Oper in deutschen Ländern

Rund 400 Jahre alt ist sie und hundertmal totgesagt: die Oper. Obwohl im Radio das visuelle Element fehlt, haben wir sie immer wieder ins Programm genommen, denn wir glauben daran: die Oper ist radiotauglich! In diesem Jahr starten wir die Serie „Oper in deutschen Ländern“ – in 25 Projekten von großen und kleinen Bühnen bringen wir Raritäten, Wiederentdeckungen, Erstaufführungen und natürlich die „große“ Oper. Wir wollen damit auch ein Bild von der Vielfältigkeit der deutschen Opernszene vermitteln und beweisen, dass vor allem auch die kleineren Häuser erstaunliches Potential haben. Unterstützt werden wir bei diesem Mammutvorhaben von den Kollegen der ARD.
Dreizehntes Projekt dieser Reihe ist die Oper „Aus einem Totenhaus“ von Leoš Janáček aus der Deutschen Oper am Rhein, Düsseldorf:

„Aus einem Totenhaus“ ist das letzte und das außergewöhnlichste Bühnenwerk von Leoš Janáček, an dem er zwei Jahre vor seinem Tod wie an einer Lebensbeichte gearbeitet hat. Zeit seines Lebens hat sich der Komponist für die schmerzlichen Seiten der menschlichen Existenz interessiert, auch dann, wenn seine Opernstoffe ein heiteres oder komödiantisches Sujet bedienten. Er beschreibt das Leiden der Menschen als schmerzliche Erfahrung, aber auch als eine Kraft, die ihnen Schönheit und Würde verleiht, selbst dann, wenn sie zu einem würdelosen Leben verdammt sind.

„Aus einem Totenhaus“ entstand nach einem Roman von Fjodor M. Dostojewski, in dem der russische Schriftsteller seine Erlebnisse als Gefangener im sibirischen Straflager Omsk verarbeitet hatte. Wie in einer einfühlsamen Reportage wird darin über Menschen erzählt, die aus den verschiedensten sozialen Schichten stammen, unterschiedliche Schicksale haben und plötzlich das gleiche karge Brot miteinander teilen müssen: Luka, der Landstreicher, der in einem Gefängnis einen Aufstand organisiert und einen Offizier ermordet hat, Skuratow, der Schuster aus Moskau, der aus Liebe zu einem deutschen Mädchen zum Mörder wurde, Gorianchikow, der Aristokrat aus Petersburg, der als „Politischer“ eingeliefert wird, und der schöne Alej, ein junger Tatar, der hier im Lager erst Lesen und schreiben lernt. Jeder einzelne von ihnen hat seine eigene dramatische Geschichte. Janáček verschränkt sie miteinander, indem er Erzählungen der Häftlinge mit dem unmittelbar Erlebten überkreuzt oder daraus Parallelen bildet. Am Ende wird ein Adler freigelassen, den die Häftlinge gefangen und gequält hatten. Und auch der schwer drangsalierte Gorianchikow kommt frei. Beides ist ein Zeichen der Hoffnung, worin sich das Episodenhafte der Handlung zu einer Botschaft rundet.

Mit Leoš Janáčeks Oper „Aus einem Totenhaus“ komplettiert die Deutsche Oper am Rhein den bereits vor 13 Jahren angelegten Zyklus mit fünf Werken des tschechischen Komponisten. Der Norweger Stein Winge, der schon „Katja Kabanowa“ (1996), „Jenufa“ (1998), „Die Sache Makropulos“ (2000) und „Das schlaue Füchslein“ (2001) inszeniert hat und zu den stilprägenden Regisseuren der Ära Tobias Richter gehört, führt auch diesmal Regie. Zum ersten Mal arbeitet er mit Herbert Murauer zusammen. Dessen Bühnenbilder und Kostüme kennt das Publikum der Rheinoper besonders gut aus Regiearbeiten von Christoph Loy.
Die musikalische Leitung übernimmt Chefdirigent John Fiore, der im Sommer die Stelle des Musikdirektors an der DNO&B (Den Norske Opera and Ballett) in Oslo antritt. Am Pult der Düsseldorfer Symphoniker steht er auch vom 2. bis 6. Juni, wenn alle fünf Stücke von Leoš Janáček noch einmal in zyklischer Geschlossenheit gezeigt werden.
www.deutsche-oper-am-rhein.de


Oper in deutschen Ländern
Deutsche Oper am Rhein, Düsseldorf
Aufzeichnung der Premiere am 8.5.2009

Leoš Janáček
„Aus einem Totenhaus“
Gorjantschikow – Ludwig Grabmeier
Alej – Michael Pflumm
Morosow – Alfons Eberz
Der große Sträfling – Andrej Lantzov
Der kleine Sträfling – Andrzej Saciuk
Der Platzkommandant/2. Wache – Peter N. Kante
Der ganz alte Sträfling – Wilhelm Richter
Skuratow – Jan Vacik
Tschekunow – John In Eichen
Der betrunkene Sträfling – Lois Fernando Piedra
Der Koch – Joseph Szalay
Der Schmied – Jwa-Kyeom Kim
Der Pope – Manfred Klee
Der junge Sträfling – Leandros Taliotis
Dirne – Nassrin Azarmi
Ein Sträfling als Don Juan – Rolf Broman
Kedril – Martin Koch
Schapkin – Bruce Rankin
Schischkow – Oleg Bryjak
Tscherewin/1. Wache – Markus Müller
Opernchor
Düsseldorfer Symphoniker
Leitung: John Fiore