Orchesterfest im Konzerthaus Berlin

Strawinksy satt

Ein Mann mit streng zurückgekämmten Haaren sitzt am Klavier und blickt durch eine runde Brille nach links in die Kamera. Er trägt hellgraues Jackett mit weißem Einstecktuch und schwarze Cordhose.
Der russische Komponist Igor Strawinsky in seiner Pariser Wohnung: Später in den USA hat er hat auch Filmmusik komponiert. © picture alliance / akg
Moderation: Ruth Jarre · 19.03.2019
Igor Strawinskys Biografie ist bewegt: Er ging von Russland über Frankreich in die USA. Das spiegelt sich auch in seinem Schaffen wieder. Neben vielen bekannten Werken, gab es beim Festival in Berlin auch einiges zum Wiederentdecken.
"Absolut Strawinsky!" – so lautete das Motto des sechstätigen Orchesterfestes, das im Konzerthaus Berlin vom 8. bis 13. März 2019 stattfand. Deutschlandfunk Kultur war beim Abschlusskonzert dabei. Gefeiert wurde der geniale, provokative wie humorvolle Komponist Igor Strawinsky. Dabei wurden seine ständig wechselnden Stile erlebbar, die Bewunderer genossen und musikalische Kritiker verwirrten.

Musik-Kreateur des 20. Jahrhunderts

In diesem Konzert sindd einige seiner beliebtesten Werke zu hören, kombiniert mit einigen unbekannten Kompositionen aus seinem Oeuvre. Dirigent ist Iván Fischer, der den Komponisten für seinen musikalischen Mut schätzt: "Für mich verkörpert Strawinsky in seiner provozierenden, modernen Sprache den Charakter des 20. Jahrhunderts. Er hat neue Klänge, Rhythmen und Harmonien und vor allem einen sehr intellektuellen, geistreichen, humorvollen neuen Musikstil gefunden. In sämtlichen Bereichen schuf er geniale Werke, die bis heute modern geblieben und Lieblingswerke geworden sind."

Gescheiterte Filmprojekte

Die erste Hälfte des Konzerts bietet zwei Werke, die Stravinsky für die Filmindustrie komponierte. Die "Vier norwegischen Stimmungen" komponierte er 1944 für einen Hollywoodstreifen, der die Besetzung Norwegens durch die Nazis beschreibt. Der Komponist hat den Film nie gesehen. Stattdessen stützte er sich auf eine Sammlung von Volksliedern, die er in einem Antiquariat gefunden hatte. Doch der Filmproduzent lehnte ab und ein Kompromiss für beide Seiten konnte nicht gefunden werden. Deshalb schrieb Strawinsky das Stück als Orchestersuite um.
Und so war auch das "Scherzo à la russe" aus demselben Jahr als Filmmusik gedacht. Aber auch hier scheiterte die Zusammenarbeit und Strawinsky arbeitete das Stück um, erst für eine Jazzgruppe, dann für ein großes Orchester.

Leichtes Stück für großen Markt

Der "Tango" war eines der ersten Stücke, die Strawinsky nach seiner Ankunft in den USA komponierte. Es sollte relativ unkompliziert zu spielen sein und damit für ein breites Publikum interessant - Strawinsky musste seinen Start in den Staaten finanzieren. Das Stück war zuvor für Geige und Klavier gedacht. Später wurde dieser unregelmäßige argentinische Tango für Kammerorchester vom Komponisten selbst erweitert.
Der Komponist Igor Strawinsky
Der Komponist Igor Strawinsky bei einer Probe.© dpa / picture alliance
Gewichtiges bietet der zweite Teil des Abends. Die "Psalmensinfonie" für Chor und Orchester entstand 1930. Strawinsky wollte ein Werk schaffen, das "universell bewundert" würde. Er selbst hat mit diesem Werk belegt, dass er nach einer langen Zeit religiösen Zweifelns neues Vertrauen in den Glauben der russisch-orthodoxen Kirche gefasst hatte.

Ballett mit Skandalwirkung

Laut Iván Fischer hat "Le sacre du printemps" die Welt verändert. Seine Premiere 1913 war ein Skandal und endete in einer Schlägerei. Als ein Jahr später das Werk konzertant aufgeführt wurde, feierte das Publikum den Komponisten mit stehenden Ovationen. Ein Werk, das bis heute sein Publikum in Bann zieht.
(cdr)
Aufzeichnung des Konzertes vom 13. März 2019 im Konzerthaus Berlin
Igor Strawinsky
Vier norwegische Impressionen
Scherzo à la russe
Tango (Fassung für Orchester)
"Symphonie des psaumes" für gemischten Chor und Orchester
"Le sacre du printemps", Ballettmusik für Orchester
Mehr zum Thema