Oppermann: Die politische Mitte bleibt umkämpft
Die SPD hat der CDU den Kampf um die politische Mitte in der Gesellschaft angesagt. „Die Mitte bleibt umkämpft, und wir sind dabei“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann. Die CDU und ihre Vorsitzende Angela Merkel reklamierten politische Mitte in Deutschland für sich, ohne zu definieren, was die Mitte denn überhaupt ist. „Dann muss das ja sehr beliebig werden“, betonte Oppermann.
Kolkmann: In der Mitte wird es eng, denn da machen sich zwei breit, die früher links und rechts der Mitte standen: SPD und CDU. Da war die Mitte noch ein Punkt, eine Grenze. Jetzt ist sie das Spielfeld für die Große Koalition. Das allerdings reklamiert gerade die CDU für sich auf dem Bundesparteitag in Hannover und tut das auch mit ihrem neuen Grundsatzprogramm, das die Delegierten gestern Abend mit nur einer Gegenstimme verabschiedeten.
Auf dieses ganze mittendrin reagierte die SPD-Zentrale mit einem neuen Werbeplakat mit Deutschlandfahne und dem Slogan „die Mitte war schon immer rot“. Thomas Oppermann ist Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, jetzt am „Ortszeit“-Telefon. Schönen guten Morgen!
Oppermann: Guten Morgen Frau Kolkmann!
Kolkmann: Nun hat Angela Merkel gestern gesagt, die SPD sei nach links abgedriftet. Wo bitte ist die Mitte und wer steht denn da?
Oppermann: Die CDU und Frau Merkel reklamieren die Mitte, die politische Mitte in Deutschland für sich, ohne zu definieren, was denn die Mitte überhaupt ist. Dann muss das ja sehr beliebig werden. Für mich ist die Mitte der Ort, wo Menschen sind, die nicht von der Verwaltung ihres eigenen Vermögens leben können, wo die Menschen sind, die Kinder erziehen, die Alte pflegen, die jeden Tag zur Arbeit gehen, die Leistungsträger dieser Gesellschaft. Das sind die Zielgruppen, um die sich die SPD kümmert und auch in Zukunft kümmern wird. Nur mit diesen Menschen kann man in Deutschland Mehrheiten finden und deshalb werden wir uns auch nicht abdrängen lassen.
Kolkmann: Nun sprechen Sie über die gesellschaftliche Mitte. Das ist gut und schön. Wir sprachen aber eben eigentlich über die politische Mitte und die Frage ist, warum dieser Begriff eigentlich so heiß umstritten ist. Hat das was damit zu tun, dass Mitte, Mainstream auf gut Englisch gesagt, in Deutschland auch so etwas mit „richtig“ zu tun hat, am richtigen Platz sein?
Oppermann: Manchmal ist es in der Tat so, dass Mitte und Mainstream gerne auch mit einer klaren Position verwechselt wird. Wir wollen auf klare Positionen nicht verzichten. Wenn Sie sich an unseren Parteitag erinnern: Da haben wir wichtige Fragen wie die Bahnreform, die Sozialpolitik, die Arbeitsmarktpolitik, Mindestlöhne, aber auch das Thema Klimaschutz offen diskutiert und wir haben klare Positionen gefunden. Ich glaube, dass die Leute auch klar angesprochen werden wollen von den Parteien. Was da jetzt von der CDU gekommen ist, das war in der Tat sehr beliebig. Das ist verwechselbar. Die CDU weiß jetzt, was sie nicht will. Wir wissen, was wir wollen. Das ist gar keine so schlechte Ausgangsposition für die Fortsetzung der Großen Koalition.
Kolkmann: Trotzdem können Sie der CDU ja nicht vorwerfen, dass sie zum Beispiel in der Familienpolitik, in der Bildungspolitik oder Klimapolitik jetzt auch auf dem Parteitag nicht etwa klare Positionen vertreten hätte. Ganz im Gegenteil! Das Problem scheint mir doch ein anderes zu sein, dass all diese Punkte im Prinzip von allen Parteien in Deutschland unterschrieben werden müssten, also gar nicht mehr klassifiziert werden können nach links und rechts, grün und sonst wie.
