Opulenter Bilderrausch

Von Jörg Taszman · 04.12.2012
Es ist bereits das dritte Mal, dass die Schauspielerin Keira Knightley und der Regisseur Joe Wright zusammenarbeiten. Herausgekommen ist mit "Anna Karenina" eine überraschende Literaturverfilmung, die über das Gewohnte hinausgeht.
Das Leben ist eine große Bühne, auf der sich Anna Karenina als sinnliche, lebensfrohe Frau bewegt. Sie kostet das Leben aus und versucht, sich vom Korsett der gesellschaftlichen Konventionen zu befreien.

Von den ersten Filmbildern an verführen Regisseur Joe Wright und seine Muse Keira Knightley den Zuschauer mit einem opulenten Bilderrausch. Es ist bereits ihre dritte Zusammenarbeit. Warum dreht Joe Wright immer wieder mit der schönen Keira?

Joe Wright: "Ich habe mit Keira zusammengearbeitet, seitdem sie 18 ist. Sie hatte diese wunderbare, junge, feurige Energie in diesem Alter. Später dann beim zweiten Film "Abbitte" befand sie sich in diesem emotionalen Durcheinander, indem man sich im Alter von 21 so befindet. Seitdem hat sie einiges durchgemacht und so wurde sie eine sehr starke Frau, die nicht nur intelligent und furchtlos ist, sondern auch eine Nonkonformistin.""

Diesmal sprengen Joe Wright und Keira Knightley die Konventionen klassischer Literaturverfilmungen. So wurde "Anna Karenina" hauptsächlich im Studio auf einer riesigen Theaterbühne gedreht, die ebenso stilisierte wie naturalistische Dekors erlaubt.

Immer wieder öffnen sich Türen, verwandeln sich Bühnenbilder. Aus einer Tanzszene mit Hunderten von Statisten wird plötzlich eine intimere Einstellung, in der die verheiratete Anna elegant mit dem Frauenschwarm Wronski tanzt, der sie sofort euphorisiert.

Stilistisch erinnert diese Verfilmung dann manchmal an eine irre Mischung aus Baz Luhrmanns "Moulin Rouge" und der bildgewaltigen sowjetischen Verfilmung von "Krieg und Frieden" durch Sergej Bondartschuk von 1967. Vor allem mit Baz Luhrmann möchte Joe Wright jedoch mit seiner "Anna Karenina" nicht in Verbindung gebracht werden.

Joe Wright: "Nein, nicht wirklich. Powell und Pressburger haben mich beeinflusst oder Lars von Trier. Vielleicht auch noch der französische Film Thérese Raquin. Dieses Baz-Luhrmann-Ding spielte keine wirkliche Rolle. Ich bewundere seine Arbeit und seine Energie hat etwas Modernes, das viele Filmemacher als Antwort auf die MTV Ästhetik antreibt. Das finde ich auch gut. Aber in meinem Fall, war es dann doch eher jemand wie Fellini, der mich auch noch beeinflusst hat…"

Optisch überzeugte Joe Wright schon immer. Unvergessen sind sein 360-Grad-Schwenk über einen Strand voller Soldaten im Weltkriegsdrama "Abbitte" oder die Jagdszenen im endlosen, nordischen Eis in seinem eleganten Rachethriller "Wer ist Hanna".

Als Kind und junger Mann war der Filmemacher Legastheniker, der kaum Bücher las. Jetzt nutzt er jede Literaturverfilmung als Möglichkeit, etwas über Literatur zu lernen. Und doch sprechen ihn Bilder mehr an als Worte. Seine cineastischen Wurzeln verortet er eindeutig in Europa.