Oper in deutschen Ländern

07.03.2009
Rund 400 Jahre alt ist sie und hundertmal totgesagt: die Oper. Obwohl im Radio das visuelle Element fehlt, haben wir sie immer wieder ins Programm genommen, denn wir glauben daran: die Oper ist radiotauglich! In diesem Jahr starten wir die Serie "Oper in deutschen Ländern" – in 25 Projekten von großen und kleinen Bühnen bringen wir Raritäten, Wiederentdeckungen, Erstaufführungen und natürlich die "große" Oper. Wir wollen damit auch ein Bild von der Vielfältigkeit der deutschen Opernszene vermitteln und beweisen, dass vor allem auch die kleineren Häuser erstaunliches Potential haben. Unterstützt werden wir bei diesem Mammutvorhaben von den Kollegen der ARD.
Viertes Projekt dieser Reihe ist die Oper "Scharlatan" von Pavel Haas in Deutscher Erstaufführung aus dem Theater der Stadt Gera:

Eisenbart ist ein fahrender Quacksalber. Zusammen mit seiner zickigen Ehefrau Rosina und einer Gruppe von Gauklern zieht er über die Lande. Eines Tages kuriert Eisenbart eine Professorengattin mit einem bewährten Heilmittel. Sie verlässt daraufhin ihren langweiligen Ehemann und schließt sich der fahrenden Truppe an. Die zweite Frau verursacht erhebliches Aufsehen... Mittlerweile hat Eisenbart sich den Ruf eines Wunderheilers erarbeitet, selbst der König nennt ihn den größten Mann seiner Zeit. Doch Eisenbart weiß um die Endlichkeit des Erfolges. Als ein kranker Mönch unter seinem Skalpell stirbt und die Leute ihn des Mordes verdächtigen, gibt er sich auf und stirbt als verkanntes Genie inmitten seiner Gaukler.

Pavel Haas wurde am 21. Juni 1899 als Kind einer tschechisch-jüdischen Kaufmannsfamilie in der mährischen Metropole Brünn geboren. 1919 nahm er ein Musikstudium am Brünner Konservatorium auf, wo er unter anderem von Leoš Janáček unterrichtet wurde. Der Einfluss des Lehrers ist unüberhörbar, genauso wie die Einflüsse von den neoklassizistischen Techniken Strawinskys, des Jazz oder der tschechischen Volks- und jüdischen Synagogalmusik. Neben zahlreichen Kammermusikwerken hatte Haas bereits eine Vielzahl von Film- und Bühnenmusiken geschaffen, als er zwischen 1934 und 1937 seine Oper "Scharlatan" komponierte. 1937 wurde die Geschichte des "tschechischen Doktor Eisenbart" mit großem Erfolg in Brünn uraufgeführt, musste allerdings nach dem Münchner Abkommen 1938 vom Spielplan genommen werden. Die Instrumentierung für eine 1940 begonnene Sinfonie konnte Haas wegen der Deportation nach Theresienstadt nicht mehr beenden. In Theresienstadt komponierte Haas bis Oktober 1944 mindestens acht weitere Werke. Gemeinsam mit den Komponisten Hans Krása und Viktor Ullmann wurde Pavel Haas am 16. Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert und dort in den Gaskammern umgebracht.

Seine Oper "Scharlatan" wurde erstmals wieder im Jahr 1999 beim Opernfestival im irischen Wexford aufgeführt. Theater&Philharmonie Thüringen präsentiert jetzt die Deutsche Erstaufführung des Werkes. Am 6. März ist Premiere.
www.tpthueringen.de



Theater der Stadt Gera
Aufzeichnung vom 6.3.2009

Pavel Haas
"Scharlatan", Deutsche Erstaufführung

Andreas Scheibner - Eisenbart
Franziska Rauch - Rosina
Katrin Strocka - Amaranta
Kai Wefer - Joachimus
Peter-Paul Haller - Bakkalaureus/Deserteur
Günter Markwarth - Sauermilch
Johannes Weinhuber - Spinnweb
Serge Novique - Rollmops/ König/ Student
Bernhard Hänsch - Schlangenbeschwörer
David Ameln - Student/Anderer Mann/Apotheker
Winfried Roscher - Seiltänzer
Roman Koshmanov - Theriakverkäufer
Andreas Veit - Stadtphysikus
Konrad Zorn - Wirt
Opernchor und Philharmonisches Orchester Gera
Leitung: Jens Troester

nach dem 1. Akt ca. 20:40 Uhr Konzertpause mit Nachrichten