Oper in deutschen Ländern

Rund 400 Jahre alt ist sie und hundertmal totgesagt: die Oper. Obwohl im Radio das visuelle Element fehlt, haben wir sie immer wieder ins Programm genommen, denn wir glauben daran: die Oper ist radiotauglich! In diesem Jahr starteten wir die Serie "Oper in deutschen Ländern" – in 25 Projekten von großen und kleinen Bühnen bringen wir Raritäten, Wiederentdeckungen, Erstaufführungen und natürlich die "große" Oper. Wir wollen damit auch ein Bild von der Vielfältigkeit der deutschen Opernszene vermitteln und beweisen, dass vor allem auch die kleineren Häuser erstaunliches Potential haben. Unterstützt werden wir bei diesem Mammutvorhaben von den Kollegen der ARD.
Achtzehntes Projekt dieser Reihe ist die Oper "Der Untergang des Hauses Usher" von Philip Glass aus dem Schlosstheater des Neues Palais in Potsdam.
1839 erschien erstmalig die berühmte Geschichte "The Fall of the Houese of Usher" von Edgar Allen Poe (1809-1849) in "Burton’s Gentleman’s Magazine" in New York. Als Erfinder der modernen Kriminalliteratur gehört Poe mit seinen phantastischen Schauergeschichten zu den Vorreitern der Psychoanalyse. In der amerikanischen Literatur gilt er eher als Außenseiter. In Europa, bekannt gemacht durch seinen Bewunderer Charles Baudelaire, fanden seine Werke bald vor allem im deutschen Sprachraum eine begeisterte Leserschaft. Poes Dichtungen überschreiten oftmals die Grenzen zwischen Dies- und Jenseits, was ihre besondere Faszination ausmacht.

Von Wahnsinn beherrscht, hat der kranke Roderick Usher seinen Jugendfreund William herbeigerufen. Ist es Traum oder Wirklichkeit, was William während seines Aufenthaltes im Hause Usher erlebt: Rodericks inzestuöse Liebe zu seiner todkranken Zwillingsschwester Madeline, deren Stimme Tag und Nacht im Haus zu hören ist, auch dann noch, nachdem sie im unterirdischen Verließ des Hauses begraben wurde.

Der Amerikaner Philip Glass (geb. 1937) gehört zu den populärsten zeitgenössischen Komponisten. Man bringt seinen Namen stets mit der Kunstrichtung der Minimal Music in Verbindung, einem Begriff, der zuerst durch den Amerikaner Tom Johnson (z.B. Die Viertonoper) und den Britten Michael Nyman (z.B. Das Piano) geprägt wurde. Glass selbst würde nur seine zwischen 1965 und 1975 entstandene Musik dieser Richtung zuordnen und beschreibt seine Werke lieber als "Musik mit wiederkehrenden Strukturen". Sein Musikstil ist entscheidend durch die indische Musik und seinen Mentor Alla Rakha geprägt. "Durch diese Musik habe ich meine Sensibilität für den Rhythmus entwickelt." Weltweit bekannt wurde Glass 1976 mit der Oper "Einstein on the beach", der zahlreiche gemeinsame Projekte mit Robert Wilson folgten. In den 1980er Jahren kam es zur Zusammenarbeit mit Achim Freyer in Stuttgart mit einer Glass-Trilogie, darunter der Uraufführung von "Akhnaten" (Echnaton). Inzwischen hat Philip Glass mehr als 20 Opern komponiert. Seine jüngste Uraufführung ist die Oper "Kepler" als Auftragswerk für die Kulturhauptstadt Linz im September 2009. Einem breiten Publikum ist er durch die Komposition von Filmmusik bekannt geworden (Koyaanisqatsi, Dracula, The Hours u.v.a.)

Glass' Musik zur Story von Edgar Allan Poe zeichnet sich durch die für ihn typischen, sich ständig wiederholenden eingängigen Tonfolgen aus, die sich mit Penetranz behaupten und zugleich allmählich verändern und den Hörer wie durch einen Sog in das unheimliche Geschehen im Hause Usher hineinziehen. Atonalität gehört nicht zu den Kennzeichen seiner Musik. Für Tenor, Bariton und Sopran hat Glass die drei Hauptpartien notiert. Er verwendet neben Gitarre, speziellem Schlagwerk und Synthesizer konventionelles Instrumentarium eines Kammerorchesters.
www.kammerakademie-potsdam.de



Oper in deutschen Ländern
Live aus dem Schlosstheater im Neuen Palais Potsdam

Philip Glass
"The Fall of the House of Usher" (Der Untergang des Hauses Usher)
Oper in zwei Akten
Libretto von Arthur Yorinks nach Edgar Allen Poe


Matteo de Monti - William
Meik Schwalm - Roderick Usher
Esther Lee - Madeline
Michael Rapke - Servant
Liang Hua Gong - Physician
Freyer Ensemble
Kammerakademie Potsdam
Leitung: Michael Sanderling

nach Konzertende ca. 21:30 Uhr Nachrichten