Oppermann: Das ist zweifellos ein Fortschritt, dass in Deutschland der Anspruch auf einen Krippenplatz Konsens geworden ist. Das war ja vor 20 Jahren noch nicht so. Ich werte das als einen Erfolg sozialdemokratischer Politik. Wir haben mit unserer Familienpolitik von Renate Schmidt durchgesetzt, dass das heute auch das Denken konservativer Menschen prägt. Es ist ein modernes Denken!
Kolkmann: Das klingt so, als hätten Sie die CDU-Politiker alle geimpft?
Oppermann: Wir haben die nicht geimpft, aber es haben sich am Ende die besseren Argumente durchgesetzt. In einer modernen Gesellschaft, die auf der Basis der Gleichstellung von Mann und Frau beruht, die die demographischen Veränderungen und den Fachkräftemangel lösen will, brauchen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist ein Kernanliegen der Sozialdemokratie. Dass das jetzt auch die CDU aufgreift, das finde ich eher erfreulich, denn jetzt können wir wirklich durchgreifend Politik für Familien machen, auch für Kinder. Wir können in die frühkindliche Bildung einsteigen, denn der Kindergarten beziehungsweise der Krippenbesuch für Kinder bedeutet ja für viele Kinder, dass sie dort Anregungen bekommen, die sie zu Hause gar nicht kriegen können.
Kolkmann: Sagen Sie, glauben Sie wirklich, dass das dem Einfluss der SPD zu verdanken ist, oder ist das nicht eher auch der Druck der Wirklichkeit der Verhältnisse, also die normative Kraft des Faktischen, die da wirksam geworden ist? Ernstlich kann doch keine politische Partei an diesen Problemen vorbei?
Oppermann: In der Tat! Wir müssen selbstverständlich das erkennen, was die Zeit von uns verlangt, und die moderne Arbeitswelt verlangt hoch qualifizierte Frauen und Männer und sie verlangt, dass wir Bildungsangebote schon sehr frühzeitig machen. Wir können ja auf niemanden verzichten angesichts des großen Fachkräftemangels und der demographischen Veränderungen. Von daher ist das alles nicht nur eine Frage der Gleichstellung, eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, es ist auch eine Frage der ökonomischen Vernunft. Da muss auch eine konservative Familienpolitik ansetzen, die ja immer noch da ist. Das dürfen wir ja nicht vergessen. Die Union hat ja beschlossen, dass es ein Betreuungsgeld geben soll, dass es einen Anreiz geben soll für Familien, ihre Kinder zu Hause zu behalten und nicht in Betreuungseinrichtungen zu schicken.
Kolkmann: Die CDU nennt das anders und das kann man ja auch durchaus nachvollziehen, dass sie sagt, jeder soll das entscheiden können und damit man entscheiden kann, muss es eben auch beide Möglichkeiten geben.
Ich würde gerne noch auf etwas anderes kommen. Das, was Sie sagen, klingt ja deutlich konsensorientierter als das, was wahrscheinlich auch qua Job der Generalsekretär der SPD gestern gesagt hat. Hubertus Heil nannte die Rede der Kanzlerin substanzlos. Das klingt so ein bisschen nach Kindergarten-Pingpong. Ist das nun schon der Wahlkampf, der seine Schatten vorauswirft und den wir alle fürchten?
Oppermann: Der Kindergarten-Pingpong ist aber kein falscher Eindruck. Als Frau Merkel sagte, hier ist die Mitte, wo ich bin, ist die Mitte, da hat mich das auch ein bisschen erinnert an die Situation auf einem Kinderspielplatz, wo jemand im Sandkasten sitzt und sagt: dies ist die Mitte, dies ist mein Sandkasten, da dürfen die Sozialdemokraten nicht mitspielen. Wir werden uns da keine Vorschriften machen lassen und auch nicht auf Einladungen warten. Die Mitte bleibt umkämpft und wir sind dabei.
Kolkmann: Und der Wahlkampf hat noch nicht begonnen?
Oppermann: Der Wahlkampf hat noch lange nicht begonnen, denn wir haben eine Reihe von wichtigen Projekten, die wir jetzt gemeinsam in der Großen Koalition auf den Weg bringen müssen. Die Erbschaftssteuerreform steht an, die Pflegereform kommt jetzt in den Bundestag und der Umweltminister bereitet für die nächste Woche die größte und modernste Klimaschutzgesetzgebung auf dieser Welt vor. Wir kriegen ein ganzes Bündel von Gesetzen und Verordnungen, die Deutschland ganz klar ausweisen werden als die Nummer 1 im Klimaschutz weltweit. Das sind große Aufgaben, die wir jetzt erst mal bewältigen müssen.
