Oper in deutschen Ländern

Rund 400 Jahre alt ist sie und hundertmal totgesagt: die Oper. Obwohl im Radio das visuelle Element fehlt, haben wir sie immer wieder ins Programm genommen, denn wir glauben daran: die Oper ist radiotauglich! Im vorigen Jahr starteten wir die Serie "Oper in deutschen Ländern" – von großen und kleinen Bühnen bringen wir Raritäten, Wiederentdeckungen, Erstaufführungen und natürlich die "große" Oper.
Wir wollen damit auch ein Bild von der Vielfältigkeit der deutschen Opernszene vermitteln und beweisen, dass vor allem auch die kleineren Häuser erstaunliches Potential haben. Unterstützt werden wir bei diesem Mammutvorhaben von den Kollegen der ARD.

Sechsundzwanzigstes Projekt dieser Reihe ist die Oper "Falstaff" von Giuseppe Verdi aus dem Hessischen Staatstheater Wiesbaden.

Sir John Falstaff ist in Geldnöten und sucht bei den reich verheirateten Damen Alice und Meg eine lukrative Liaison. Doch dummerweise kennen die beiden sich gut und zeigen einander die Liebesbriefe des Schürzenjägers. Sie beschließen, ihm eine Lektion zu erteilen. Das arrangierte Schein-Rendezvous mit Falstaff eskaliert, da Alices eifersüchtiger Ehemann Wind von der angeblichen Liaison bekommen hat. Nur mit knapper Not entrinnt Falstaff der brenzligen Situation. In seinem unverwüstlichen Selbstvertrauen lässt er sich jedoch erneut auf ein Stelldichein mit den reichen Gattinnen ein. Beim nächtlichen Verwirrspiel, an dem sich auch die eingeweihten Männer beteiligen, kommt es zu Missverständnissen – und es ist nun nicht mehr nur Falstaff, der genarrt wird.

Mit "Falstaff" beendet ein Komponist, dessen Name für die dramatischsten Tragödien der Opernwelt steht, sein Lebenswerk überraschenderweise mit einer Komödie. Verdi greift auch diesmal auf eine Vorlage Shakespeares zurück, der den durchtriebenen Ritter sogar in zwei seiner Dramen verewigt hat: in "Die Lustigen Weiber von Windsor" und "Heinrich IV."
Eine beschwingte Sprachmelodik verdrängt die große dramatische Gesangslinie und zeichnet fein differenzierte Bühnencharaktere. Mit besonderer Liebe gestaltet der Komponist seine nur vordergründig lächerliche Hauptfigur: "Die ganze Welt ist Komödie" lautet das weise Schlusswort, mit dem sich nicht nur Falstaff, sondern auch der achtzigjährige Verdi augenzwinkernd von der Opernbühne verabschiedet.

Der Wiesbadener Kurier schreibt am 26.01.2010 über die Premiere:
"Es handelt sich beim Falstaff, der in Wiesbaden über die Bretter stapft, um ein übergroßes Prachtexemplar seiner Zunft. Die Verführung kommt aus dem Timbre und aus der Kraft der eleganten Kantilenen, des bulgarischen Bassbaritons Kiril Manolov. (Christian Spucks) wirklich große, große Qualität ist die Personenführung ganz aus dem Geist der Musik heraus. Mit choreografischer Präzision wird Verdis Witz zu einem quicklebendigen Spiel singend beschwingter Körper im Raum – Generalmusikdirektor Marc Piollet bewahrt an der Spitze eines für die schwere Aufgabe bestens präparierten Staatsorchesters auch im turbulentesten Treiben der bis zur Schlussfuge hochkomplexen Partitur den Überblick. Fürs Gelingen der Premiere, die das Publikum enthusiastisch feierte, ist freilich auch der vitale Ensemble-Geist verantwortlich. Alle bewegen sich in einer höchst reizvollen, einheitlichen Ästhetik, (…) spektakulär gut umgesetzt."
www.staatstheater-wiesbaden.de



Oper in deutschen Ländern
Hessisches Staatstheater Wiesbaden
Aufzeichnung der Premiere vom 24.1.2010

Giuseppe Verdi
"Falstaff", Komische Oper in drei Akten
Libretto von Arrigo Boito nach William Shakespeare


Kyrill Manolov, Bariton - Falstaff
Thomas de Vries, Bariton - Ford
Philippe Rojas Velozo, Tenor - Fenton
Christopher Busietta, Tenor - Dr. Cajus
Erik Biegel, Tenor - Bardolph
Bernd Hofmann, Bass - Pistol
Sharon Kempton, Sopran - Alice Ford
Emma Pearson, Sorpan - Nannetta
Diane Pilcher, Alt - Mrs. Quickley
Ute Döring, Alt - Mrs. Meg Page
Chor und Orchester des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden
Leitung: Marc Piollet


nach dem 2. Akt ca. 20:30 Uhr Pause mit Nachrichten