Keine EU-Sanktionen gegen Patriarch Kyrill

Orbán kann nur noch Blockade

09:41 Minuten
Porträt von Viktor Orban
Ungarns Regierungschef Viktor Orbán hat der EU erneut seinen Willen aufgezwungen. © picture alliance / ZUMAPRESS.com | Nicolas Landemard
Krisztian Ungvary im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 03.06.2022
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Viktor Orbán hat sich erneut durchgesetzt. Auf sein Drängen hin streicht die EU die geplanten Sanktionen gegen Russlands Patriarchen Kyrill. "Ein ganz schlimmer Vorgang", sagt der Historiker Krisztian Ungvary.
Gerade erst hat er Zugeständnisse bei der Umsetzung des Ölembargos erzwungen, da landet Ungarns RegierungschefViktor Orbán schon den nächsten Coup: Russlands Patriarch Kyrill, Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, wird aufgrund des ungarischen Widerstands von den EU-Sanktionen ausgenommen. Einer der wichtigsten Unterstützer von Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine ist damit bei den Strafmaßnahmen der Europäer nicht inbegriffen.

EU sollte mit Ausschluss Ungarns drohen

Dass die EU gegenüber Orbán erneut eingeknickt ist, hält der ungarische Historiker Krisztian Ungvary für "ganz schlimm". In einer Kriegssituation dürfe man einen Verräter nicht länger in den eigenen Reihen dulden, weshalb die Europäer:innen die Androhung eines EU-Ausschlusses in Erwägung ziehen sollten: "Diese Drohung ist eine sehr, sehr ernste Drohung für Leute, die noch real denken können. Das weiß auch Viktor Orbán. Ich glaub nicht, dass er das riskieren würde, weil dann auch er weg wäre von der politische Bühne."

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Nähe zwischen Kirche und Politik in Ungarn

In Ungarn existiere eine ähnliche ideologische Nähe zwischen Kirche und Politik wie in Russland, sagt der Historiker. Die katholische Kirchenführung in Ungarn bestehe fast komplett aus früheren inoffiziellen Mitarbeitern der Staatssicherheit und die agierten ähnlich wie Patriarch Kyrill in Russland: "Sie verhalten sich als Politoffiziere. Unlängst ist sogar eine heilige Messe für das Wohl von Viktor Orbán zelebriert worden."

Putins EU-Verachtung wird bestätigt

Als ideologischer Verbündeter von Russlands Präsident Putin tue Orbán zudem alles, was er könne, um Russland zu unterstützen. Die Blockade der Sanktionen gegen Kyrill spiele Russlands Präsidenten somit in die Hände: "Das Ziel von Putin ist immer zu zeigen, dass die Europäische Union eine impotente Bande ist und gerade durch solche Sanktionsumgehungen wird es ihm nachträglich auch wieder bewiesen."

Orbán kann sich als Glaubenskämpfer inszenieren

Gleichzeitig müsse Orbáns Handeln als politische Maßnahme und Signal an die eigene Wählerschaft verstanden werden, so Ungvary. "Viktor Orbán hat triumphiert. Er kann zu Hause in Ungarn zeigen, er ist ein Kämpfer der Glaubensfreiheit und der Meinungsfreiheit, wohingegen in der Europäischen Union Meinungsterror herrsche. Dass ist eigentlich das Schlimmste - dass er alles völlig umkehrt."
(ckü)
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