Kolkmann: Vielen Dank! Das war Thomas Oppermann, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, über die politische Mitte und mit Anmerkungen zum CDU-Bundesparteitag in Hannover.
Auf dieses ganze mittendrin reagierte die SPD-Zentrale mit einem neuen Werbeplakat mit Deutschlandfahne und dem Slogan „die Mitte war schon immer rot“. Thomas Oppermann ist Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, jetzt am „Ortszeit“-Telefon. Schönen guten Morgen!
Oppermann: Guten Morgen Frau Kolkmann!
Kolkmann: Nun hat Angela Merkel gestern gesagt, die SPD sei nach links abgedriftet. Wo bitte ist die Mitte und wer steht denn da?
Oppermann: Die CDU und Frau Merkel reklamieren die Mitte, die politische Mitte in Deutschland für sich, ohne zu definieren, was denn die Mitte überhaupt ist. Dann muss das ja sehr beliebig werden. Für mich ist die Mitte der Ort, wo Menschen sind, die nicht von der Verwaltung ihres eigenen Vermögens leben können, wo die Menschen sind, die Kinder erziehen, die Alte pflegen, die jeden Tag zur Arbeit gehen, die Leistungsträger dieser Gesellschaft. Das sind die Zielgruppen, um die sich die SPD kümmert und auch in Zukunft kümmern wird. Nur mit diesen Menschen kann man in Deutschland Mehrheiten finden und deshalb werden wir uns auch nicht abdrängen lassen.
Kolkmann: Nun sprechen Sie über die gesellschaftliche Mitte. Das ist gut und schön. Wir sprachen aber eben eigentlich über die politische Mitte und die Frage ist, warum dieser Begriff eigentlich so heiß umstritten ist. Hat das was damit zu tun, dass Mitte, Mainstream auf gut Englisch gesagt, in Deutschland auch so etwas mit „richtig“ zu tun hat, am richtigen Platz sein?
Oppermann: Manchmal ist es in der Tat so, dass Mitte und Mainstream gerne auch mit einer klaren Position verwechselt wird. Wir wollen auf klare Positionen nicht verzichten. Wenn Sie sich an unseren Parteitag erinnern: Da haben wir wichtige Fragen wie die Bahnreform, die Sozialpolitik, die Arbeitsmarktpolitik, Mindestlöhne, aber auch das Thema Klimaschutz offen diskutiert und wir haben klare Positionen gefunden. Ich glaube, dass die Leute auch klar angesprochen werden wollen von den Parteien. Was da jetzt von der CDU gekommen ist, das war in der Tat sehr beliebig. Das ist verwechselbar. Die CDU weiß jetzt, was sie nicht will. Wir wissen, was wir wollen. Das ist gar keine so schlechte Ausgangsposition für die Fortsetzung der Großen Koalition.
Kolkmann: Trotzdem können Sie der CDU ja nicht vorwerfen, dass sie zum Beispiel in der Familienpolitik, in der Bildungspolitik oder Klimapolitik jetzt auch auf dem Parteitag nicht etwa klare Positionen vertreten hätte. Ganz im Gegenteil! Das Problem scheint mir doch ein anderes zu sein, dass all diese Punkte im Prinzip von allen Parteien in Deutschland unterschrieben werden müssten, also gar nicht mehr klassifiziert werden können nach links und rechts, grün und sonst wie.
Oppermann: Das ist zweifellos ein Fortschritt, dass in Deutschland der Anspruch auf einen Krippenplatz Konsens geworden ist. Das war ja vor 20 Jahren noch nicht so. Ich werte das als einen Erfolg sozialdemokratischer Politik. Wir haben mit unserer Familienpolitik von Renate Schmidt durchgesetzt, dass das heute auch das Denken konservativer Menschen prägt. Es ist ein modernes Denken!
Kolkmann: Das klingt so, als hätten Sie die CDU-Politiker alle geimpft?
