Orbán und die CSU

Schulterschluss mit dem Star der ganz Rechten

CSU-Parteichef Horst Seehofer (l-r), der Ministerpräsident von Ungarn, Viktor Orbán, und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt befinden sich am 05.01.2018 in Seeon (Bayern), im Kloster Seeon bei der Winterklausur der CSU-Landesgruppe.
CSU-Chef Horst Seehofer (l-r), Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt im Kloster Seeon. © picture-alliance / dpa / Andreas Gebert
Von Stephan Ozsváth · 05.01.2018
Der Ministerpräsident von Ungarn ist zu Gast bei der CSU-Winterklausur. Und Viktor Orbán einzuladen, heiße in der konservativen Zeichensprache, Angela Merkel den Mittelfinger zeigen, kommentiert Stephan Ozsváth. Seehofer und Dobrindt profilierten sich auf Kosten der Kanzlerin.
Die CSU bläst zur Revolution. Konservativ soll sie sein. Denn so das Mi-Mi-Mi von CSU-Landesgruppenchef Dobrindt: Der Geist des Prenzlauer Berg dominiere Deutschland, findet der einst blasse Verkehrsminister, die 68er sollen aus den Institutionen und den Köpfen gefegt werden. Wie er dazu kommt, bleibt sein Geheimnis: Seit zwölf Jahren regiert immerhin die Union. Und der europaweite Trend zeigt eher nach rechts als nach links. Law and Order, Härte gegenüber Fremden, Identitätsdiskurse – da will die CSU Rahm abschöpfen.

Schärfere Gangart gegenüber Flüchtlingen

Ein Kotau vor den AfD-Wählern, die die CSU wieder zum eigenen Stimmvolk machen will. Und gleichzeitig: Eine Kampfansage an die Kanzlerin, die strauchelt – je länger die Regierungsbildung in Berlin dauert. Von links drängeln die Sozialdemokraten mit der Bürgerversicherung. Von rechts die CSU mit schärferer Gangart gegenüber Flüchtlingen und dem Ruf nach einer "konservativen Wende".
Die CSU will wieder näher ans Volk, auch ans eigene Parteivolk, denn das ist laut Konrad-Adenauer-Stiftung mittlerweile konservativer als die Union. Eine CSU-Profilierung auf Kosten der Kanzlerin also vor allem.

Superstar der ganz Rechten in Europa

Der dient auch der Schulterschluss mit Viktor Orbán, Enfant Terrible der europäischen Linken und Liberalen – und Superstar der ganz Rechten. Viktor Orbán hat Dobrindts feuchte Träume schon Wirklichkeit werden lassen: Linke und Liberale spielen in Ungarn keine Rolle mehr. Ein Mann, eine Partei dominieren – in der Politik, in der Wirtschaft, in der Justiz und in den Medien.
Orbán einladen heißt in der konservativen Zeichensprache: Merkel den Mittelfinger zeigen. Denn er ist der Anti-Merkel.

Persil-Schein für den ungarischen Störenfried

Das ist eine Win-Win-Situation für die Bayern und den ungarischen Störenfried: Die CSU kann sich als Hardlinerin im bayerischen Landtagswahlkampf profilieren. Und Horst Seehofer bedankt sich artig mit einem Gastgeschenk: Er stellt seinem magyarischen Besucher einen europäischen Persil-Schein aus: Orbán stehe voll auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit, sagt der CSU-Politiker. Das wiederum nützt Orbán, denn auch in Ungarn wird im Frühjahr gewählt.
Die Kanzlerin hatte den ungarischen Premier im vergangenen Herbst noch daran erinnern müssen, dass die EU ein Raum des Rechts sei. Der will ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu den Flüchtlingsquoten nämlich einfach nicht umsetzen. Soviel zum Thema Respekt vor dem Recht.

EVP-Fraktionschef Weber stellt sich schützend vor Orbán

Das alles ficht die CSU nicht an. Im Europaparlament stellt sich die konservative EVP-Fraktion, namentlich ihr Vorsitzender Manfred Weber von der CSU, schützend vor Orbán. Ein Rechtsstaatsverfahren gegen Ungarn – wie jetzt gegen Polen – trug sie nicht mit. Und in Ungarn kann Orbán weiter mit antisemitischem Zungenschlag gegen den Multimilliardär Soros hetzen.
Die Union, allen voran die CSU, verkauft ihre vielbeschworenen Werte für zwölf Stimmen im Europaparlament – soviel bringen Orbáns Regierungsparteien in die EVP ein. Solange die Ungarn in Europa brav die konservativen Anliegen mit abnicken, darf Orbán zu Hause weiter seinen illiberalen Staat ausbauen und gleichzeitig am europäischen Ast sägen. Und die CSU sägt kräftig mit.

Hören Sie zum Besuch von Viktor Orbán auch das Gespräch mit unserer Korrespondentin Katharina Hamberger:
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