lassen, dass der Zugang zum Wissen, zur Information optimal gestaltet wird und der Nutzer im Mittelpunkt steht."

Klaus Dieter Lehmann pries die Staatsbibliothek als "Ort der geistigen Stimulanz" und hatte zum Auftakt dieser Bibliotheksaktionswoche als Präsident des Goethe-Instituts auch noch eine gute Nachricht mitgebracht.

Lehmann: "Das Goethe-Institut hatte sich vor einigen Jahren im Zuge der Umstrukturierung und Modernisierung von dem Begriff und der Erscheinungsform Bibliothek getrennt. Seitdem gab es nur Info-Zentren. Sie können sich vorstellen, dass für mich eine Einrichtung der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik ohne Bibliothek nicht vorstellbar ist.

Nicht, weil ich selbst Bibliothekar bin, sondern weil ich diesen Fokus der geistigen Gemeinschaft als erfahrbaren Ort für unverzichtbar halte. Es ist auch eine emotionale Inszenierung des Geistes, die sich mit der Bibliothek verbindet. Diese Form, Goethe-Institute ohne Bibliotheken, ist nunmehr gestoppt. Und die Goethe-Institute in der Welt werden wieder Bibliotheken haben, der entsprechende Rundbrief des Präsidenten ist verschickt."