Oppermann: Wir haben die nicht geimpft, aber es haben sich am Ende die besseren Argumente durchgesetzt. In einer modernen Gesellschaft, die auf der Basis der Gleichstellung von Mann und Frau beruht, die die demographischen Veränderungen und den Fachkräftemangel lösen will, brauchen wir die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das ist ein Kernanliegen der Sozialdemokratie. Dass das jetzt auch die CDU aufgreift, das finde ich eher erfreulich, denn jetzt können wir wirklich durchgreifend Politik für Familien machen, auch für Kinder. Wir können in die frühkindliche Bildung einsteigen, denn der Kindergarten beziehungsweise der Krippenbesuch für Kinder bedeutet ja für viele Kinder, dass sie dort Anregungen bekommen, die sie zu Hause gar nicht kriegen können.
Kolkmann: Sagen Sie, glauben Sie wirklich, dass das dem Einfluss der SPD zu verdanken ist, oder ist das nicht eher auch der Druck der Wirklichkeit der Verhältnisse, also die normative Kraft des Faktischen, die da wirksam geworden ist? Ernstlich kann doch keine politische Partei an diesen Problemen vorbei?
Oppermann: In der Tat! Wir müssen selbstverständlich das erkennen, was die Zeit von uns verlangt, und die moderne Arbeitswelt verlangt hoch qualifizierte Frauen und Männer und sie verlangt, dass wir Bildungsangebote schon sehr frühzeitig machen. Wir können ja auf niemanden verzichten angesichts des großen Fachkräftemangels und der demographischen Veränderungen. Von daher ist das alles nicht nur eine Frage der Gleichstellung, eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, es ist auch eine Frage der ökonomischen Vernunft. Da muss auch eine konservative Familienpolitik ansetzen, die ja immer noch da ist. Das dürfen wir ja nicht vergessen. Die Union hat ja beschlossen, dass es ein Betreuungsgeld geben soll, dass es einen Anreiz geben soll für Familien, ihre Kinder zu Hause zu behalten und nicht in Betreuungseinrichtungen zu schicken.
Kolkmann: Die CDU nennt das anders und das kann man ja auch durchaus nachvollziehen, dass sie sagt, jeder soll das entscheiden können und damit man entscheiden kann, muss es eben auch beide Möglichkeiten geben.
Ich würde gerne noch auf etwas anderes kommen. Das, was Sie sagen, klingt ja deutlich konsensorientierter als das, was wahrscheinlich auch qua Job der Generalsekretär der SPD gestern gesagt hat. Hubertus Heil nannte die Rede der Kanzlerin substanzlos. Das klingt so ein bisschen nach Kindergarten-Pingpong. Ist das nun schon der Wahlkampf, der seine Schatten vorauswirft und den wir alle fürchten?
Oppermann: Der Kindergarten-Pingpong ist aber kein falscher Eindruck. Als Frau Merkel sagte, hier ist die Mitte, wo ich bin, ist die Mitte, da hat mich das auch ein bisschen erinnert an die Situation auf einem Kinderspielplatz, wo jemand im Sandkasten sitzt und sagt: dies ist die Mitte, dies ist mein Sandkasten, da dürfen die Sozialdemokraten nicht mitspielen. Wir werden uns da keine Vorschriften machen lassen und auch nicht auf Einladungen warten. Die Mitte bleibt umkämpft und wir sind dabei.
Kolkmann: Und der Wahlkampf hat noch nicht begonnen?
Oppermann: Der Wahlkampf hat noch lange nicht begonnen, denn wir haben eine Reihe von wichtigen Projekten, die wir jetzt gemeinsam in der Großen Koalition auf den Weg bringen müssen. Die Erbschaftssteuerreform steht an, die Pflegereform kommt jetzt in den Bundestag und der Umweltminister bereitet für die nächste Woche die größte und modernste Klimaschutzgesetzgebung auf dieser Welt vor. Wir kriegen ein ganzes Bündel von Gesetzen und Verordnungen, die Deutschland ganz klar ausweisen werden als die Nummer 1 im Klimaschutz weltweit. Das sind große Aufgaben, die wir jetzt erst mal bewältigen müssen.
Kolkmann: Vielen Dank! Das war Thomas Oppermann, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, über die politische Mitte und mit Anmerkungen zum CDU-Bundesparteitag in Hannover.